Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz
konnte. Denn er sagte: ›Jene, die den Phönix herausfordern, werden durch die Macht des Phönix Sterbens und dann starb er, und sein Fleisch verfaulte auf der Stelle.«
»Igitt«, sagte Lleld und verzog das Gesicht. »Das ist gruselig.«
Ihr Seelengefährte lächelte boshaft. »So habe ich es gehört. Am besten wirkt diese Geschichte allerdings mitten in der Nacht an einem Lagerfeuer. Dann kann man sich alle möglichen schrecklichen Dinge vorstellen.« Er tastete mit einer Hand über den Tisch und ahmte die Bewegungen einer riesigen Spinne nach, zuckte mit den Fingern hierhin und dahin, als ob er etwas suchte. »Ungeheuer und Gespenster kriechen dann aus dem Dunkel auf einen zu.«
Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann sagte Lleld »Bah« und schob ihren Teller weg. »Ich habe keinen Hunger mehr.«
Linden stimmte ihr aus ganzem Herzen zu.
Vier der Echtdrachen standen zusammen auf einer Seite des Feldes; sie waren die Ehrengarde, sie waren Verwandte des fünften und größten Echtdrachen, der sowohl von seiner Art als auch von den Drachenlords geehrt und geachtet wurde. Morien der Seher schwang seinen langen Hals herum, als die Drachenlords und Taren sich näherten. *Guten Tag, Vettern *, sagte Morien, *und guten Tag auch dir, Echtmensch Taren O1-meins; wir danken dir für die Opfer, die du gebracht hast, um uns diese Botschaft zu übermitteln.*
Tarens Gesicht wurde beunruhigend grau. Sei sanft zu ihm, Morien, bat die Herrin den Seher insgeheim. Wie die meisten Echtmenschen hat er schreckliche Angst vor Drachen, und er ist außerdem krank gewesen. Laut sagte sie: »Taren, berichtet Morien alles, was Ihr zuvor schon der Saethe erzählt habt.«
Abermals sagte Taren Olmeins, was er zu sagen hatte. Aber diesmal tat er es schneller, berichtete nur die nackten Tatsachen. Hin und wieder fügte die Herrin in Gedanken eine Ergänzung für Morien hinzu.
Als der Mann fertig war, dachte Morien eine Weile nach und fragte dann: *Hast du irgendeine Idee, wer es sein könnte, Jessia?*
Taren schaute zwischen ihnen hin und her.
Die Herrin erwiderte: »Kelder und ich haben gestern abend darüber gesprochen. Taren sagt, der gefangene Drache sei ein Drachenlord, aber das ist nicht bewiesen. Wir wissen alle, alter Freund, wie rasch falsche Gerüchte entstehen. Es könnte ebensogut ein Echtdrache sein. Von eurer Art sind mehr verschwunden als von der meinen. Daher habe ich euch hierher gebeten.«
*Dennoch, es könnte auch der Wahrheit entsprechen. Außer den vielen Echtdrachen, die verschwunden sind, gibt es auch einige wenige Drachenlords, die nie wieder auftauchten – Drachenlords, von denen niemand weiß, was mit ihnen geschah. Es könnte einer von ihnen sein. Aber ich bin derselben Meinung wie du – wahrscheinlich handelt es sich um einen von meiner Art.*
»Ich sage Euch, wer immer unter dem Eisentempel gefangengehalten wird, ist ein Drachenlord!« unterbrach Taren. Dann hob er bestürzt die Hand zum Mund, als wolle er sich für seine Unhöflichkeit schlagen. Eine leichte Röte kroch ihm in die Wangen.
Die Herrin nickte und nahm die wortlose Entschuldigung entgegen. »Das ist möglich. Und es gibt einen, von dem wir das für wahrscheinlicher halten als von allen anderen, denn er interessierte sich sehr für die Erforschung unbekannter Orte, bevor …«
*Bevor seine Seelengefährtin Carra starb, Schau nicht so überrascht drein, Jessia; du hast doch an Dharm Varleran gedacht, nicht wahr? Ich erinnere mich daran, wie er nach ihrem Tod die nördliche Wildnis durchstreifte. Ich habe damals mit ihm gesprochen; Dharm sprach davon, sein Leben aufzugeben, so daß Varleran ihn ganz übernehmen könne, dann wäre er frei, um Carra auf die andere Seite zu folgen. Es würde auch eine Vision erklären, die ich vor langer Zeit hatte; ich konnte sie damals nicht verstehen, denn sie war wirr und schwach, aber nun … *
»Sollte es sich um Dharm handeln, dann ist es eine Angelegenheit der Drachenlords.«
*Nein, Jessia, selbst wenn es sich um jenen handelt, den wir einmal als Dharm Varleran kannten, dann ist Dharm bereits zur anderen Seite gegangen. Das bedeutet, es handelt sich um Varleran, der dort gefangen sitzt – und dann ist es eine Angelegenheit der Echtdrachen. Und selbst wenn er es nicht sein sollte, dann gibt es andere Echtdrachen. Wie du schon sagtest, einige von uns sind verschwunden. Ganz gleich, ich denke, wir sollten diese Bürde für uns beanspruchen. Ich werde mit unserem Rat darüber sprechen, und wir werden
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