Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz
*Also gut, kleine Verwandte. Vielleicht wäre es besser, wenn du dich hinsetzt; es ist das beste, wenn du dich entspannst.*
Maurynna bezweifelte, daß sie sich entspannen könnte, wenn jemand, der sie nicht kannte, in ihren Geist eindrang, aber sie wollte es versuchen. Sie setzte sich im Schneidersitz in das hohe Gras, und als sie ein Grunzen hinter sich hörte, drehte sie sich um und sah, wie Boreal sich neben ihr niederließ. »Danke, Boreal«, sagte sie, lehnte sich gegen den Hengst und schloß die Augen.
Morlens Berührung war sanft wie die Schnurrhaare von Kätzchen, die ihren Geist kitzelten. Maurynna hätte beinahe gelacht. Aber im nächsten Augenblick zuckte ein furchtbarer Schmerz durch Geist und Körper.
Kyrissaean schrie zornig auf, wehrte sich gegen Morien, gegen die anderen Echtdrachen, gegen Maurynna. Der Atem erstarrte in Maurynnas Lungen; sie sackte zur Seite, schlug um sich, rang nach Luft. Aber der Schmerz wurde nur größer und das Atmen unmöglich. Die Welt wurde grau.
Linden klopfte an die Tür zu Otters Gemächern. Die Stimmen drinnen unterbrachen ihr Gespräch. Dann kam das Klacken von Stiefelabsätzen näher, und einen Augenblick später ging die Tür auf.
»Hallo!« sagte Otter überrascht. »Was machst du denn hier, Jungchen?« Er trat beiseite.
Als Linden hereinkam, sah er Raven in der Tür eines der drei Schlafräume stehen, die vom Wohnzimmer von Otters Suite abgingen. Bei Gifnus Hölle, dachte Linden säuerlich. Ja, es war wohl anzunehmen, daß er inzwischen hier ist.
»Ich suche Maurynna«, sagte er. »Ist sie hier?«
»Nein«, sagte Otter. »Kannst du nicht herausfinden, wo sie ist? Ich dachte, Seelengefährten wüßten immer, wo der andere sich aufhält und was mit ihm geschieht.«
Raven lehnte sich gegen den Türrahmen, die Arme vor der Brust verschränkt, und lauschte. Seine ganze Haltung schrie geradezu seine Unverschämtheit heraus.
Linden kniff verärgert die Lippen zusammen, bevor er antwortete: »Ich habe versucht, nach ihr zu suchen, aber sie ist wütend auf mich und hat mich ausgeschlossen. Da sie nicht hier ist, werde ich nachsehen, ob Boreal im Stall steht; wenn nicht, dann weiß ich, wohin sie gegangen ist.«
Das nächste gab er diesem selbstzufriedenen Grinsen gegenüber nur ungern zu.
»Ich … Maurynna scheint mich besser spüren zu können als ich sie«, begann Linden.
»Daran erinnere ich mich«, sagte Otter und schaute nachdenklich ins Leere. »Selbst bevor ihr beiden verbunden wart, wußte sie, daß damals in Casna etwas mit dir nicht stimmte.«
»Genau. Für sie ist es, als würde sie in eine Kristallkugel sehen; ich nehme sie nur verborgen im Nebel wahr. Nichts ist klar und scharf. Ich verstehe nicht, warum das so ist. Aber … verdammt, ich bin … unruhig? Erwartungsvoll? Ich denke, etwas beunruhigt sie, aber ich weiß es nicht, verdammt noch mal.«
Ravens Augen blitzten zufrieden auf, und Linden wußte, daß der junge Mann gleich eine beißende Bemerkung machen würde. Und sollte er das tun, dann wußte Linden ebenso, daß jetzt die Zeit gekommen war, ihm eine ordentliche Tracht Prügel zu verpassen. Vielleicht hatte Maurynna recht. Er holte tief Luft, bereit, jede Zurückhaltung aufzugeben.
Und fühlte sich, als müßte er ersticken. Er faßte sich an die Brust.
*Du mußt sofort herkommen.*
Die Worte explodierten in Lindens Geist. Er taumelte unter ihrer Gewalt; nur der Instinkt bewirkte, daß er eine Hand ausstreckte und sich an einer Wand abstützte, bevor er fiel. Die Welt wurde vor seinen Augen grau, und er wußte, er würde bald das Bewußtsein verlieren. Dann konnte er plötzlich wieder atmen. Er schnappte nach Luft, dankbar für das Gefühl in seinen Lungen.
»Die Götter mögen uns beistehen! Linden, was ist los?« rief Otter und versuchte, Linden zu stützen. Selbst Raven, die Augen weit aufgerissen und verängstigt, kam, um ihm zu helfen.
Linden schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Es ist …« Unfähig weiterzusprechen, berührte er seine Stirn mit Zeige- und Mittelfinger einer Hand.
»Ah. Ich verstehe. Jetzt nicht, Raven.« Der Barde bedeutete seinem Großneffen zu schweigen.
Wer? Was? sagte Linden zu der Präsenz, die er immer noch in seinem Geist spürte.
* Morien der Seher*, erwiderte die Stimme. *Deine Seelengefährtin ist krank, vielleicht stirbt sie sogar. Wir wissen nicht, was mit ihr los ist, komm schnell!* Die Angst in der Gedankenstimme des Echtdrachen drang tiefer als Adlerkrallen.
Linden glaubte, sein Herz
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