Drachenritter 01 - Die Nacht der Drachen
ich.«
Jim mußte stehenbleiben, um nicht mit ihr zusammenzustoßen. Sie hatte sich direkt vor ihm aufgepflanzt und blickte ihm aus weniger als dreißig Zentimetern Entfernung scharf in die Augen.
Er schluckte. Das absolut Teuflische an der Geschichte war, daß sie recht hatte. So sehr er Angie liebte, diese sonnengebräunte Göttin konnte Angie bei jedem Schönheitswettbewerb schon im Augenblick der Ankündigung den Rang ablaufen. Aber das war unwesentlich. Angie war es, die er wollte, nicht einhundertundsiebzig Zentimeter…
»Das gehört nicht zum Thema, Danielle«, zwang er sich zu sagen. »Die Dame Angela ist es, um die es mir geht, und ich bin derjenige, um den es ihr geht. Selbst wenn Ihr mich davon überzeugen könntet, daß es anders ist, glaube ich nicht, daß Ihr bei ihr damit Erfolg hättet.«
»Oh? Hmm«, sagte Danielle, und ihre Finger spielten mit dem Griff ihres Messers. »Nun gut. Sie und ich können diese Kleinigkeit untereinander ausmachen, wenn es soweit ist. Aber, Sir James, wollen wir nicht lieber wieder zum Wirtshaus zurückkehren? Die anderen werden sich schon wundern, weshalb Ihr mich die ganze Zeit allein mit Beschlag belegt.«
»Ihr habt recht«, sagte Jim, und sie gingen miteinander zurück.
Erst nachdem sie ein halbes Dutzend Schritte gegangen waren, erkannte er, daß sie ihn schon wieder hereingelegt hatte. Wer hätte sich wohl darüber wundern sollen, weshalb er seine Zeit mit Danielle verbrachte, solange er noch im Körper eines Drachen steckte?
Als sie wieder beim Wirtshaus ankamen, fanden sie einen Tisch und Bänke – ähnlich einem Campingtisch – vor der Eingangstür aufgestellt. Brian und Dafydd saßen dort mit ledernen Trinkbechern und einer Flasche Wein vor sich. Aragh hockte am Fußende des Tisches auf seinen Hinterbeinen, den Kopf über die Bretter gestreckt.
»Sir James!« rief Brian, als Jim und Danielle aus dem Wald auftauchten. »Kommt, setzt Euch zu uns! Wir müssen einen Plan machen, wie wir die Burg von Mylady zurückerobern wollen.«
Jim hatte ein komisches Gefühl in der Magengrube. Er hatte schon vorher festgestellt, daß Brian die bestimmte Absicht hatte, Sir Hugh de Bois de Malencontri zu vertreiben und seine Geronde zu befreien, aber er hatte nicht ernsthaft darüber nachgedacht, wie der Ritter das artstellen wollte. Jetzt aber, wo es ans Handeln ging, fiel ihm ein, daß es etwas ungünstig für sie aussah, wenn man ihre Zahl und die der wahrscheinlichen Besetzer der Burg miteinander verglich. Diese Diskrepanz hätte ihn nicht allzu sehr beunruhigt, hätte er nicht feststellen müssen, daß Sir Brian ein Mensch war, der seine Entschlüsse auch wirklich auf Biegen oder Brechen ausführen würde.
Jim schleppte sich zum Tisch und setzte sich ans freie Ende, Aragh gegenüber.
»Sir James«, sagte Brian. »Oh, übrigens – möchtet Ihr einen Schluck Wein?«
»J – nein«, sagte Jim eingedenk seiner schon bestehenden Schulden beim Wirt.
»Gut, Sir James. Ich habe einige traurige Neuigkeiten für uns«, fuhr Brian fort. »Unser guter Bogenschütze hier sagt, daß er keinen Grund sieht, sich unserer Streitmacht gegen Sir Hugh anzuschließen, da sein Prinzip …«
»Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem ändern zu«, warf Dafydd ein. »Nicht, daß ich Euch nicht auf jeden Fall den Sieg wünschte. Aber es ist nicht meine Angelegenheit.«
»Ebenso«, fuhr Brian fort, »ist der Herr Wolf hier der Meinung, die Sache mit Mylady und mir gehe ihn nichts an, und er hat mich daran erinnert, daß sein Versprechen, sich uns anzuschließen, sich nur auf Auseinandersetzungen mit Sandmerkern erstreckte.«
»Oh.«
»Daher«, sagte Brian fröhlich, »ist es klar, daß wir beide, Ihr und ich, allein gegen Sir Hugh und seine Männer stehen. Aus diesem Grunde sollten wir die Köpfe zusammenstecken, denn wir werden all unseren Witz brauchen.«
»Na, da hast du es, Gorbash«, sagte Aragh mit grimmiger Befriedigung. »Das kommt davon, wenn man sich für einen Menschen hält. Nur ein Mensch kann auf den Gedanken kommen, eine Burg voll Feinde einnehmen zu wollen, wenn man nur zu zweit und die Burg so gebaut ist, daß sie einer ganzen Armee widerstehen könnte.«
»Es ist sicherlich nicht vernünftig, Sir Brian!« warf Danielle ein, die neben Aragh stand und ihn hinter den Ohren kraulte. »Das müßt Ihr zugeben!«
»Vernünftig oder nicht«, faßte Brian zusammen, und seine Kinnmuskeln spannten sich, »Mylady ist gefangen, und ich werde sie befreien.
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