Drachenritter 02 - Der Drachenritter
wissen sollte«, erklärte Secoh in zuvorkommend leisem Ton, »doch dann dachte ich, er weiß es vielleicht noch nicht. Deshalb bin ich gleich hergekommen.«
Er wandte sich unmittelbar an Jim.
»James«, setzte er abermals an, »beabsichtigt Ihr wirklich, zusammen mit diesen Menschen nach Frankreich in den Krieg zu ziehen?«
»Das stimmt, Secoh«, antwortete Jim. »Sir Brian und ich bereiten uns gerade darauf vor, wie Ihr beim Einfliegen bemerkt haben dürftet.«
»Deshalb also das ganze Herumgerenne vor den Mauern«, sagte Secoh. »Das hätte ich mir gleich denken können. Was ich Euch nun fragen wollte, James: Gedenkt Ihr, in Frankreich für längere Zeit Drachengestalt anzunehmen? Wie wir Drachen nämlich gehört haben, könnt Ihr Euch jederzeit in einen von uns verwandeln.«
»Vorgehabt habe ich es eigentlich nicht«, meinte Jim bedächtig, »aber nötig werden könnte es schon. Weshalb fragt Ihr?«
»Nun, in dieser Beziehung gibt es ein paar Regeln und Einschränkungen«, sagte Secoh. »Ich weiß, die meisten Menschen glauben, wir Drachen hielten nicht auf Ordnung und Disziplin; mit einigen Dingen aber nehmen wir es recht genau. Wenn Ihr nun vorhabt, in Frankreich als Drache aufzutreten, sei es auch nur für kurze Zeit – oder zumindest solange, daß die einheimischen Drachen merken, daß sich ein fremder Drache in ihrer Nähe aufhält –, so gibt es einiges zu bedenken.«
»Zum Beispiel was?« fragte Sir Brian herausfordernd.
»Nun… gewisse Dinge eben… Sir Brian«, sagte Secoh. Er blickte Jim beinahe reumütig an. »Zum einen, James, könnt Ihr nicht einfach als irgendein hergelaufener Drache auftreten, als Drache ohne Anhang. So etwas gibt es nicht; es sei denn, Ihr wärt ein böser Drache, wie Bryagh einer war. Daher müßt Ihr einer unserer Gemeinschaften angehören.«
»Das habe ich nicht gewußt«, entgegnete Jim.
»Doch, das müßt Ihr«, meinte Secoh ernsthaft, »es bleibt Euch keine andere Wahl. Da Ihr schon einmal im Körper eines unserer einheimischen Drachen wart und da Ihr auf dem Gebiet der Klippendrachen lebt, gehört Ihr auch dieser Gemeinschaft an, wann immer Ihr Euch in einen Drachen verwandelt – ob es Euch nun gefällt oder nicht.«
»Ich verstehe«, sagte Jim.
»So ist es«, meinte Secoh. »Natürlich würde ich… würden wir uns freuen, wenn Ihr einer von uns Sumpfdrachen wärt. Doch abgesehen von der Tatsache, daß Ihr… äh, dafür wirklich zu groß seid … würden es die Regeln nicht zulassen. Ein Klippendrache wart Ihr beim erstenmal. Daher werdet Ihr fortan immer ein Klippendrache sein, auch wenn aus Euch ein noch so großer Magier oder Zauberer werden sollte, und ganz gleich, wohin Ihr geht. Wenn Ihr wollt, kann Euch die Revisionsabteilung das bestätigen.«
»Nicht nötig«, entgegnete Jim. »Ich verlasse mich da ganz auf Euch. Ich habe nicht den geringsten Anlaß, Euch zu mißtrauen, Secoh.«
»Ich danke Euch, Mylord«, sagte Secoh. »Eure Zugehörigkeit zu den Klippendrachen wird von großer Wichtigkeit sein, wenn Ihr Euch in Frankreich aufhaltet, denn damit habt Ihr eine Identität, eine Heimat. Wie ich bereits sagte, seid Ihr nicht bloß irgendein hergelaufener Drache – ein ausgestoßener Drache –, sondern ein respektables Mitglied einer Drachengemeinde. Daher werdet Ihr nur dann in Frankreich als Drache sicher sein, wenn Eure Gemeinde Eurem Aufenthalt zuvor zugestimmt hat. Mit einem Wort, Ihr braucht einen Paß.«
»Was, zum Teufel, ist denn ein Paß?« wollte Sir Brian wissen.
»Eine Reiseerlaubnis, Sir Brian«, antwortete Secoh. »Darunter ist die Bestätigung zu verstehen, daß Sir James… Lord James, meine ich… die Erlaubnis unserer Gemeinde hat, nach Frankreich zu reisen, und daß die Gemeinde als Ganzes für die Dauer seines dortigen Aufenthalts für sein gutes Betragen bürgt.«
»Was wäre denn unter schlechtem Betragen zu verstehen?« fragte Jim.
»Nun,« meinte Secoh, »zum Beispiel, wenn Ihr Euch auf irgend etwas einlassen würdet, das die dortigen Drachen in Schwierigkeiten brächte, und Ihr dann wegfliegen und die Drachen in der Patsche sitzen lassen würdet.«
»Ich verstehe«, sagte Jim. »Und wie sieht ein solcher Paß nun aus?«
»Das ist es ja gerade«, sagte Secoh. »Euer Paß müßte den wertvollsten Juwel aus dem Schatz eines jeden Drachen der Gemeinde beinhalten.«
Einen Moment lang herrschte Stille im Palas. Da Jim lange genug Drache gewesen war, um begriffen zu haben, was selbst das kleinste Schmuckstück eines
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