Drachenmord (Funny-Fantasy-Serie: Gesandter der Drachen) (German Edition)
meiner Wünsche zu nehmen, stellte sich auch der lange Rock aus gerippelter Seide als ein äußerst lästiges Hindernis heraus. So schwer fiel es mir, meine Ungeduld zu zügeln, dass ich nicht auch noch darüber nachdenken konnte, welche Dummheit ich hier gerade beging.
Die Welt dort oben mit ihren Drachen, Bewaffneten und Zeigesteinen schien so weit fort …
Unsere Küsse wurden fester, fordernder, feuriger.
Ja, Nerade erwies sich ganz als die Königstochter, die sie war: keines Mannes Spielzeug, sondern eine Frau, die weiß, was sie will und wie sie es will.
Wir rollten herum, sie biss mich zärtlich in die Ohrkrempe … Aber ich plaudere Einzelheiten aus, die nichts zur Sache tun.
Nur so viel sei erwähnt: Ich, der ich beileibe kein unerfahrener Mann war, fand in dieser Nacht Erfüllung weit über das hinaus, was ich mir zuvor in stillen Stunden ausgemalt und erhofft hatte. Es gelang mir, trotz meiner so heftig angefachten Erregung, kein eigensüchtiger Nichtsnutz zu sein, sondern den Augenblick der höchsten Verzückung so weit hinauszuzögern, dass er es schließlich vermochte, den Schmerz, den eine erste Begegnung mit sich zu bringen pflegt, vergessen zu machen.
Nerades Hände waren so zärtlich und dabei so kräftig, ihre Zunge so geschickt … Nein, mehr werde ich nicht darüber nicht erzählen.
Jedenfalls vergaßen wir beide für eine beträchtliche Weile, wo wir waren, dass sich Bewaffnete auf dem Drachenberg sammelten, dass Sirluîn schon viel zu lange fort war … dass auf das Entzücken dieser Nacht ein böses Erwachen folgen musste.
Die Kugel von Tar-Naban
Zunächst schien noch alles möglich. Als Drachenjungfer wusste Nerade, wie man Nyredds Grab verlassen und zur Spitze des Berges hinaufgelangen konnte, ohne Feinden zu begegnen. Aus einer kurzen Bemerkung schloss ich, dass es zahlreiche geheime Gänge und verborgene Pfade gab, die seit Jahrhunderten sorgsam gepflegt und für die schlimmsten aller Fälle stets weiter ausgebaut wurden.
Ein solcher Fall lag unzweifelhaft vor.
Als wir durch eine Seitenpforte ins Innere des Drachenberges gelangten, fanden wir alles verlassen vor. In der Küche stand niemand mehr am Herd. Die Feuer waren erloschen. In der Halle ruhte kein Drache auf den goldenen Hügeln.
Die ersten Strahlen der Morgensonne schienen durch die dicken Scheiben aus Bergkristall und tauchten alles in ein unwirklich rosiges Licht.
„Wo können sie alle sein?“
Nerade erwiderte nichts. Sie wirkte ebenso ernst wie entschlossen. Sie hatte die Tiara aus weißem Gold verloren und ihr Gewand sah scheußlich aus. Doch war sie jeder Zoll die Frau von königlichem Geblüt. Sie wählte aus den Schwertern am Fuß der Goldberge eine schlanke Klinge.
„Dann wollen wir mal“, sagte sie.
Schon ehe wir das Haupttor erreichten, hörten wir von draußen das angriffslustige Gebrüll vieler Krieger und unverkennbar das Grollen eines Drachen.
Irgendwie beruhigte mich das. Wenn ein Drache so unverkennbar am Leben war, dann vielleicht auch andere.
Meine Erleichterung schlug in Besorgnis um, als wir das Tor von Bewaffneten eingenommen sahen. Glücklicherweise kehrten sie uns den Rücken zu. Wohl zehn Dutzend von ihnen verstopften das Tor und brüllten ihren Kampfruf zu dem Drachen hinaus, dessen mächtige Gestalt von oben her den Durchgang verdunkelte.
Ich wechselte einen Blick mit Nerade, dann schlichen wir uns von hinten an die tobende Menge Mensch heran und wählten die beiden, die am weitesten hinten standen – nicht weniger johlend als der Rest. Nerades Arm legte sich um eine Kehle, während ich es vorzog, mein Opfer niederzuschlagen.
Dann schleiften wir die Bewusstlosen rückwärts, bemächtigten uns ihrer Kleider und ich kam mir höchst albern vor, als ich mir von Nerade einige Knöpfe und Schnallen schließen lassen musste. Wir stülpten die hässlichen Helme mit dem Nasenschutz auf und waren bereit, uns ins Getümmel zu stürzen.
Es erwies sich als lebensgefährlich, uns durch diese dicht geballte Menge an Menschenleibern nach vorne durchzuquetschen. Dabei war mir ohnehin schon nicht sonderlich wohl, denn ich hatte längst erkannt, dass alle diese Krieger die Fellgürtel und Kurzschwerter von Tar trugen, der Stadt, aus der ich stammte und von der ich gehofft hatte, sie weit hinter mir gelassen zu haben. Nun holte mich also ein weiteres Stück Vergangenheit ein.
Nicht, dass ich annahm, sie könnten meinetwegen hier sein – nein, das nicht – trotzdem gefiel mir
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