Drachenritter 02 - Der Drachenritter
noch nicht darauf geachtet; doch nun, da Aragh ihn darauf hingewiesen hatte, bestätigte sein geschärfter Geruchssinn, daß am Boden nichts Grünes zu riechen war. Alles andere hätte ihn auch gewundert, denn selbst am hellichten Tag würden die Bäume kaum Licht hindurchlassen.
»Ich rieche kurz vor uns einen größeren Flecken nackten Erdbodens«, fuhr Aragh im gleichen Flüsterton fort. »Am besten halten wir hier an und beraten, wie wir weiter vorgehen sollen – eigentlich bleibt uns auch gar keine andere Wahl, als hier anzuhalten.«
Jim hatte keine Ahnung, was Araghs letzte Bemerkung zu bedeuten hatte. Erleichtert darüber, mit seiner Drachensicht besser sehen zu können als zuvor, achtete er nun auf Dinge, die er bislang nicht bemerkt hatte, und nahm auf einmal den Atem seiner drei menschlichen Begleiter wahr.
Bis auf Dafydd, der den Abschluß bildete, atmeten sie schwer und unregelmäßig. Brian murmelte sogar halblaut vor sich hin. Mit ein wenig Anstrengung und unter Zuhilfenahme seines Drachengehörs konnte Jim ihn sogar verstehen.
Brian fluchte in einem fort.
»… Tod und Teufel, verdammt noch mal…« Auf einmal brach Brian ab, und man vernahm das Geräusch reißenden Stoffs. Offenbar war Brian gegen einen der scharfen Äste gestoßen.
Das fast lautlose Fluchen ging weiter. Giles und Dafydd, die hinter Brian gingen, waren jedoch still – bei Giles hatte man sogar den Eindruck, er hielte den Atem an. Auf einmal verspürte Jim eine beklemmende Sorge um seine Gefährten.
Abermals wandte er sich flüsternd an Aragh.
»Wie weit ist es noch bis zu der Stelle?« fragte er.
»Wir sind gleich da. Was ist denn mit Eurer Nase los, James?« wisperte Aragh spöttisch. »Seit einer Weile schnüffelt Ihr wie ein Drache. Erzählt mir nicht, Ihr könntet es nicht selbst erschnuppern.«
Jim schnüffelte. Klar, vor ihm roch es stark nach Erde, nach nackter Erde; ein Geruch, der dem des Weges glich, dem sie im Moment folgten, der aber etwas feuchter und strenger war.
Kurz darauf hatten sie die Stelle erreicht und bildeten einen Kreis, und zumindest Brian nahm die Gelegenheit wahr, einmal Atem zu schöpfen. Jim hörte, daß Giles es ihm nachtat. Er atmete schwer und wirkte ziemlich erschöpft. Dafydd atmete immer noch gleichmäßig; Aragh schien überhaupt nicht Luft zu holen, so geräuschlos atmete er ein und aus.
Einen Moment lang meinte Jim, sie hätten bereits die Stelle erreicht, wo sie sich mit dem Wesen treffen sollten, das jetzt halb Mensch, halb Kröte war und ehedem im Dienste von Sir Raouls Vater gestanden hatte. Allerdings hatten sie diesen Ort allzu leicht erreicht. Sir Raoul hatte ihnen gesagt, auf der rechten Seite des Weges gäbe es einen Durchschlupf, der zu einer Stelle führe, die ihnen ausreichend Platz böte, um nebeneinander anstatt hintereinander zu stehen. Sie aber waren ohne abzubiegen zu dieser kleinen Lichtung gelangt.
Im Licht des Vollmonds und dank seines geschärften Drachenblicks machte Jim sogar noch mindestens drei weitere dunkle, annähernd kreisförmige Öffnungen aus, die Eingänge zu weiteren Wegen darstellten. Offenbar befanden sie sich auf einer Art Kreuzung innerhalb des Labyrinths. Wie sollten sie herausfinden, welcher der Eingänge sie zur Burg führen würde anstatt nur noch tiefer in den Wald hinein?
Jetzt, im vollen Mondschein, konnte er Brian, Giles und Dafydd ausgiebig in Augenschein nehmen. Alle drei wiesen Verletzungen durch die scharfen, dornenartigen Ecken der Bäume auf. Dafydd hatte die wenigsten Kratzer an Gesicht und Händen. Brian fluchte unaufhörlich halblaut vor sich hin. Giles gab keinen Laut von sich, aber von Gesicht und Händen tropfte buchstäblich Blut.
»Giles!« sagte Jim und trat auf ihn zu. »Was ist denn mit Euch passiert?«
»Ich sehe im Dunkeln nicht so gut,« antwortete Giles in leicht abweisendem Ton. »Das liegt seit Generationen in meiner Familie. Kümmert Euch nicht darum.«
Auch Brian hatte sich ihm mittlerweile zugewendet.
»Giles!« rief er bestürzt aus. »Mann, Ihr seht ja aus, als hättet Ihr mit dem König der Katzen gekämpft! Wieso hat es Euch so schlimm erwischt, während wir bloß…«
Er zögerte kurz; dann fuhr er fort.
»…leichte Kratzer abbekommen haben?«
»Wie ich James eben sagte«, erklärte Giles in nach wie vor abweisendem Ton, »leidet meine ganze Familie unter einer Art Nachtblindheit. Ich habe geglaubt, das würde kein großes Problem darstellen, und das tut es auch nicht. Ich habe bloß ein paar
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