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Drachenreiter

Titel: Drachenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Funke
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schlang dem Jungen ein helles Tuch um den Kopf, »das trägt man in diesem Land, um sich vor der Sonne zu schützen. Man nennt es Keffieh. Es bewahrt dich hoffentlich vor einem Sonnenstich. Wir Bleichgesichter bekommen so etwas allzu schnell in diesem Teil der Welt. Was euch betrifft«, er wandte sich Schwefelfell und dem Drachen zu, »euch werden Schuppen und Fell wohl ausreichend schützen. Aber jetzt noch einmal zum Weg ...«
    Er knipste eine Taschenlampe an und beugte sich mit Ben zusammen über die Karte. »Nach dem, was ihr mir über Lungs Flugkünste erzählt habt, werdet ihr wohl etwa vier Tage brauchen. Zuerst fliegt ihr, wie ich euch schon sagte, immer nach Süden. Zum Glück seid ihr ja nur nachts unterwegs, aber tags müsst ihr euch zur Rast die schattigsten Plätze suchen, die ihr finden könnt, denn die Hitze wird furchtbar sein. Auf dem ganzen Weg wimmelt es nur so von Ruinen, verfallenen Festungen und versunkenen Städten. Die meisten sind längst zugeweht vom Wüstensand, aber ihr werdet immer wieder etwas finden, das selbst einem Drachen Schutz bietet. Da ihr immer am Meer entlangfliegt«, er folgte mit dem Finger der Küstenlinie, »habt ihr selbst im Dunkeln einen zuverlässigen Wegweiser. Auch die Küstenstraße werdet ihr, so hell, wie der Mond zur Zeit scheint, gut erkennen können. Sie zieht sich endlos weit nach Süden hin. Am vierten Tag eurer Reise wird das Land gebirgiger. Städte kleben an den Felsen wie Nester eines Riesenvogels. Etwa um Mitternacht müsstet ihr dann auf eine schmale Abzweigung der Straße stoßen, an der ein Schild mit folgenden arabischen Zeichen steht«, der Professor schrieb mit einem Kugelschreiber auf den Rand der Karte.
    »Soweit ich weiß, steht es auch noch auf Englisch drunter, aber sicherheitshalber schreib ich es euch auch so auf. Es bedeutet >Shibam<, das ist der Name einer wunderbaren alten Stadt. Folgt der Straße, bis sie nach Norden biegt. Die Schlucht, auf die ihr dort stoßt, ist die, die ihr sucht. Es ist euer Glück, dass Lung fliegen kann, denn kein Weg führt dort hinunter. Die Menschen haben sich nicht einmal getraut, eine Brücke hinüber zu bauen.« Barnabas lächelte. »Manche behaupten, dass sich der Zugang zur Hölle in der Schlucht verbirgt, aber ich kann euch beruhigen, das ist äußerst unwahrscheinlich. Sobald ihr sicher auf ihrem Grund gelandet seid, haltet Ausschau nach einem großen Automobil, dem die Scheiben fehlen. Habt ihr es gefunden, dann drückt auf die Hupe, setzt euch genau siebzehn Schritte von dem Auto entfernt auf die Erde und wartet.«
    »Ein Auto?«, fragte Ben verblüfft.
    »Ja!« Der Professor zuckte die Achseln. »Asif soll es einem reichen Scheich gestohlen haben. So jedenfalls behaupten es die neuesten Geschichten über ihn. Es ist ein Irrglaube, dass Geister und Fabelwesen immer in verfallenen Häusern oder Höhlen leben. Sie haben manchmal eine ausgesprochene Vorliebe für, sagen wir, moderne Unterkünfte. In einer Ruinenstadt, in der ich vor ein paar Jahren nach Einhornspuren suchte, wohnten zwei Dschinnen in Plastikflaschen.«
    »Unglaublich«, murmelte Ben.
    »Wieso? Erdelfen graben sich als Wohnung sehr gern Blechdosen in die Erde!«, rief Schwefelfell von Lungs Rücken herunter. Sie war hinaufgeklettert um zu prüfen, ob die Riemen festsaßen. Der Sturm hatte Schwefelfell gelehrt, dass es auf dieser Reise auch für sie besser war, sich an den Drachenzacken festzubinden. »Dosen eignen sich wunderbar dazu, Spaziergänger zu erschrecken«, erklärte sie. »Die Elfen brauchen bloß mit ihren Eichelhämmern gegen die Blechwände zu schlagen.« Schwefelfell kicherte. »Ihr solltet sehen, wie das die Menschen zum Springen bringt.«
    Der Professor schüttelte lächelnd den Kopf. »O ja, von Elfen kann ich mir das gut vorstellen.« Er faltete die Karte zusammen und gab sie Ben zurück. »Apropos Elfen. Ihr werdet auf eurem Weg nach Süden möglicherweise einer ganz bestimmten Sorte begegnen. Nachts wimmelt es in der Nähe der verfallenen Städte, die unter dem Sand begraben liegen, von Staubelfen. Sie schwirren umher und werden versuchen euch vom Weg abzubringen. Hört nicht auf sie, aber seid auch nicht allzu grob mit ihnen. Sie können sehr ärgerlich werden, genau wie ihre Verwandten im kalten Norden.«
    »Auch das noch!«, stöhnte Schwefelfell von Lungs Rücken herunter. »Elfen!« Sie verdrehte die Augen. »Was hab ich schon Ärger mit diesen kleinen Dingern gehabt! Einmal haben sie mich mit ihren abscheulichen

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