Drachenritter 02 - Der Drachenritter
Bogenschützen.«
»Mylords, das waren alles Bogenschützen!« warf Luke heftig ein. »Das kann ich beschwören.«
»Dann bringt Ihr Eure Seele in Gefahr«, erwiderte Wat ruhig, ohne den anderen anzusehen. »Man kann einen beliebigen Mann hinstellen und ihm einen Stab in die Hand drücken, doch es bedarf einer jahrelangen Ausbildung, bis ihm die richtige Haltung gelingt. Für mich, der ich ein Bogenschütze bin und seit jeher mit anderen Bogenschützen zusammenlebe, war deutlich zu erkennen, daß mehr als zwei Drittel der Männer keine richtigen Bogenschützen waren.«
»Selbst wenn Ihr recht habt – doch, Dafydd, ich glaube, daß er einen Bogenschützen von einem Bewaffneten unterscheiden kann«, fiel Brian sich selbst ins Wort, als er sah, daß Dafydd gegen das Wörtchen wenn Einwände erheben wollte. »Gleichwohl waren die Linien der Bogenschützen weit entfernt, wie konntet Ihr da solch geringe Unterschiede in ihrer Haltung erkennen?«
»Ich konnte es«, sagte Wat, »und ich tat es. Bei allem Respekt, Sir Brian, wenn Ihr daran gewöhnt wärt, über eine Pfeilspitze hinweg auf ein dreihundert Yards weit entferntes Ziel zu blicken, dann würdet Ihr auf eine solche Entfernung auch kleine Unterschiede wahrnehmen. Ich erkläre entschieden, daß die Engländer höchstens über zweitausend Bogenschützen verfügen und daß die übrigen Männer die Franzosen lediglich einschüchtern sollen.«
»Es mag schon sein, daß sich einige wenige Franzosen davon werden einschüchtern lassen«, meinte aufgebracht Sir Raoul, »aber glaubt Ihr wirklich, sie ließen sich dadurch davon abhalten, zum gegebenen Zeitpunkt anzugreifen? Und wenn sie erst einmal dicht herangekommen sind, werden sie dann die Täuschung nicht bemerken und um so wütender angreifen?«
»Davon bin ich überzeugt, Sir Raoul«, sagte Wat, »und eben darin besteht der Vorteil für die Engländer, wenn sich beiderseits der Diagonalformation auch nur fünfhundert Bogenschützen liegend im Gras oder hinter Hecken verstecken. Wenn die Franzosen dahinterkommen, daß man sie getäuscht hat, und sie daraufhin um so stürmischer angreifen, wird sich ihre Linie ungewöhnlich weit auseinanderziehen, und die schnelleren Pferde werden die langsameren hinter sich lassen. In dem Moment werden sich die auf beiden Seiten versteckten Schützen aufrichten und schießen; und wenn sie mit der ersten Salve nicht schon die Hälfte der französischen Pferde erledigen, bevor auch nur ein einziger Franzose den ersten falschen Bogenschützen erreicht hat, um ihn niederzuhauen, fresse ich meinen Bogen und den Köcher obendrein!«
»Selbst wenn sie die Hälfte der Berittenen beim ersten Angriff erledigen sollten, was würde das schon ausmachen?« entgegnete Sir Raoul geradezu wütend. »Weiter hinten gibt es noch fünfmal so viele Franzosen, die bloß darauf warten, ihren Platz einzunehmen.«
»Ich finde, der Vorteil liegt auf der Hand«, sagte Jim. Da er bis jetzt geschwiegen hatte, sahen alle ihn an. »Ein solch unerwarteter Umschwung und die Aussicht, daß womöglich noch weitere Fallen auf die Angreifer warten, könnten bewirken, daß die Franzosen und vielleicht sogar König Jean außer sich geraten. Und Ihr wißt ja selbst, Sir Raoul, daß Eure Landsleute nur einen Gedanken im Kopf haben, wenn sie in Rage geraten, nämlich so rasch wie möglich an den Gegner heranzukommen. Das bedeutet, daß der Schlachtplan der Franzosen der allgemeinen Verwirrung anheimfallen würde und Makulatur wäre.«
Sir Raoul funkelte Jim an, öffnete den Mund und klappte ihn dann wieder zu, ohne etwas gesagt zu haben. Bevor sie sich in die Haare geraten konnten, kam jedoch Tom Seiver auf sie zugerannt.
»Mylords, ein großer Trupp Ritter nähert sich uns! Sie reiten in geschlossener Formation; und wenn ich mich nicht irre, führen sie das königliche Leoparden- und Lilienbanner mit sich!«
»Das muß der französische König sein!« rief Sir Giles freudig aus. »Dann kommt er also doch!«
Sämtliche Bewaffneten waren bereits auf den Beinen, und die Ritter stürmten zu den Pferden.
»Nicht, nicht!« Jims Befehl ließ sie innehalten. »Wir sollten noch abwarten, bis sie ihre Position eingenommen haben. Bleibt alle in Deckung der Bäume. Euer Hoheit, der Zeitpunkt ist gekommen, da ich mit Euch etwas besprechen muß. Würdet Ihr ein Stück mit mir beiseite treten?«
»Ganz wie Ihr wünscht, Sir James«, antwortete der Prinz.
»Gesellt Euch bitte ebenfalls zu uns, Sir Giles«, sagte Jim.
Der Prinz
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