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Drachenritter 02 - Der Drachenritter

Drachenritter 02 - Der Drachenritter

Titel: Drachenritter 02 - Der Drachenritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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Malvinnes Burg befand.
    Es war später Nachmittag; und obwohl daran nichts verwunderlich war, da er nachrechnen konnte, wieviel Zeit er in Melusines Bett und mit der Erkundung des Sees verbracht hatte, so fand er die späte Tageszeit dennoch verwirrend. Unwillkürlich hatte er erwartet, etwa zur gleichen Tageszeit aus dem See herauszukommen, zu der er in ihn hineingeraten war – das heißt, zur Mittagszeit.
    Kurz gesagt, er hatte wider besseres Wissen das Gefühl, die Zeit sei stillgestanden, solange er sich unter Wasser aufgehalten hatte. Tatsächlich wußte er ganz genau, daß er mindestens zwei Tage verloren hatte, einen bei Melusine und einen bei Sorpil und Maigra. Eigentlich war es gar nicht weit bis zu dem Ort, wo er sich von Giles, der nach Amboise hatte weiterreiten wollen, getrennt hatte. Mittlerweile war Giles bestimmt dort eingetroffen und wartete in einem Gasthof. Allerdings war es bereits so spät, daß es Schwierigkeiten geben könnte.
    Sir Raoul hatte ihnen einiges über Amboise erzählt; auf jeden Fall wußte Jim, daß die Stadt von einer Mauer umgeben war. Dies galt für die meisten mittelalterlichen Städte. Für gewöhnlich war die Mauer nichts weiter als eine hohe Palisade, welche die wichtigen Teile der Stadt vollständig umschloß; davor lagen vereinzelte Wohngebäude.
    Die Mauern dienten nicht allein der Verteidigung. Ihre Aufgabe war es auch, die Menschen in der Stadt zu halten und den Zugang zu überwachen. Die Tore wurden bei Sonnenuntergang geschlossen; und das bedeutete, daß jeder, der sich hinausstehlen wollte, ohne von den Wachen bemerkt zu werden, bis zum Morgen eingesperrt war.
    Desgleichen wurde jeder, der die Stadt betreten wollte und verdächtig erschien, von den Torwächtern festgenommen, entwaffnet und in die Stadt gebracht. Des weiteren ermöglichten es die Mauern den Behörden, Steuern auf Güter zu erheben, die in der Stadt verkauft werden sollten. Vom Standpunkt der Schatzkammer aus betrachtet war dies nicht nur vernünftig, sondern auch notwendig.
    Im Flug kam Jim viel schneller voran als Giles zu Pferd. Allerdings war es nicht mehr lang bis Sonnenuntergang, und wenn die Tore erst einmal verrammelt waren, wäre es unklug gewesen, wenn er versucht hätte hineinzukommen – entweder fliegend als Drache, aus Angst, jemand könnte ihn sehen, oder als Mensch, der die Wächter mittels Bestechung dazu zu bewegen versuchte, das Tor einen Moment zu öffnen oder ihm sonstwie den Eintritt zu erlauben –, und zwar einfach deshalb, weil sie sich an jeden erinnern würden, der unter solchen Umständen in die Stadt gekommen war.
    Wenn er nicht mehr rechtzeitig in die Stadt gelangen konnte, bevor die Tore geschlossen wurden, war es am vernünftigsten, wenn er die Nacht in Drachengestalt verbrachte. Später konnte er wieder Menschengestalt annehmen und sich unter die Leute mischen, die bei Tag die Stadt betraten oder verließen. Für diesen Fall hatte er sich bereits eine Geschichte zurechtgelegt. Für einen gemeinen Bewaffneten war er etwas zu gut gekleidet; aber er konnte sich als Ritter ausgeben, dessen Pferd einen Unfall gehabt hatte oder ihm unter dem Sattel gestorben war und dessen Gefolgsleute tags zuvor in die Stadt gekommen waren. Er konnte ihnen sogar Sir Giles Namen nennen, obwohl das wohl kaum nötig sein würde. Das und ein kleines Schmiergeld – ganz ohne Schmiergeld würde es nicht gehen – sollten eigentlich ausreichen, ohne größeren Ärger in die Stadt hineinzukommen.
    An einem Stadttor bezahlte man entweder Steuern oder Schmiergeld, wenn man überhaupt eingelassen wurde. Auf diese Weise würde er in die Stadt hineingelangen und bald darauf vergessen werden. Dann brauchte er bloß noch nach Giles zu suchen.
    Als er mit seinen Überlegungen soweit gediehen war, erwachte auf einmal seine Vorsicht. Er war der Straße nach Amboise nun schon eine ganze Weile gefolgt und hatte darauf vertraut, daß er vom Boden aus zu sehr einem Vogel ähneln würde, als daß man auf ihn aufmerksam werden würde.
    Nun aber sagte er sich, daß jeder, der ihn vom Boden aus genauer in Augenschein nahm, rasch dahinterkommen mußte, daß er kein Vogel war, sondern ein Drache. Vögel waren nichts Besonderes. Drachen hingegen schon. Da er kaum mehr damit rechnen konnte, die Stadttore von Amboise noch vor Sonnenuntergang zu erreichen, war es vielleicht ratsam, wieder zu landen, Menschengestalt anzunehmen und zu Fuß weiterzugehen, bis es Nacht wurde.
    Dann konnte er sich im Schutz der Dunkelheit

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