Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix

Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix

Titel: Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Bertin
Vom Netzwerk:
hindurch.
    Yesuin beugte sich über ein Ulim-Choi-Brett. Ihm gegenüber saß einer der vielen jungen Adligen des Hofs. Aus der Anzahl der Spielfiguren, die noch auf dem Brett standen, konnte sie schließen, daß die beiden gerade erst begonnen hatten, und ein Spiel zwischen erfahrenen Spielern konnte leicht die halbe Nacht dauern.
    Sie wandte sich ab und zog sich zurück, und nur mit Hilfe ihrer Willenskraft konnte sie die Tränen zurückhalten.

6. KAPITEL
     
     
    Das Armenviertel von Jedjieh war von schmalen Kanälen durchzogen, die in diesem Irrgarten der Armut auch als Abwasserkanäle dienten. In die Schlechtwetterkleidung des Torhüters der Herberge gehüllt – ein weiter Grasumhang und ein breitkrempiger Hut, um sein ausländisches Gesicht und die Kleidung zu verbergen –, hatte Taren keine Angst, angegriffen oder auch nur bemerkt zu werden. Warum sollte einer der zahllosen Armen die Aufmerksamkeit der anderen erwecken?
    Dennoch eilte er rasch weiter. Er konnte es nicht riskieren, zu lange weg zu sein; der Vorwand, Ouala-Wurzeln gegen den Husten des alten Barden zu suchen, durfte nicht übermäßig ausgenutzt werden. Er tätschelte den Beutel, der an seinem Gürtel hing, und fuhr mit den Fingern über das große Stück Wurzel, das er in dem Kräuterladen nicht weit vom Gasthaus gefunden hatte. Schade, daß sie keine Schüttelfieberrinde für ihn gehabt hatten. Ein Schaudern, das nicht von der feuchten Kälte kam, lauerte in seinen Knochen.
    Er fand das Haus, das er gesucht hatte, und blieb davor stehen. Die Tür war die einzige Öffnung auf Straßenhöhe und zweifellos von drinnen schwer verbarrikadiert; in diesem Teil von Jedjieh lagen die Fenster weit oben, außer Reichweite von Dieben. Dieses Haus war nicht anders als die anderen, und die Fenster waren außerdem gegen den Regen verschlossen. Dennoch sah er einen schwachen Lichtschimmer zwischen den dünnen Bambusmatten, als er ein paar Schritte zurücktrat.
    Taren zog an der Schnur. Irgendwo drinnen hörte er eine leise Glocke. Er zog noch zweimal, hielt inne, zog dann erneut zweimal.
    Schweigen. Taren wischte sich die Stirn; selbst bei diesem feuchten Wetter war seine Haut heiß und trocken. Dann war von drinnen das Geräusch schlurfender Füße zu hören, die eine Treppe herunterkamen. Er hörte Husten, dann ein Kratzen vom Zurückziehen schwerer Riegel. Die Tür ging auf, und eine Hand mit einer Papierlaterne darin erschien. Als nächstes kam das faltige Gesicht einer alten Frau. »Wer ist da?« wollte sie wissen und blinzelte ins Dunkel.
    Taren schob die Krempe seines Huts zurück, so daß das Laternenlicht auf sein Gesicht fiel.
    »Baisha! Ihr seid wieder da!« keuchte die alte Frau.
    »Genau. Und jetzt geh mir aus dem Weg, dummes Huhn. Ich muß Fürst Jhanun eine Botschaft schicken, und ich habe nicht viel Zeit.« Er drängte sich an ihr vorbei und warf Hut und Umhang auf eine Bank im Flur.
    »Schreibpinsel und Tintenstein sind im ersten Zimmer«, keuchte sie, als er die Wendeltreppe hinaufstieg. »Es liegt auch schon Papier bereit.«
    »Gut, ich darf keine Zeit verschwenden.«
    Taren eilte in das beschriebene Zimmer. An der gegenüberliegenden Wand stand ein alter Lacktisch mit zwei geflickten Beinen, der einmal in einen wohlhabenderen Haushalt gehört hatte. In Jehanglan fanden die Armen einen Nutzen für alles.
    Aber so schäbig der Tisch sein mochte, die Pinsel und der Tintenstein darauf waren von bester Qualität. Ebenso wie die dünnen Streifen von Papier, die schon zurechtgeschnitten waren, um ans Bein einer Taube zu passen. Es gab sogar Streifen schwereren, geölten Papiers, um eine Botschaft gegen ein Wetter wie das dieser Nacht zu schützen. Daneben lagen Seidenfäden – blau, um zu zeigen, daß die Botschaften, die sie banden, aus Jedjieh stammten.
    Xiane ritt bei Einbruch der Nacht in den Hof und blickte auf zu dem Gebäude, das über ihm aufragte. Sein Großvater hatte es als »einfaches Jagdhaus« bauen lassen. Ha! Es war groß genug, wie Xiane sich aus seiner Kindheit erinnerte, um sich darin ausführlich und furchterregend zu verlaufen.
    Ein Jagdhaus. Es war eher ein Palast. Dennoch, für eine kaiserliche Residenz war es tatsächlich klein und – noch besser -relativ isoliert. Ein hervorragender Platz für einen Gast, von dem noch nicht alle erfahren durften. Zumindest jetzt noch nicht.
    Xiane schwang sich vom Pferd und warf einem sich verbeugenden Knecht die Zügel zu. Mit einem Winken entließ er seine Eskorte. Der Hausverwalter

Weitere Kostenlose Bücher