Drachenmeister
Bronzedrache stieg mit immer noch kräftigen Flügelschlägen in die Luft, gefolgt von den beiden blauen Drachen. Erst als die drei im Dazwischen verschwunden waren, stürmten die Männer erregt auf den Minenaufseher zu
und begannen, ihn auszufragen. Der schob sie ungeduldig beiseite und betrat die Hütte.
»Jetzt verstehe ich, weshalb man dich zum Boten gemacht hat, Piemur«, sagte der Aufseher. »Du setzt deinen Verstand richtig ein.« Lachend streckte er die Hand aus.
Piemur grinste ebenfalls und deutete zu seinem Sattel und dem Beutel mit dem kostbaren Inhalt, der gut sichtbar neben der Trinkflasche befestigt war. Er hörte den verblüfften Ausruf des Meisters und dann sein schallendes Gelächter.
»Willst du damit sagen, dass die Saphire den ganzen Nachmittag direkt vor seiner Nase waren?«, rief der Mann.
»Nicht alle. Die geschliffenen Steine hatte ich in meinen Stiefeln versteckt«, meinte Piemur und schnitt eine Grimasse, denn die scharfen Kanten hatten ihm die Knöchel aufgerieben.
Als der Aufseher den Beutel wieder an sich nahm, stießen die Arbeiter ein Freudengeheul aus; sie erfuhren erst durch diesen Wortwechsel, dass es dem Meister gelungen war, die Arbeit von mehreren Siebenspannen zu retten. Piemur befand sich plötzlich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Jeder lobte seine rasche Auffassungsgabe und freute sich, dass er gerade im richtigen Moment angekommen war.
»Kannst du Gedanken lesen, Junge?«, fragte der Minenaufseher. »Woher wusstest du, dass ich dem alten Halunken erzählt hatte, die Steine seien bereits am Vortag abgeholt worden?«
»Es erschien nur logisch«, entgegnete Piemur. Er hatte die Stiefel ausgezogen und untersuchte die Kratzer an den Beinen. »Außerdem wäre es eine Schande gewesen, T’ron diese Prachtklunker zu überlassen.«
»Und was machen wir, wenn die Alten in einigen Siebenspannen wiederkommen und das gleiche Spiel noch einmal aufführen?«, fragte der älteste Geselle. »Der Stollen gibt noch genug her.«
»Wir machen die Station morgen dicht«, erklärte der Meister.
»Warum? Wo wir eben erst...«
Der Meister brachte ihn mit einer heftigen Geste zum Schweigen.
»Jede Gilde hat ihre Geheimnisse«, sagte Piemur mit einem breiten Grinsen. »Aber ich werde diesen Vorfall Meister Robinton berichten müssen, und sei es nur, um meine Verspätung zu erklären.«
»Ich bitte dich sogar darum, dass du dem Meisterharfner Bescheid sagst, mein Junge. Er muss die Wahrheit vor allen anderen erfahren. Ich selbst werde mich mit Meister Nicat in Verbindung setzen.« Er wandte sich den Bergleuten zu und schaute sie ernst an. »Ihr begreift hoffentlich alle, dass es so nicht weitergehen kann? Schön und gut, T’ron hat heute nur ein paar fehlerhafte Steine bekommen - ihr wart sehr geschickt mit euren Hämmern, auch wenn es mir leidtut, dass ein paar schöne Saphire dabei zu Bruch gingen.« Der Aufseher seufzte tief. »Meister Nicat weiß sicher, welche der übrigen Minen in Gefahr sind. Er kann die Bergleute warnen. Mal sehen, ob die Alten große Schätze bei unserer Gilde finden!« Als die älteren Gesellen spöttisch lachten, hob der Meister mahnend die Hand. »Genug. Sie sind immerhin Drachenreiter und haben den Benden-Weyr unterstützt, als wir in Not waren.« Dann wandte er sich an Piemur: »Hast du noch etwas von unserem Abendessen gerettet, mein Junge? Ich bin so hungrig wie eine Drachenkönigin an der Brutstätte!«
KAPITEL 4
Aber der Tag brachte noch ein unerwartetes Ereignis. Bei Sonnenuntergang, als Piemur dem Bergwerkslehrling half, die Renner von der Weide heimzutreiben, hörte er das schrille Kreischen einer Feuerechse. Er hob den Kopf. Ein schlanker Bronzeleib kam mit eng angelegten Schwingen wie ein Stein auf ihn heruntergesaust. Der fremde Lehrling warf sich zu Boden und schlug beide Arme über den Kopf. Piemur stemmte die Füße gegen die Felsen, aber Rocky landete nicht auf seiner Schulter. Stattdessen vollführte er dicht über dem Jungen ein paar aufgeregte Kreise und seine Facettenaugen glommen rot vor Zorn.
Es dauerte eine Weile, ehe Piemur die Bronzeechse so weit beruhigt hatte, dass sie auf seiner Schulter landete. Er streichelte das kleine Geschöpf und allmählich wich der rote Glanz aus seinen Augen. Der Bergwerkslehrling betrachtete das Schauspiel mit aufgesperrtem Mund.
»Langsam, Rocky! Mir fehlt nichts, aber ich muss heute Nacht hierbleiben. Mir fehlt nichts. Du kannst Menolly berichten, dass ich hier bin, ja? Sag ihr, dass ich hier bin
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