Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz
Und daher ist der Thron der Kaiserin als der Thron der Riya-Akono bekannt. Und daher singen an diesem Tag und keinem anderen die Tempelchöre das Loblied der Herrin des Mondes. An keinem anderen Tag wird der Mond erwähnt, nur der Phönix der Sonne.«
Sie sang, woran sie sich von dem Lied an den Mond erinnern konnte. Xahnu quiekte vergnügt. Sie lachte leise. »Vergiß nicht – sie kam aus dem Westen, so wie wir.«
Endlich hörte sie, worauf sie gewartet hatte: eine Stimme, die leise ein zhamartianisches Liebeslied summte. Sie blieb in einer kleinen Grotte stehen, die aus Jasminbüschen gebildet wurde. Süßer Duft hieß sie willkommen; sie pflückte eine Blüte und neckte Xahnu damit. Das Kind gurgelte vor Entzücken, als es danach griff. Murohshei bewachte den Eingang, seine kräftige Gestalt zwischen ihr und der Welt.
Einen Augenblick später trat er beiseite, ohne dem Mann, der an ihm vorbeiging, auch nur einen Blick zuzuwerfen. Shei-Luin reichte Xahnu dem Mann, der die Arme nach ihm ausstreckte.
Yesuin drückte den Jungen an die Brust; Xahnu blickte ins Gesicht seines Vaters und strahlte.
»Er weiß es«, sagte Shei-Luin.
»Du hast mir zwar ausrichten lassen, daß er aussähe wie ich, aber …« Seine Stimme brach. Dann faßte er sich wieder. »Wir haben wirklich Glück, daß Xahnu seiner Mutter ähnlich sieht. Ansonsten …«
Er schüttelte den Kopf. Einen Augenblick lang schwieg er; Shei-Luin beobachtete ihn, während er sich in dem Wunder verlor, das ihr Sohn darstellte. Ihr Herz floß beinahe vor Liebe für diese beiden über. Dann sagte Yesuin: »Meine Liebe, ich danke dir für dieses kostbarste aller Geschenke, aber … es kann nicht so weitergehen.«
Shei-Luins Herz wurde zu Eis. »Wie meinst du das?« wollte sie wissen.
»Xiane auf diese Weise zu betrügen … Shei, er ist gut zu mir gewesen. Er ist mein Freund. Ihn zu betrügen, als …«
»Du überläßt mich ihm?« fragte Shei-Luin. »Du überläßt mich einem Mann, der keine Ahnung hat, was eine Frau will oder braucht, einem Mann so ungeschickt wie ein Ochse, der über mich herfallt, als wäre er der Dorfbulle, der sich einer Kuh aufzwingt, einem Mann, den ich zutiefst verachte? Der Feigling hat Angst vor einem Insekt!« Yesuin biß sich auf die Lippe, dann sagte er: »Shei, er hat einen guten Grund, aber ich darf nicht …«
Sie unterbrach ihn. »Du magst Xianes Freund sein, und aus diesem Grund allein sorge ich dafür, daß er so viel Freude an mir hat, wie ich ihm geben kann – aber ich liebe nur dich. Wirst du dich denn nie wieder in die Geheimgänge wagen, um mich wiederzusehen?«
O Phönix – wenn sie Yesuin verlor …
Einen Augenblick dachte sie, er würde das Unaussprechliche sagen. Aber dann sah sie an seinem Blick, daß sie gewonnen hatte. Sie beugte sich zu ihm.
»Herrin«, sagte Murohshei drängend. »Jemand kommt!«
Sie durften nicht zusammen gesehen werden! Shei-Luin riß Xahnu aus Yesuins Armen und eilte aus der Jasminlaube.
Sie war nicht schnell genug. Noch während sie den Schutz der Büsche verließ, erschien Fürst Jhanun auf dem Weg vor ihr.
Er sagte kein Wort. Aber sie sah, wie sein Blick vom Gesicht ihres Sohns über ihre Schulter dorthin wanderte, wo Yesuin immer noch im Jasmingebüsch stand, und dann wieder zurück zu Xahnu. Ein dünnes Lächeln umspielte seine Lippen.
Dann verbeugte er sich und wandte sich ab, immer noch ohne ein Wort.
Aber Shei-Luin hatte das Aufblitzen einer Idee in diesen kalten Augen gesehen und fragte sich, was Jhanun wohl gedacht hatte.
»Glaubst du, er wird uns verraten?« fragte Yesuin und kam wieder näher. Er streckte beschützend die Hände nach Shei-Luin aus.
»Nein. Denn er hat schon zuvor versucht, Xiane gegen mich aufzuhetzen, und wäre beinahe verbrannt worden«, erwiderte Shei-Luin. »Und er wird auch niemanden sonst veranlassen können, es für ihn zu tun. Das wird ihm nicht helfen. Jhanun hat keine Beweise, und er weiß genau, daß Xiane mich ohne überzeugende Gründe nie verstoßen würde. Ach – Xiane müßte schon höchstpersönlich über uns stolpern, bevor er so etwas glauben würde. Nein, Jhanun wird kein Wort davon erwähnen, denn sollte eine bestimmte Botschaft in die Hände des Kaisers fallen, dann würde Xiane ihn mit Sicherheit verbannen. Aber was … nein, geh, wir dürfen kein Risiko mehr eingehen.«
Während sie in den Hauptteil des Gartens zurückkehrte, fragte sie sich, was wohl in Jhanuns verräterischem Geist vorgegangen war.
Ich bekomme keine
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