Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow
Wasser war dem Clan der Katzen jetzt nicht feindlich gesinnt.
Als sie den Raum verließ, knallte Loj die Tür so wütend hinter sich zu, dass die goldene Marke auf dem Tisch in Bewegung geriet. Sie rollte über die Platte, kippte und lag da … aber es war niemand da, um nachzusehen, auf welcher Seite sie gelandet war.
»Ihr bleibt hier«, befahl Ritor. »Ich mache mich auf zum Clan des Feuers. Ich werde hinfliegen. Für den Zug reicht die Zeit nicht. Sandra, Asmund, das Wichtigste ist, dass euch der Drachentöter nicht entwischt. Ihr unternehmt nichts,
ihr lasst ihn in Ruhe, bis ich zurück bin. Aber ihr dürft auf keinen Fall seine Spur verlieren, ist das klar? Ihr wartet hier auf Jonathan und die restliche Mannschaft, ich hole Verstärkung vom Feuer.« Er blickte seine schweigende Truppe an. »Sandra! Du übernimmst das Kommando. Du bist verantwortlich und bürgst mit deinem Kopf … auch wenn ich solche Ausdrücke nicht mag.«
»Mach dir keine Sorgen, Ritor, uns wird nicht das kleinste Fischchen durchs Netz gehen«, versprach die Zauberin finster.
Die Stunde der größten Kraft war nah, gehorsam füllte der Wind die unsichtbaren Flügel und hob Ritor in die Lüfte.
Die Besitzungen des Feuerclans lagen am südlichen Rand des Warmen Ufers. Oros war eine nicht allzu große Stadt, die eingezwängt zwischen Bergen und Meer lag; nicht einmal den arbeitsamen Gnomen war es gelungen, ihre Route bis dorthin zu verlegen, sie brach unmittelbar an der Grenze zum Territorium der Luft ab. Zur Sicherheit flog Ritor einen weiten Bogen um die Gegend von Stopolje.
Das zärtliche Meer spülte träge über das sanft ansteigende felsige Ufer. Dunkles Grün immergrüner Zypressen und das Geflecht schon entlaubter Äste bestimmten die Landschaft – der Clan des Feuers liebte das Grün; ihre Stadt ertrank in Blumen, und sogar im Winter blühten in ihren Orangerien wundersame Pflanzen, die sie aus der fernen Heimat mitgebracht hatten und bis zum heutigen Tag sorgsam hegten und pflegten.
Der Clan des Feuers verfügte über die mächtigste aller Kriegsmagien und verzichtete daher stolz auf jede Form der Befestigung. Es gab keine Stadtmauern, keine Gräben, keine Bastionen. Aber seit vielen Jahren und durch viele Kriege hindurch war es niemandem je gelungen, sich ihres Hortes
zu bemächtigen. Es kam wohl vor, dass sie einen Kampf verloren, aber der magische Schutzwall um ihre Besitzungen versagte nie. Gelegentlich hatte Ritor sogar so etwas wie Neid empfunden – der Clan der Luft hätte sich niemals eine derartige Offenheit leisten können.
Von oben erblickte der Magier die sauberen weißen Häuschen mit ihren Ziegeldächern und die geraden Gassen; alles magische Wirken und Werk des Clans verbargen sich tief unter der Erde. An der Oberfläche sah man nur, was der Clan nicht zu verlieren fürchtete.
Der Clan des Feuers unterhielt nicht einmal einen Markt. Das Umland, das man den felsigen Bergen mühevoll abgerungen hatte, war hübschen Dörfern sowie Gärten und undurchdringlichen Pflanzendickichten vorbehalten; was man fürs Leben benötigte, wurde übers Meer oder einen schmalen Gebirgspass herangeschafft. Das Feuer war ungeheuer reich, denn seine Lehensbesitzungen zogen sich weit bis ins Landesinnere. Es gab alles im Überfluss. Allerdings, jetzt nach den jüngsten Verlusten …
Das einzige hohe Bauwerk in Oros war ein Wachturm; alle anderen Gebäude, sogar die Magierschule, waren niedrig und hinter Bäumen verborgen; die üppige Vegetation wurde aus Aquädukten versorgt, die man eigens aus den Bergen hinunter verlegt hatte.
Ritor verbarg sich nicht, und die Wächter des Feuers bemerkten ihn schon von weitem. Auf der hohen Spitze des Leuchtturms, auf dem für immer die Unauslöschbare Flamme brannte, erschien ein Signalgeber. Eine lange Zunge grünlichen Feuers schoss hoch in die Luft, fast bis zu den Wolken, und zeigte an, dass der Weg offen war.
Ritor schalt sich selbst, dass er dem Clan des Feuers in der Hetze der letzten Tage keinen Besuch abgestattet hatte.
Die Beziehungen zwischen Feuer und Luft waren alles andere als idyllisch, denn die treusten Anhänger der Geflügelten Herrscher hatten es Ritor nicht verziehen, dass er das große Geschlecht ausgerottet hatte; und genau daher waren auch die langwierigen Gespräche und Verhandlungen im Niemandsland bei der alten Burg nötig gewesen, die Torn schließlich so meisterhaft für sich ausgenutzt hatte …
Verdammtes Misstrauen. Wie viele Leben waren um seinetwillen
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