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Drachenmeister

Drachenmeister

Titel: Drachenmeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Wasser. Aber plötzlich erfasste ihn eine so starke Unruhe, dass er einen Blick über die rechte Schulter warf - und entsetzt den grauen Regen sah, der keine Drachenlänge von ihm entfernt ins Meer zischte.
    Später erinnerte er sich, dass er nach dem Flammenatem von Drachen Ausschau gehalten hatte, ehe ihm einfiel, dass er den herabfallenden Sporen ausgeliefert war, egal ob nun Drachen am Himmel kreisten oder nicht. Der gleiche Instinkt, der ihn vor der Gefahr gewarnt hatte, ließ ihn nun in die Lagune springen. Fische umdrängten ihn in Schwärmen und schnappten gierig nach den Fädenklumpen, die ins Wasser sanken. Piemur tauchte auf, schaufelte mit vollen Händen Wasser in die Höhe, weil er hoffte, dass ihn die Fontänen vor dem Sporenkontakt schützen würden, und pumpte seine Lungen mit Luft voll.
    Seine Schultern brannten, als er wieder tauchte. Er schwamm tiefer, immer tiefer, weil er wusste, dass die Fäden hier unten nicht mehr lebensfähig waren - aber nach kurzer Zeit musste er von Neuem an die Wasseroberfläche, um Luft zu schöpfen. Siebenmal wiederholte er das Manöver, bis ihm klar wurde, dass er auf diese Weise niemals bis zum Ende des Sporenregens durchhalten konnte. Ihm war schwindlig, und seine Schultern waren übersät von kleinen Brandwunden, die im Salzwasser abscheulich schmerzten.

    Menolly hatte sich wenigstens in ihrer Höhle verkriechen können...
    Halt! Am Rande der Lagune gab es einen Felsen, den die Flut ausgespült hatte und der vielleicht weit genug überhing, um ihm Schutz zu bieten - wenn er ihn fand... Piemur versuchte sich verzweifelt zu orientieren, aber vor seinen Augen waren rote Schleier, und er sah kaum etwas. Später konnte er nicht mehr sagen, wie er den dürftigen Unterschlupf gefunden hatte, halb erstickt und angstgeschüttelt. Aber irgendwie schaffte er es. Er schürfte sich dabei Wange, Schulter und rechte Hand auf, aber als das Pochen hinter seinen Lidern nachließ, waren Mund und Nase über Wasser, und ein schmaler Felsensims schützte seinen Kopf und die Schultern. Buchstäblich vor seiner Nasenspitze sanken die Fädenknäuel ins Wasser, und die Fische umdrängten ihn, um nach den Klumpen zu schnappen.
    Sein Verstand registrierte das Ende des Sporenregens, aber er blieb unter dem Felsen, bis der graue Vorhang jenseits des Horizonts verschwunden war und die Sonne wieder gleißend hell auf die friedliche Landschaft fiel. In seinem Innern wurzelte immer noch das Entsetzen, und er verharrte unter dem Felsvorsprung, bis das Wasser ganz zurückgeflossen war und er wie ein gestrandetes Meeresgeschöpf auf den Steinen kauerte.
    Die Angst um das Echsenei trieb ihn schließlich doch aus seinem Unterschlupf; er kehrte an den Strand zurück und grub seinen kostbaren Besitz aus. Die erste Handvoll Sand warf er voller Ekel von sich, denn sie enthielt Hunderte von grauen blassen Würmern. Sie erinnerten ihn so stark an die Sporen, dass er die Hände angewidert an den Hosenbeinen abwischte. Ein neuer Schreck durchfuhr ihn. Konnten die Silbersporen etwa die Eierschale durchdringen? Er buddelte weiter, bis er auf die warme, unversehrte Schale stieß. Erleichtert seufzte er. Er war sicher, dass das Ei nun jeden Moment bersten würde, hoffte aber zugleich, dass es nicht ausgerechnet jetzt geschah. Er hatte kein Futter
bei der Hand, und er glaubte auch nicht, dass die Fische nach der üppigen Sporenmahlzeit anbeißen würden. Piemur überlegte, woran er den Zeitpunkt der Gegenüberstellung erkennen sollte. Drachen wussten instinktiv, wann ein Gelege reif war, und warnten ihre Reiter. Und Echsen, so hatte Menolly berichtet, bekamen rot leuchtende Augen und summten, wenn das Ereignis dicht bevorstand. Er dagegen hatte keinerlei Hilfe.
    Von Unruhe geplagt, drang er in den Dschungel ein, um neue Lianen für eine Angelschnur und Dornen zu suchen. Um ganz sicherzugehen, sammelte er ein paar reife Früchte und eine Handvoll Nüsse. Jungechsen brauchten Fleisch, das wusste er, aber er hoffte zugleich, dass irgendetwas Essbares besser war als gar nichts.
    Erst als er den großen, gekrümmten Dorn an der Lianenschlinge befestigte, kam ihm das eben Erlebte voll zu Bewusstsein. Seine Finger zitterten so stark, dass er eine Pause einlegen musste. Er, Piemur... Piemur, der Bauernsohn, oder Piemur, der Harfner? Nein, das alles hatte keine Gültigkeit mehr! Piemur... Piemur von Pern! Er, Piemur von Pern, dachte er selbstbewusst, hatte einen Sporenregen überlebt - im Freien, ohne ein Dach über dem

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