Drachenritter 01 - Die Nacht der Drachen
in den letzten Strahlen der Nachmittagssonne, die durch die hohen Zweige der Bäume drangen, beinahe ebenso einladend aussah wie Carolinus' Besitz am Klingelnden Wasser.
»Sieht ganz gut aus, würde ich sagen«, bemerkte Brian fröhlich.
Er saß ab, befreite sein Pferd vom Sattel, rieb es mit ein paar abgerissenen Grasbüscheln trocken und ließ es dann am langen Zügel auf der Lichtung grasen. Für sich holte Brian aus seinen Satteltaschen etwas Dunkles, das eindeutig geräuchertes Fleisch war. Für Jim gab es nichts; und obwohl sich sein Magen vorwurfsvoll regte, konnte er es dem Ritter wirklich nicht verübeln, daß er ihm nicht anbot, das Mahl zu teilen. Die für einen Menschen ausreichende Mahlzeit wäre für einen Drachen ein einziger, unbefriedigend winziger Happen gewesen. Morgen, versprach sich Jim, würde er irgendeine Entschuldigung finden, um Brian für eine Weile zu verlassen und sich eine Kuh oder sonst etwas zu suchen.
Er bemerkte, daß Brian ein Feuer entzündete, etwas, das er anfangs nur mit akademischem Interesse betrachtete, aufgrund seiner neuerdings entdeckten Unempfindlichkeit gegenüber den Außentemperaturen. Aber als die Sonne hinter den Bäumen versank, nahm ihr Licht die Farbe hellen Blutes an, und tiefe Schatten entstanden zwischen den umgebenden Baumstämmen; und das Feuer, das nun kräftig über den trockenen Zweigen loderte, die Brian aufgeschichtet hatte, erschien als der einzige freundliche Fleck in der immer undurchdringlicher werdenden Dunkelheit.
»Es wird kühl«, bemerkte Brian, zog die Schultern fröstelnd hoch und stellte sich nahe ans Feuer.
Er hatte sich seines Helms, der Rüsthandschuhe und Beinschienen entledigt, nur der Oberkörper blieb mit Eisen bedeckt. Sein Haar richtete sich, nachdem der Druck des Helms es nicht mehr zusammenpreßte, auf und ließ erkennen, daß es eine ganz ansehnliche Mähne war. Das Feuer ließ rötliche Glanzlichter darin erstrahlen, als Brian vor dem Feuer stand.
Jim rückte auf der anderen Seite nahe ans Feuer. Es wäre ihm nicht eingefallen, die Nacht für kühl zu halten, aber er war sich einer Art melancholischer Stimmung bewußt, die ihn mit dem Verschwinden der Sonne überkommen hatte. Der Wald um sie herum, der im Tageslicht so freundlich gewirkt hatte, begann nun ein verhängnisvolles, drohendes Aussehen anzunehmen, als sich die Nacht herniedersenkte. Wenn er sich umsah, hätte Jim beinahe beschwören können, daß die Dunkelheit ein faßbares Wesen war, das versuchte, sich immer näher an sie heranzuschieben und nur durch das tanzende Licht des Feuers zurückgehalten wurde.
»Wo sind wir?« fragte er Brian.
»In den Lynham Woods«, sagte Brian. Auch er blickte auf die Wand der Nacht, die den Kreis des Feuerscheins umgab. »Normalerweise gar kein so übler Platz. Aber heute nacht ist es anders, würdet Ihr nicht auch sagen, Sir James? Man bekommt das Gefühl, als ob da draußen irgend etwas auf der Lauer liegen würde.«
»Ja«, stimmte Jim zu und verspürte einen kleinen, unwillkürlichen Schauder.
Für seine Drachensinne war Brians Beschreibung unangenehm exakt – es war wirklich genauso, als würde dort draußen im Wald etwas herumschleichen, ein wenig außerhalb des Feuerscheins, würde ihr Lager umkreisen und eine Gelegenheit abwarten, sich auf sie zu stürzen.
»Sterne«, bemerkte Brian und zeigte nach oben.
Jim spähte zwischen die Baumwipfel hinauf. Jetzt, nachdem die Sonne völlig untergegangen war, wurden einige Sterne sichtbar. Kein Mond, aber einige Sterne. Aber noch während er sie beobachtete, begann einer nach dem anderen zu verschwinden, als würde ein unsichtbarer Vorhang über den Himmel gezogen.
»Wolken«, sagte Brian. »Nun, wenigstens ein Trost. Bei bewölktem Himmel dürfte es bis zum Morgen eigentlich nicht so kalt werden, wie wenn es klar wäre. Bei klarem Himmel hätte ich gesagt, es wird noch vor Morgengrauen leichten Frost geben. Es ist doch ziemlich kühl für die Jahreszeit.«
Die Wolken, von denen Brian gesprochen hatte, hatten inzwischen den ganzen zwischen den Wipfeln sichtbaren Himmel bedeckt. Die Lichtung schien nun in undurchdringliche Schwärze gehüllt.
Zögernd setzte sich der Ritter ans Feuer und begann die oberen und unteren Beinschienen wieder anzulegen, die er vorher ausgezogen hatte.
»Was ist?« fragte Jim. »Weshalb tut Ihr das?«
»Es gefällt mir nicht«, sagte Brian kurz. »Heute nacht stimmt irgend etwas nicht. Was es auch ist, es wird mich gerüstet und bereit
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