Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix
Hand, um Finger und Handgelenke zu lockern. Tefira griff nach den Schalen und brachte sie nach draußen. Einen Augenblick später kam er zurück, nahm ein Kürbisgefäß vom Haken an der Steinmauer, schöpfte damit Wasser aus dem großen, glasierten Krug nahe der Tür und brachte es zum Bett.
Zhantse stützte sich auf die Ellbogen. »Bah«, sagte er und verzog das Gesicht. »Das war nicht einfach.«
Er trank einen Schluck Wasser.
»Hast du Pah-ko gefunden?« fragte Shima.
Zhantse war beunruhigt. »Nein. Ich spüre, daß ihm etwas Sorgen macht, aber nicht was. Aber als ich im grauen Land war, sah ich Amura, der sich davonschlich, um sich mit Nathua zu treffen.«
Shima wurde neugierig. Amura war einer seiner Vettern und einer der vielen Tah’nehsieh, die sich im Laufe der Jahrhunderte in Sklavenlager im Eisentempel eingeschlichen hatten, um die Höhlen unter dem Kajhenral zu erforschen und auf Karten festzuhalten. »Oh?«
»Sie ist fertig.«
Einfache Worte, die so viel bedeuteten. Shima hielt die Luft an, und er wußte, daß sein Bruder dasselbe tat.
»Die Karte? Die Karte ist endlich fertig?« fragte Tefira.
Der Schamane setzte sich aufrecht hin. »Ja. Ich werde sie zu einem Lied machen, damit wir sie uns merken können.«
Shima sagte: »Das bedeutet …« Er konnte den Satz nicht beenden.
»Daß die Zeit der Prophezeiung gekommen ist. Nun werden wir die erwarten, die aus dem Norden kommen.«
Am Himmel hingen dunkle Sturmwolken, als sie den Hafen erreichten. Linden blickte zu den bedrohlichen Wolken hinauf und fragte sich, ob das ebenfalls das Werk der Priestermagier von Jehanglan war oder einfach nur Pech. Er hoffte, das Wetter würde sich noch halten, bis sie die Pferde ausgeladen hatten, denn der elende Beamte, der sie im Hafen empfangen hatte, wollte den anderen nicht gestatten, Otter im voraus zu der Herberge zu bringen, in der ausländische Gaukler absteigen mußten.
»Nein, nein«, verkündete der Jehangli in schlechtem Assantikkanisch. »Alle zusammen bleiben. Nur alle zusammen reisen. Alle zusammen – Ordnung.«
Das Wetter hielt sich, bis Tarens Wallach – das letzte Pferd -aus dem Frachtraum gehoben wurde. Dann riß der Himmel auf, und Regen brach auf sie nieder.
»Bei den Göttern!« beschwerte sich Lleld, als sie Miki auf die Straße führte. »Hat da oben jemand die Badewanne eines Riesen umgekippt? Wenn das so weitergeht, werden uns noch Flossen wachsen!«
Aber sie schafften es schließlich bis zur Herberge und brachten Otter nach drinnen und ans Feuer. Dort kauerte schon eine andere Truppe von Schaustellern aus dem Norden, darunter ein Mann mit einem kleinen Affen auf der Schulter, aber sie machten Platz, als sie Otters roten Umhang sahen und ihn husten hörten.
Nachdem sie sich einander vorgestellt hatten, boten die anderen an, ihnen beim Tragen des Gepäcks zu helfen. Taren nahm Linden und Lleld beiseite.
»Ich werde versuchen, etwas gegen seinen Husten zu finden«, flüsterte er. »Wenn möglich Ouala-Wurzeln. Aber es kann eine Weile dauern. Nicht alle Kräuterärzte haben sie.«
»Seid Ihr sicher? Es gießt da draußen, und dieser aufgeblasene Beamte hat erklärt, wir müßten hierbleiben«, sagte Lleld.
Taren zwinkerte ihr zu und lächelte verschwörerisch. »Ich werde mir vom Türhüter ein paar Kleidungsstücke leihen – für eine Münze oder zwei wird er beide Augen zudrücken. Macht Euch keine Sorgen um mich; ich kenne mich in Jehangli-Städten aus. Aber vergeßt nicht – verlaßt die Herberge selbst nicht! Das ist in der Nacht verboten.«
Mit diesen Worten schlüpfte er aus dem Gastzimmer. Linden und Lleld sahen sich an und zuckten die Achseln.
»Im Gegensatz zu uns kennt er dieses Land«, sagte Lleld.
»Ja«, stimmte Linden zu. »Kümmern wir uns um Otter und finden wir mehr über unsere Kollegen heraus.«
Shei-Luin lächelte vor sich hin, als sie durch die Geheimgänge des Palastes schlüpfte. Der Phönix war in dieser Nacht auf ihrer Seite! Xiane war zur Jagd gegangen und Yesuin im Palast geblieben.
Bald würde sie wieder bei ihm sein …
Ihr Herz klopfte wie das einer Jungfrau in der Hochzeitsnacht, als sie in den Tunnel einbog, der zu Yesuins Kammer führte. Licht fiel durch das Guckloch zu seinem Zimmer; er war immer noch wach!
Aber als sie sich der Geheimtür näherte, wurde ihr Schritt langsamer. Stimmen – Yesuin war nicht allein. Die Enttäuschung lag ihr wie ein Stein im Magen, und Shei-Luin schlich zu dem nächsten Guckloch und spähte
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