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Drachenmonat

Drachenmonat

Titel: Drachenmonat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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den Platz, wo wir standen.
    Eva-Karin sah aus wie ein Polizist, der eine Frage gestellt hatte, die nicht zu beantworten war. »Saga«, sagte Kerstin.
    Den Namen hatte ich schon wieder vergessen.
     
    Die Stadt war größer als alle anderen Städte, die ich vorher gesehen hatte. Sie war die größte der Gegend und eine der zehn größten Städte des Landes. Die Hauptstadt war am größten, aber sie war klein im Vergleich mit der größten Stadt der Welt, Tokio, Japans Hauptstadt. In Tokio passten zehn schwedische Hauptstädte hinein und hundert Städte wie die, die wir nun erreicht hatten.
    Eva-Karin hatte sich auf den Weg zu dem Cafe gemacht, wo sie sich um den Job bewerben wollte. Sie hatte immer noch misstrauisch ausgesehen, als sie ging, aber ich glaubte nicht, dass sie die Polizei anrufen würde. Und sie würde es sicher auch nicht wagen, es jemandem im Cafe zu erzählen. Die mussten ja glauben, dass sie nicht alle Tassen im Schrank hatte und Sachen sah, die es nicht gab. Dann würde man sie bestimmt nicht einstellen. Womöglich würde sie Leute bedienen, die nur sie sah, würden sie vielleicht denken. Stellt Kaffee und Torte auf einen Tisch, der nicht besetzt ist. Nimmt eine Bestellung von der Jukebox oder dem Schild draußen auf.
    »Toll, dass du dich an den Namen erinnert hast«, sagte ich.
    »Saga? Ich hab an das Kino zu Hause gedacht.«
    »Gute Idee.«
    »Aber es war keine besonders gute Idee, ihr zu erzählen, dass wir auf der Flucht sind. Ich konnte es trotzdem nicht lassen.«
    »Doch, das war gut. So muss man es machen. Es sofort zugeben. Damit verunsichert man den Fragenden.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher«, sagte Kerstin.
    Wir standen auf der Straßenseite gegenüber vom Busbahnhof. Hier gab es einen Fahrradladen und ein Stück entfernt ein Kleidergeschäft. In der Kurve sah ich einen Lebensmittelladen.
    Plötzlich hatte ich Hunger. Die gebratenen Eier, die wir zum Frühstück gegessen hatten, hielten nicht mehr vor. »Wollen wir gucken, wo Ann wohnt?«, fragte Kerstin. »Weißt du das denn?«
    »Na klar. Wir schreiben uns doch Briefe.«
    »Wann hast du ihr das letzte Mal geschrieben?«
    »Was ist das denn für ein Verhör?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Möchtest du wissen, ob ich etwas über dich geschrieben habe, Kenny?« Natürlich wollte ich das gern wissen. »Nein«, sagte ich.
    »Ich hab nichts über dich geschrieben.«
    »Aha.«
    »Bist du enttäuscht?«
    »Nee, froh.«
    »Ich hab nur geschrieben, dass wir uns jeden Tag getroffen haben, seit wir aus dem Camp zurückgekommen sind.«
    »Das stimmt ja gar nicht.«
    »Vielleicht haben wir uns an irgendeinem Sonntag mal nicht gesehen, aber das glaube ich nicht.«
    »Ich hab Hunger«, sagte ich.
    Die Frau hinter dem Tresen schnitt hundert Gramm Mettwurst für uns ab. Kerstin hatte schon einige Brötchen und eine Tube Krabbenpaste in den Korb gelegt.
    »Wir brauchen auch Obst«, sagte sie. »Ich hol was.«
    »Birnen«, sagte ich.
    »Sie haben verschiedene Sorten, hab ich gesehen.«
    »Wenn es die großen braunen gibt, nimm die.« Sie ging und kam mit zwei großen braunen Birnen zurück. Ich hatte die hundert Gramm Wurst bekommen. »Und dann noch was zu trinken«, sagte Kerstin. »Milch.«
    »Ich will aber Limo«, sagte ich. »Die ist ungesund. Und schmeckt nicht zum Essen.«
    »Wenn ich schon mal auf der Flucht bin, will ich Limo zum Essen trinken«, sagte ich. »Okay.« Kerstin lächelte.
    »Du kannst auch Milch kaufen. Die können wir uns leisten.«
    »Wenn das so ist, will ich auch lieber Limo.«
    »Feiern wir ein Fest?«
    »Bald«, sagte sie, nahm den Korb und ging zur Kasse.
     
    Wir feierten das Fest auf einer Bank in einem kleinen Park einige Häuserblocks von dem Supermarkt entfernt. Wir waren ganz allein im Park. Um uns herum war es still. Der Park war von Ahorn gesäumt, und wir saßen wie in einem Zimmer ohne Dach.
    Wir hatten keine Teller, aber die Frau an der Kasse hatte mir ein paar Papiertüten gegeben.
    Kerstin nahm sich die Birnen und Brötchen vor.
    »Wir können die Brötchen mit den Fingern teilen«, sagte ich, zog mein Wakizashi und zerschnitt die Brötchen in hübsche Teile. Dasselbe machte ich mit den Birnen.
    Ich zögerte nie. Obwohl die Samurais ihre Wakizashi meistens dazu benutzten, toten Feinden den Kopf abzuschneiden, war ich sicher, dass sie auch Birnen mit dem Schwert schnitten.
    Dann öffnete ich Kerstins Limoflasche mit dem Schwertgriff. Wahrscheinlich war es das erste Mal, dass ein Samurai sein Wakizashi dazu

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