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Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow

Titel: Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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den Körpern der Toten vorhatten. Was flüsterten sie Klatt dem Jüngeren, der grausam vor Durst vertrocknet war, ins Ohr? Wahrscheinlich versprachen sie ihm jene weiche, erfrischende Nässe im Überfluss, die gleich einer köstlich kühlenden Kugel durch die Kehle rinnt; und ganz recht, keiner würde es fertigbringen, einen Toten dafür zu verurteilen, dass sich seine tote Hülle als so viel schwächer erwies als sein Geist.
    Auf alle Fälle hatte er, Ritor, überlebt. Und nun war es an der Zeit, über Rache nachzusinnen. Jene, die diese Gräueltat erdacht und ausgeführt hatten, sollten sterben. Ihr Tod würde seine Freunde nicht auferstehen lassen, vielleicht
aber würde er den anderen Widersachern eine Lehre sein.
    Die Zeit verging, näherte sich dem Moment, in dem die Kraft im Zenit stand, dennoch ging Ritor hartnäckig zu Fuß, wobei er sich durch unwegsames Gelände schlagen musste. Dieser Teil des Landes, in dem vor langer Zeit der Krieg getobt hatte, war so ausgebrannt, dass weder Menschen noch Gnome, Elfen oder andere Bewohner der Mittelwelt hierher zurückgekehrt waren. Da, wo Magie die Wälder in Staub und Asche verwandelt hatte, spross nun frisches Grün, aber hier und da waren ekelerregende Flecken übrig geblieben, die mit dem ewigen Weiß des Schimmels überzogen waren; sie befanden sich überall dort, wo die Kämpfenden das schlimmste Gift von allen ins Spiel gebracht hatten, den Lebensbruch, den die schwarzen Alchimisten der Clans einst ersonnen hatten …
    Das Land der Schattenwälder grenzte geradewegs an die östliche Grenze von Loj Iwers Besitztümern. Der Singende Wald war auf wundersame Weise völlig unversehrt geblieben, obwohl er sich am Rande der unerhört grausamen und heftigen Kämpfe befunden hatte. Wahrscheinlich hatte auch hier der berüchtigte Geist der Katzen als unsichtbarer Beschützer des Clans gewirkt, dachte Ritor mürrisch.
    Und plötzlich erinnerte er sich an den Ball. Er konnte es noch schaffen. Loj hatte ihn mit der ihr eigenen Hartnäckigkeit mit Einladungen überhäuft, ungeachtet der Tatsache, dass Ritor Bälle sein ganzes Leben lang als müßiges Getümmel und Keimzelle der Revolte betrachtet hatte.
    Der Magier blickte zum Himmel. Immerhin war er schon ziemlich weit fort, und die Kraft des Wassers ließ um diese Stunde deutlich nach. Er bewegte die Schultern hin und
her und spürte den vertrauten Gesang des sich unter den Schultern verdichtenden Windes, er stieß sich mit aller Kraft von der Erde ab und segelte in die Höhe.
    Wie leicht es war … wenn er doch während der Morgendämmerung nur über einen kleinen Teil dieser Kraft verfügt hätte …
    Heute würde er auf den Ball gehen. Er würde Loj aufstöbern, selbst wenn er dafür ihren Orgasmus unterbrechen musste. Er würde sie zwingen, alle Gerüchte preiszugeben und ihre Spione zu befragen. Sie würde ihm alles sagen. Aus irgendeinem Grund hatte Ritor keine Zweifel, dass er vom Haupt der Katzen erfahren würde, wie und von wem der Verrat begangen worden war. Denn er glaubte nicht, dass die erfahrenen Zauberer des Feuers sich so leicht ergeben hätten, selbst wenn sie unerwartet in Gefangenschaft geraten waren.
    Außerdem wollte er denjenigen Vertretern vom Clan des Wassers in die Augen blicken, die es wagten, nach allem, was geschehen war, auf Lojs Ball zu erscheinen.
    »Sehr angenehm, dich zu sehen, Ritor«, schlug ihm eine Stimme entgegen – weich, fließend, wie eine eisige Quelle.
    Der Anführer des Wassers stand da, eingehüllt in einen Feldumhang. Ruhig und mit erhobenem Kopf blickte er um sich, ohne Spott und ohne Herausforderung, in seinen Augen lag nur eine ganz gewöhnliche unverbindliche Freundlichkeit, als hätte es nie einen Kampf in der Burgruine gegeben.
    »Du scherzt, Torn.« Ritor hatte seine Stimme und seine Miene ebenso gut in der Gewalt wie sein Feind. »Wenn wir nicht auf dem Ball wären …«
    »Ich verstehe dich sehr gut«, sagte Torn ohne Lächeln. Er war groß gewachsen und schmal und machte einen zerbrechlichen
Eindruck, aber wer, wenn nicht Ritor, wusste besser um die vernichtende Kraft dieses raffinierten Magiers. »An deiner Stelle würde ich vermutlich ebenso handeln.«
    »Also, was willst du dann?«
    »Ein Gespräch. Hier kommst du nicht fort, Ritor.«
    Ritor spürte, wie ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief. Was war das? Konnte es sein …?
    Sie ließen den Gang hinter sich. Vor ihnen öffnete sich der gewaltige Saal – zweifellos ein schönes Werk, wenn auch stilistisch

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