Drachenmeister
war, überlegte er natürlich, warum man ausgerechnet ihn in die Berge schickte. Bis zu dem Moment, da er die Rolle mit der Botschaft an den schweigsamen Minenaufseher ablieferte.
»Du kommst von der Harfnerhalle?« Der Mann zog die Brauen hoch und sah ihn misstrauisch an.
»Ich gehöre zu Meister Olodkeys Lehrlingen.« Vielleicht wollte man seine Diskretion auf die Probe stellen.
»Hätte nicht gedacht, dass sie ein Kind losschicken würden«, meinte sein Gegenüber brummig.
»Ich bin vierzehn, Meister«, erklärte Piemur und bemühte sich vergeblich um einen eindrucksvollen Bass.
»Schon gut, mein Junge, ich wollte dich nicht kränken.«
»Oh, ich bin nicht gekränkt.« Piemur freute sich, dass seine Stimme nicht kippte.
Der Mann blieb stumm und warf einen Blick zum Himmel. Seine Miene verfinsterte sich. Piemur schaute nun gleichfalls nach oben. Allerdings verstand er nicht recht, was dem Minenaufseher so sehr an den drei Drachen missfiel, die ein Stück über ihm kreisten. Sicher, der letzte Sporenregen lag erst drei Tage zurück, aber Drachen waren eigentlich immer ein tröstlicher Anblick.
»Du findest Wasser und Futter für deinen Renner dort drüben beim Schuppen«, sagte der Mann und deutete geistesabwesend über die linke Schulter. Er ließ die Drachen nicht aus den Augen.
Gehorsam führte Piemur sein Reittier in die angegebene Richtung. Er hoffte, dass man auch ihm eine Kleinigkeit anbieten würde, sobald er den Renner versorgt hatte. Plötzlich stieß der Minenaufseher einen ärgerlichen Fluch aus und stapfte in die Hütte. Piemur hatte eben den Schuppen erreicht, als der Mann neben ihn trat und ihm einen kleinen, prall gefüllten Beutel in die Hand drückte.
»Nimm - das ist für den Harfner bestimmt! Und kümmere dich um dein Tier, während ich mich um meine ungebetenen Besucher kümmere.«
Piemurs geschultem Ohr entging weder die Anspannung im Tonfall des Mannes noch der unausgesprochene Befehl, dass er sich nicht sehen lassen sollte. Er entgegnete nichts, sondern schob den Beutel in seine Gürteltasche. Der Mann ging, und Piemur begann mit kräftigen Schwüngen, Wasser in den Trog zu pumpen, damit sein durstiger Renner trinken konnte. Doch sobald der Minenaufseher die Hütte erreicht hatte, drehte Piemur sich so herum, dass er die kleine Landeplattform vor der Hütte gut beobachten konnte.
Nur der Bronzedrache kam näher. Die beiden Blauen, die ihn begleiteten, suchten einen Felsensims oberhalb des Bergwerkseingangs auf. Ein Blick auf das mächtige Geschöpf, das mit gespreizten Schwingen landete, erklärte die grimmige Miene des Aufsehers. Vor ihrem Aufbruch ins Exil hatten sich die Alten vom Fort-Weyr selten in der Öffentlichkeit gezeigt, aber Piemur erkannte Fidranth an der langen Brandnarbe quer über den Rumpf und T’ron an seinem arrogant wiegenden Gang. Mit einer knappen Verneigung trat der Bergwerksmeister beiseite, als T’ron lässig die Reithandschuhe gegen seine Schenkel klatschte und die Hütte betrat. Ehe er dem Drachenreiter ins Innere folgte, warf der Minenaufseher einen forschenden Blick zum Schuppen. Piemur duckte sich hinter den Renner.
Er brauchte wenig Kombinationstalent, um zu erkennen, weshalb der Minenaufseher ihm den Beutel übergeben hatte. Neugierig öffnete Piemur die Schlaufe. Nur vier der blauen Steine, die ihm in die Hand rollten, waren geschliffen und poliert. Die übrigen, von daumennagelgroßen Klumpen bis zu kleinen, unregelmäßigen Kristallen, befanden sich im Rohzustand. In der Harfnerhalle schätzte man die blauen Saphire sehr; jeder neue Meister erhielt bei seiner Beförderung einen Ring mit einem
großen Saphir. Vier geschliffene Steine? Vier neue Meister? Ob Sebell auch zu ihnen gehörte?
Piemur überlegte einen Moment lang; dann schob er je zwei der geschliffenen Saphire in seine Stiefel. Er bewegte die Zehen, bis die Steine so weit nach unten gerollt waren, dass sie gegen seine Knöchel drückten. Als er den Beutel wieder in seiner Gürteltasche verstauen wollte, zögerte er. Er glaubte zwar nicht, dass T’ron einen einfachen Lehrling durchsuchen würde, aber die Steine beulten seinen Gürtel doch verdächtig aus. Kurz entschlossen befestigte er die Schlaufe hinter seiner Trinkflasche am Zügel des Renners. Dann zog er die Jacke aus, legte sie so zusammen, dass man das Harfnerabzeichen nicht sehen konnte, und hängte sie über den Pumpenschwengel. Der Staub auf dem Felsenpfad hatte seine blaue Harfnerhose ohnehin grau gefärbt.
Das
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