Drachenritter 02 - Der Drachenritter
klarstellen. Eher könnt Ihr mir anstelle des Grafen von Cumberland den Kopf abschneiden, als daß ich meinen Leuten befehle, eine noch längst nicht entschiedene Schlacht verlorenzugeben.«
»In diesem Fall«, sagte der Prinz, »bleibt mir keine Wahl. Ein Pferd für mich! Ein Pferd! Ho!«
Der nächste Berittene saß ab und führte sein Pferd zum Prinzen, vor dem er auf ein Knie niederfiel und ihm die Zügel reichte. Der Prinz nahm die Zügel und schwang sich in den Sattel.
»Ihr laßt mir keine andere Wahl, Cousin«, sagte der Prinz zu König Jean. »Eine ganze Weile schon habe ich den Eindruck, als stünde die Schlacht ausgeglichen. Vielleicht wendet sich das Blatt zugunsten der Engländer, wenn ich aufs Schlachtfeld hinausreite. Und hinausreiten werde ich – dann werdet Ihr Franzosen schon sehen, ob Euch dieser Tag wohlgesonnen ist!«
Er blickte sich über die Schulter nach den Berittenen um.
»Folgt mir!« rief er, zog sein Schwert aus der Scheide, hob es hoch in die Luft und wandte sein Pferd zum Schlachtfeld um.
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»Wartet!« rief König Jean. Sein Gesichtsausdruck hatte sich zwar nicht verändert, gleichwohl aber meinte Jim, der dicht bei ihm stand, einen schwach glänzenden Schweißfilm auf der königlichen Stirn auszumachen. »Wartet, junger Cousin! Euer Wunsch, die Engländer zum Sieg zu führen, gereicht Euch zur Ehre. Aber überlegt doch einen Moment. Auf beiden Seiten gibt es tapfere Ritter, die sterben werden, wenn Ihr Euer Ansinnen durchführt; denn die Engländer und die Franzosen werden sicherlich todesmutig kämpfen, wenn Sie Euch mitten im Getümmel sehen…«
Die Tatsache, daß der Graf die gleichen Argumente gegenüber dem König angeführt hatte, hinderten diesen offenbar nicht daran, sie nun dem Prinzen gegenüber zu gebrauchen.
»Überlegt doch nur, Cousin«, fuhr König Jean fort. »Es ist bereits so manches schiefgelaufen heute. Wir wollen doch nicht den Fehler machen, Irrtum auf Irrtum zu häufen. Wir sollten unbedingt miteinander reden. Wenn ich Euch damit davon abhalten kann, aufs Schlachtfeld zu reiten, bin ich bereit, nicht nur über die Kapitulation der Engländer zu sprechen, sondern auch über die eventuelle Kapitulation der Franzosen – wenngleich es sich dabei lediglich um einen Diskussionsvorschlag handelt, Ihr versteht.«
»Hoheit?« fragte hoffnungsvoll der Graf von Cumberland.
Der Prinz verharrte einen Moment lang reglos auf seinem Pferd, offenbar in Gedanken versunken. Dann sah er den Grafen direkt an.
»Mylord«, sagte er, »Ihr kennt Euch in diesen Dingen besser aus. Würdet Ihr mir raten zu warten, damit Ihr noch ein Weilchen mit dem König verhandeln könnt?«
»Das würde ich, Euer Hoheit«, antwortete rasch der Graf. »Ich rate Euch dringend dazu. Ich erkenne nichts Unehrenhaftes darin; und dabei denke ich an den Wert, den Ihr nicht nur jetzt für England habt, sondern auch in Zukunft haben werdet.«
»Die Angst um mein Leben kann mich nicht davor zurückhalten, aufs Schlachtfeld hinauszureiten!« grollte der Prinz.
»Nein, nein, das würde sie gewiß nicht, Euer Hoheit«, meinte hastig der Graf. »Dennoch rate ich Euch dringend, weitere Gespräche mit Seiner Majestät von Frankreich zu führen.«
Edward schwang sich aus dem Sattel.
»Also gut«, sagte er, »ich werde Eurem Rat folgen. So verhandelt denn weiter. Ich werde genau zuhören.«
Er gesellte sich zum Grafen und zum König.
Jim, der ebenfalls den Verhandlungen lauschte, stellte fest, daß diese nun eine ganz neue Wendung nahmen. Es wurde sogleich deutlich, daß jetzt sowohl der Graf wie der König bemüht waren, eine Art Patt herbeizuführen, bei dem es keine Verlierer gäbe. Die Schwierigkeit bestand darin, eine angemessene Sprachregelung zu finden, da dergleichen Unterredungen zur Polarisierung neigten, wobei die eine Seite die Sieger- und die andere die Verliererrolle einnahm.
Es sah ganz so aus, als ob sich die schwierige Aufgabe, mit der Carolinus Jim betraut hatte, von selbst erledigen würde. Das kam unerwartet, denn Jim hatte sich bis jetzt unablässig den Kopf darüber zerbrochen, welche Auswirkungen es gehabt hätte, wenn der junge Prinz die Engländer gegen die etwa gleiche Anzahl von Franzosen ins Feld geführt hätte. Die Engländer hätten dadurch, daß sich der Prinz eindeutig zu ihnen bekannte, natürlich neuen Mut geschöpft. Und die Franzosen hätte es unweigerlich schwer enttäuscht, wenn sie auf den Vorteil, den der angeblich auf die französische Seite
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