Drachenmeister
Igen, ohne seine eigentliche Aufgabe zu erwähnen, beschrieb jedoch ausführlich die Gegenüberstellung und Mirrims ersten Kontakt mit Path. Man hatte von dem Vorfall in der Harfnerhalle bereits erfahren, und er wusste, dass er keine Indiskretion beging. Im Gegenteil, ein Augenzeugenbericht erschien ihm wertvoller als die vielen Gerüchte, die
von Tisch zu Tisch wanderten. Aber selbst bei seinen besten Freunden spielte er die Ereignisse herunter.
»Es war einfach kein Drachenreiter da, der einen einfachen Harfnerlehrling zu einem solchen Zeitpunkt in die Gildehalle zurückgebracht hätte - also musste ich bleiben.«
»Komm, Piemur«, meinte Bonz, verärgert über die Gleichgültigkeit des Freundes, »du tust ja ganz so, als hättest du das Ereignis nicht genossen!«
»Das bestreite ich gar nicht. Aber es war verdammtes Glück, dass ich ausgerechnet kurz vor der Gegenüberstellung auf Igen weilte. Sonst hätte ich bereits gestern wieder die großen Trommeln poliert.«
»Sag mal, Piemur, kommst du eigentlich mit Clell und den anderen Kerlen zurecht?«, erkundigte sich Ranly.
»Klar. Warum?« Piemur machte ein harmloses Gesicht.
»Ach, nur so. Im Allgemeinen reden die nicht mit unsereinem, aber in jüngster Zeit versuchen sie, uns ständig über dich auszuhorchen.« Ranly war beunruhigt, und aus den ernsten Mienen der anderen schloss Piemur, dass sie seine Besorgnis teilten.
»Du bist einfach nicht mehr der Alte seit dem Stimmwechsel«, warfTiminy ein und sah verlegen zur Seite.
Piemur wehrte entrüstet ab, aber dann grinste er. »Das will ich hoffen, Tim. Schließlich ist der Stimmbruch nur das äußere Zeichen für viel wichtigere Veränderungen.«
»Das hatte ich nicht gemeint...« Timiny stockte verwirrt und schaute Hilfe suchend zu Bonz und Brolly, damit sie ihn unterstützten.
In diesem Moment erhob sich ein Geselle, um die Tagesarbeiten zu verteilen und einige Ankündigungen zu verlesen, und die Lehrlinge mussten ihre Diskussion beenden. Piemur hielt den Atem an. Er hoffte, dass Menolly Clells Strafe nicht öffentlich verkünden ließ, und war sehr erleichtert, als er merkte, dass sie davon abgesehen hatte. Sein Zusammenleben mit den Trommlern
war auch so problematisch genug. Verhungern würde Clell allerdings nicht. Piemur hatte gesehen, wie die anderen drei heimlich Brot, Obst und eine dicke Scheibe Wherfleisch abzweigten, um ihren Gefährten damit zu versorgen.
Nachdem die Arbeiten verteilt waren, ging Piemur zu den Trommelhöhen hinauf. Er hatte in der Tat Angst vor den Dingen, die dort auf ihn harrten. Es überraschte ihn nicht, dass man mit dem Polieren der Trommeln auf ihn gewartet hatte, und dass Dirzan knurrte, aus ihm werde nie ein ordentlicher Trommler, wenn er ständig unterwegs sei. Als er dennoch seine Trommelrhythmen fehlerfrei vorspielte, lobte ihn der Geselle mit keinem Wort. Die Überraschung kam, nachdem Dirzan ihn entlassen hatte und er den Lehrlingssaal aufsuchte. Die erste böse Ahnung überfiel ihn bereits, als er die Tür öffnete. Ein grässlicher Gestank wehte ihm entgegen; obwohl beide Fenster weit geöffnet waren, roch der ganze Raum wie ein Klosett. Er klappte die Betttruhe auf, um frische Kleider herauszuholen - und stand vor der Quelle der üblen Düfte. Als er sich dem Bett zuwandte, merkte er, dass auch die Felldecken feucht waren.
»Wer hat hier...« Dirzan kam mit langen Schritten in den Raum und hielt sich entsetzt die Nase zu.
Piemur sagte nichts, sondern breitete nur seine besudelten Sachen aus und hielt die Bettdecke so hoch, dass man den feuchten Fleck sehen konnte. Dirzans Augen wurden schmal; Ekel schien ihn zu schütteln. Piemur fragte sich insgeheim, was Dirzan mehr ärgerte: dass Piemurs unerwartet langes Ausbleiben den Streich zu einem bösen Übel hatte werden lassen oder dass er nun etwas gegen die Trommlerlehrlinge unternehmen musste.
»Du bist von deinen sonstigen Pflichten befreit, bis du das in Ordnung gebracht hast«, sagte Dirzan. »Und vergiss nicht, eine Duftkerze mitzubringen, damit der Gestank verschwindet. Wie die Burschen hier überhaupt schlafen konnten...«
Dirzan wartete, bis Piemur die verunreinigten Sachen aus dem
Zimmer getragen hatte, und schlug dann die Tür mit einem so heftigen Knall zu, dass ein anderer Geselle erschrocken nachsah, was sich hier abspielte.
Zum Glück hatten um diese Tageszeit alle zu tun und so gelangte Piemur ungesehen in den Waschraum. Er war so wütend, dass er auf die harmloseste Frage mit einem
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