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Drachenreiter

Titel: Drachenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Funke
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nachts aus den Bergen kommt. Ich habe damals leider nichts anderes finden können als die Schuppen, die den deinen auffallend ähnlich sehen, nur dass sie sich gänzlich anders anfühlen. Am selben Ort waren auch Spuren, aber sie waren verwischt vom Regen und von den aufgebrachten Bauern, die dort herumgestampft waren.«
    Fliegenbein spitzte in seinem Versteck die Ohren. Das konnten nur die Schuppen seines Meisters sein! Drei Stück hatte Nesselbrand in seinem Leben verloren, und obwohl er jedes Mal all seine Raben auf die Suche nach ihnen geschickt hatte, bekam er keine der drei je wieder. Oh, das würde ihm gar nicht gefallen, dass ein Mensch zwei von ihnen aufgelesen hatte. Der Homunkulus schob die Nase aus Bens Pullovern, um einen Blick auf die Schuppen zu erhaschen, aber die Hand des Professors war zu hoch über ihm.
    »Sie riechen nicht«, sagte Lung. »Als wären sie aus Nichts geformt. Aber es steigt so viel Kälte von ihnen auf, als wären sie aus Eis.«
    »Darf ich auch mal sehen?«, fragte Ben und beugte sich über die Hand des Professors. Fliegenbein lauschte.
    »Nimm sie ruhig«, sagte Professor Wiesengrund. »Sieh sie dir genau an. Es sind seltsame Dinger.«
    Ben nahm ihm eine der Schuppen vorsichtig aus der Hand und fuhr mit dem Finger über die scharfen Kanten. Das Ding fühlte sich wirklich an wie Metall und doch war es etwas anderes.
    »Ich glaube, sie sind aus falschem Gold«, erklärte ihm der Professor. »Das ist ein Metall, aus dem die Alchimisten im Mittelalter versuchten echtes Gold zu machen. Natürlich vergebens. Aber es muss mit irgendetwas anderem verschmolzen worden sein, denn die Schuppe ist sehr, sehr hart. Selbst mit einem Diamantenschneider habe ich nicht den geringsten Ritz hineinbekommen. Na ja«, Barnabas Wiesengrund zuckte die Schultern. »Nehmt eine mit. Vielleicht kommt ihr auf eurer Reise auch diesem Rätsel auf die Spur. Ich schleppe die beiden Schuppen nun schon so lange mit mir herum, dass ich die Hoffnung aufgegeben habe.«
    »Soll ich sie einstecken?«, fragte Ben den Drachen. Lung nickte. Nachdenklich hob er den Kopf und blickte aufs Meer hinaus. Ben warf Schwefelfell die Rucksäcke zu. Sie fing sie auf und hängte sie über Lungs Rücken.
    »Los geht's!«, rief sie. »Wer weiß? Vielleicht landen wir ja morgen früh ausnahmsweise mal da, wo wir hinwollen.«
    »Das Wetter ist günstig, Schwefelfell«, sagte der Professor und blickte zum Himmel.
    Ben trat auf ihn zu und streckte ihm verlegen die Hand hin. »Wiedersehen!«, sagte er.
    Professor Wiesengrund ergriff Bens Hand und drückte sie kräftig. »Auf Wiedersehen«, sagte er. »Ich hoffe wirklich sehr, dass wir uns wieder sehen. Ach ja, hier«, er drückte Ben eine kleine Karte in die Hand. »Die hätte ich fast vergessen. Es ist eine Visitenkarte von Subaida. Solltet ihr sie nach eurem Abstecher zum Dschinn doch noch besuchen, dann grüßt sie von mir. Falls ihr neuen Proviant braucht oder irgendetwas anderes, so wird sie euch bestimmt gern damit versorgen. Wenn sich in dem Dorf, in dem sie forscht, nicht allzu viel geändert hat, dann warten die Menschen dort immer noch sehnsüchtig auf die Rückkehr der Drachen. Aber versichere dich dessen besser, bevor Lung zwischen den Hütten auftaucht.«
    Ben nickte und steckte die Karte zu seinen anderen Schätzen. Dann kletterte er an Lungs Schwanz hoch und sah sich noch mal nach dem Professor um.
    »Du hast doch meine Visitenkarte hoffentlich auch noch, oder?«
    Ben nickte.
    »Dann viel Glück!«, rief Professor Wiesengrund, als Lung die
    Flügel ausbreitete. »Und denkt sehr genau über die Frage nach, die ihr dem Dschinn stellt. Hütet euch vor Basilisken und schreibt mir, wenn ihr die Drachen findet!«
    »Auf Wiedersehen!«, rief Ben und winkte.
    Dann schwang Lung sich in die Luft. Der Drache kreiste noch einmal über dem Professor, spuckte zum Abschied eine blaue Flamme in die Nacht - und flog davon.

    IMMER NACH SÜDEN  
     
    In den nächsten Nächten flog Lung schneller als der Wind. Die Ungeduld trieb ihn vorwärts. Seinen beiden Reitern blies der Flugwind so scharf entgegen, dass Schwefelfell sich Blätter in die Ohren stopfte und Ben sich das Tuch, das der Professor ihm gegeben hatte, fest um den Kopf schlang.
    Die Nächte waren kühl, aber am Tag wurde es so heiß, dass sie kaum schlafen konnten.  Sie rasteten zwischen den verfallenen Mauern untergegangener Städte, so wie der Professor es ihnen geraten hatte, fernab von den Straßen und Dörfern. Während

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