Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix
Männerkilts anziehen wollte? Die Götter mochten ihr helfen, nicht einmal ihr kürzestes Nachthemd zeigte soviel Bein!
Als Lerche sie ansah und dazu ansetzte, etwas zu sagen, unterbrach Maurynna sie mit: »Ich weiß, was du sagen willst -und die Antwort lautet nein! Ich … ich werde es einfach nicht tun.«
Verflucht, sie spürte, wie ihre Wangen brannten. Maurynna war sicher, daß sie heftig errötet war.
Lerche lachte. »Das habe ich Chanajin gesagt. Aber sie meint, wenn du als Tah’nehsieh durchgehen willst … warte, mir ist gerade etwas eingefallen.«
Sie sagte etwas zu Chanajin, die zum Widerspruch ansetzte, dann aber nachdenklich schwieg. Lerche sprach abermals und zeigte auf Maurynnas Kniehosen. Knurrend gab Chanajin nach; Maurynna konnte es an der Art erkennen, wie sie ihre Unterlippe vorschob.
Sie wäre vor Erleichterung beinahe geschmolzen. »Was hast du ihr gesagt?« fragte Maurynna.
»Daß du vielleicht so groß bist wie ein Mann und daß du dich vielleicht bewegen kannst wie einer, aber ganz bestimmt keine Männerbeine hast.« Lerche grinste. »Sie würden dich sofort verraten. Dann habe ich gesagt, daß deine Kniehosen ähnlich sind wie die, die Zhamartianer tragen, und einige Tah’nehsieh auch, besonders, wenn sie über lange Strecken reiten. Und aus diesem Grund tragen auch die meisten von uns solche Hosen, wenn sie gefangengenommen werden.«
»Die meisten von uns« – sie betrachtet sich als eine dieses dunkelhaarigen, dunkelhäutigen Stammes. Seltsame Worte von einer Frau, deren Hellhäutigkeit und Hellhaarigkeit in diesem Land fremd waren.
Nein, nicht so seltsam, begriff Maurynna. Immerhin hat sie den größten Teil ihres Lebens hier verbracht. Wird es mir eines Tages ähnlich gehen, daß ich mich nur noch als Drachenlord sehe und nicht als Mitglied des Hauses Erdon? Werde ich vergessen, wer ich einmal war?
Bevor eine Flut unklarer Zweifel und Ängste Maurynna davontragen konnte, fuhr Lerche fort: »Selbstverständlich wirst du diese Stiefel gegen ein Paar der unseren eintauschen müssen.« Lerche zog ihren langen Rock hoch und zeigte einen weichen Stiefel aus Lederstreifen, der bis zum Knie mit weiteren schmalen Lederstreifen gebunden war. Bunte Fransen hingen an den Seiten.
Solange sie ihre Hosen behalten konnte, war es Maurynna gleich, selbst wenn sie barfuß gehen mußte, und das sagte sie auch.
Lerche kicherte. »Shima hat ein altes Paar, das er als Muster benutzt. Ich hole sie und eines seiner Terehs« – Maurynna erkannte das Wort für das ärmellose Hemd, das die Tah’nehsieh-Männer trugen – »das du tragen kannst, und nur um dich zu warnen, du mußt noch einen Augenblick länger so stehen bleiben, damit die Farbe einzieht. Aber bald wird eines der Mädchen einen heißen Kräutersud bringen und das Zeug herunterwaschen, und damit wird die Farbe auch gebunden.«
Lerche verschwand. Zhantses Verwandte ließen sich auf dem Boden nieder und lehnten sich an die Wand. Sie sahen aus wie Leute, die sich auf eine lange Wartezeit vorbereiten.
Finster verstärkte Maurynna den Wärmezauber.
Endlich waren sie zum Aufbruch bereit.
»Es ist zu spät am Tag, jetzt noch loszureiten«, sagte Maurynna leise zu Shima, als sie Boreais Sattelgurt festzog.
»Haben wir denn eine Wahl?« erwiderte er. »Sieh dir Zhantse an. Ich habe ihn noch nie so erlebt.«
Maurynna warf dem Schamanen einen Blick zu. Zhantse ging auf und ab und fauchte Lerche und Keru an, die damit beschäftigt waren, Essen und Wasserschläuche in die Satteltaschen zu packen. »Beeilt euch, sie müssen sich auf den Weg machen!« drängte der alte Mann wieder und wieder.
Endlich waren die Taschen voll; Lerche und Keru nahmen jeder eine und brachten sie dorthin, wo die Llysanyaner und ihre Reiter warteten.
Ohne ein Wort nahmen Maurynna und Shima die Taschen entgegen und banden sie an die Sättel. Maurynna bemerkte, daß es ihr schwerfiel zu sprechen.
»Die … die Tragegurte haben wir in die Taschen gepackt«, sagte Lerche mit bebender Stimme. »Ihr werdet sie brauchen, damit ihr die Vorräte mitnehmen könnt, nachdem ihr die Pferde zurückgelassen habt.«
»Danke, Mutter«, brachte Shima schließlich hervor. Er umarmte seine Mutter fest. »Paß auf dich auf.«
»Halte dich von den Soldaten fern«, wiederholte sie. »Ihr beide.« Tränen glitzerten auf ihren Wangen.
»Ihr müßt jetzt gehen«, sagte Zhantse und runzelte beunruhigt die Stirn. »Versucht, so weit wie möglich zu kommen, solange es noch hell ist.«
Sie
Weitere Kostenlose Bücher