Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix
Phönix.« Zufrieden trank er den Rest seines Tees, der inzwischen kalt geworden war; er hatte nichts vergessen und alles, wie er glaubte, sehr gut erzählt.
»Nein«, sagte Kirano, und Xianes Freude war verschwunden. »Das ist nichts weiter als eine Lüge. Euer Vater hat nie zugelassen, daß ich Euch die Wahrheit sagte. Xilu war ein Kriegsherr, gierig und ehrgeizig, und sein Bruder ein ebenso machtgieriger Magier – er betrieb genau jene Magie, die seit jener Zeit in Jehanglan verboten ist. Der Phönix hat nie zugestimmt, benutzt zu werden. Er ist ein Gefangener.«
Die Teeschale fiel Xiane aus der Hand und zerbrach auf dem Boden. Er starrte sie wie betäubt an. Von einer schneeweißen Scherbe starrte ein goldener Phönixkopf ihn an. »Ich … ich glaube Euch nicht«, stotterte er und kam auf die Beine.
»Das werdet Ihr.«
Die ruhige Sicherheit traf Xiane bis ins Herz. Er floh vor der Wahrheit, die er in Kiranos Augen sah, und vor dem, was sie bedeutete.
Taren rieb den Tintenstock gegen den Stein, mischte das Pulver mit Wasser und tauchte den winzigen Pinsel hinein. Er hielt seine zitternde rechte Hand mit der linken und schrieb so klar er konnte auf den winzigen Papierstreifen:
Treffen in Rhampul. Die Truppe mit …
Seine Hand zitterte heftig, als er das Schriftzeichen für »Pferde« malte. Fluchend betrachtete er es und entschied, daß es immer noch lesbar war. Aber inzwischen hatte ihn das Schüttelfieber derart überwältigt, daß er nicht wagte, mehr zu schreiben, um die Botschaft nicht vollkommen zu verschmieren. Es war gleich; er würde den Mann, den Fürst Jhanun schickte, persönlich davor warnen, daß man ihn gezwungen hatte, den Ausländern Jehangli beizubringen, und daß sich zumindest die Drachenlords als erschreckend gute Schüler erwiesen hätten.
Taren drückte seinen Daumen zunächst gegen den feuchten Tintenstein, dann auf das Ende der Botschaft und versuchte, soviel wie möglich auf das Papier zu bekommen. Er betrachtete es. Gut, der Abdruck war klar und deutlich. Fürst Jhanun würde ihn erkennen. Er blies vorsichtig auf die Tinte, um sie zu trocknen.
»Alte!« rief er und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Sie blieb trocken. Wenn das Fieber nur brechen würde! »Binde das für mich ans Taubenbein.«
Ein rasches Schlurfen war die Antwort. Die alte Frau erschien in der Tür. »Ich habe es schon gesehen«, blökte sie. »Ihr habt die Schüttelkrankheit, nicht wahr, Baisha? Ich habe es gesehen.« Mit verkrümmten Fingern griff sie nach der Botschaft und einem Streifen geölten Papiers und nahm einen der Seidenfäden vom Tisch. »Kommt, Baisha. Ich weiß genau, welche Taube wir benutzen; eine aus der kaiserlichen Zucht. Sie hat sich noch nie verflogen.«
Taren nickte zustimmend und schlang die Arme um den Oberkörper, um nicht mehr so zu zittern. Er folgte ihr aus dem Zimmer und den schmalen Flur entlang, zu einer Leiter, die zu einer Falltür im Dach führte. Trotz ihres Alters kletterte die alte Frau flink hinauf und schob die Falltür mit überraschender Kraft beiseite. Taren folgte langsamer. Regen spritzte ihm in die Augen, als die alte Frau das Dach erreichte.
»Mach die Falltür zu«, rief sie, als er sich aufs Dach zog. Sie wartete nicht auf ihn, sondern ging direkt zum Taubenschlag und gurrte dabei die ganze Zeit selbst wie eine riesige alte Taube.
Taren tat, was man ihm gesagt hatte, und folgte, wobei er sich wünschte, er hätte den Grasumhang und den Hut dabei; er würde Schwierigkeiten haben, zu erklären, wie seine Kleidung so durchnäßt werden konnte, falls einer der anderen fragte. Außerdem bewirkte die Kälte und Feuchtigkeit, daß er sich noch schlechter fühlte.
Als er den Taubenschlag erreichte, hatte die alte Frau schon einen der schlafenden Vögel in der Hand. Es war, wie sie gesagt hatte, eine taubengraue Schönheit mit schwarzen Streifen auf den silbrigen Brustfedern, eine aus der kaiserlichen Zucht, die für Geschwindigkeit und Kraft bekannt waren.
»Haltet sie«, wies die alte Frau ihn an, »während ich ihr die Botschaft ans Bein binde; zu zweit ist es leichter.«
Er schlang die kalten Finger um den Vogel und spürte seine Wärme und den Herzschlag unter den weichen Federn. Die alte Frau band die Papierstreifen mit einer Geschwindigkeit und Geschicklichkeit um das Taubenbein, die er diesen verkrümmten Fingern nicht zugetraut hätte. Dann nahm sie ihm die Taube wieder ab.
Sie streichelte den Kopf des Tieres einen Augenblick lang und sang ihm etwas
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