Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
Harimore - du erinnerst dich an ihn?«
»Oh«, sagte Angie, »du meinst den Ritter, der sich erboten hat, mich von der Falkenjagd zurückzugeleiten? Warum sollen die beiden sich denn nicht unterhalten?«
»Solange sie sich nur unterhalten, habe ich nichts dagegen«, sagte Jim. »Aber sie können einander nicht ausstehen, und ich glaube, sie sind es langsam beide ein wenig müde, darauf zu warten, daß einer der anderen Gäste mit ihnen Streit sucht; daher scheint Sir Harimore zu Brian hinübergegangen zu sein, und am Ende könnten sie sich zu einem kleinen Schwertkampf zurückziehen - in gegenseitigem Einvernehmen.«
»Aber warum sollten sie das tun?« fragte Angie. »Ich dachte, sie fieberten schon dem letzten Tag der Festlichkeiten entgegen, an dem sie einander im Turnier begegnen werden.«
»Nun, das stimmt wahrscheinlich auch«, sagte Jim, »aber das ist nicht alles. Unter der Oberfläche brodelt es schon die ganze Zeit. Du weißt ja, daß Brian darauf angewiesen ist, Turniere zu gewinnen, um von den Preisen seine Burg Smythe zu unterhalten? Nun, Sir Harimore lebt in angenehmen finanziellen Verhältnissen und braucht sich keine Gedanken über sein Einkommen zu machen, aber er weiß, daß Brian am Rand der Armut lebt. Sie haben jeder zwei von vier Turnieren gewonnen, in denen sie gegeneinander geritten sind; und man kann fast sicher sein, daß einer von ihnen diesmal den Preis gewinnen wird.«
»Dann sollte es besser Brian sein«, sagte Angie. »Er wird in Kürze eine Menge Geld brauchen, hat Geronde mir erzählt - sie will allerdings nicht sagen, wozu.«
»Er braucht ständig eine Menge Geld«, sagte Jim. »Aber wie auch immer. Sir Harimore weiß es, und er ist einer von diesen Leuten, die fest entschlossen sind, besser zu sein als alle anderen - du erinnerst dich doch sicher an die Invasion der Seeschlangen. Sir John Chandos war damals bei uns in der Burg, als im Hof, wie es schien, ganz plötzlich ein Kampf losbrach?«
»Ja«. sagte Angie.
»Nun, wie du dich gewiß erinnerst, stellte sich später heraus, daß die Männer nur zur Übung gekämpft haben«, fuhr Jim fort.
»Ich erinnere mich«, bestätigte Angie. »Aber was hat das mit dieser Sache zu tun?«
»Nun, du weißt sicher noch, daß Chandos Brian die größten Komplimente gemacht hat, indem er ihn zu den besten Schwertern rechnete.«
»Das stimmt«, sagte Angie. »Jetzt erinnere ich mich wieder. Ich habe mich natürlich sehr für Brian gefreut und Geronde auch...«
»Nun, genau darum geht es«, sagte Jim. »Die Sache hat sich herumgesprochen und ist auch Sir Harimore zu Ohren gekommen; und er kann den Gedanken einfach nicht ertragen, daß irgendwelche Leute Brian für einen besseren Kämpfer halten als ihn. Deshalb fürchte ich, daß diese scheinbar harmlose Unterredung zwischen den beiden Männern in dem übereinstimmenden Entschluß enden könnte, sich hinauszustehlen, um die Angelegenheit gleich jetzt mit dem Schwert zu regeln.«
»Aber«, meinte Angie, »sie würden einander doch nicht töten? Nicht, solange sie in der Burg Gäste sind, oder?«
»Nein«, sagte Jim. »Natürlich nicht. Das wäre eine Verletzung der Gastfreundschaft des Grafen. Aber ich fürchte, Harimore könnte die Sache den ganzen Abend lang geplant haben. Vielleicht hat er bisher nur so getan, als tränke er, so daß er Brian verwunden könnte - nicht schwer genug, um ihn von dem Turnier fernzuhalten, aber doch genug, um ihn zu beeinträchtigen.«
»Hm...«, meinte Angie nachdenklich. »Vielleicht solltest du dem Grafen Bescheid sagen...«
Jim schüttelte den Kopf.
»Nein. Das wäre undenkbar«, entgegnete er. »Es würde den Grafen nur in Verlegenheit stürzen und mir die tödliche Feindschaft Sir Harimores eintragen. Aber du hast recht. Ich muß sie irgendwie aufhalten ...«
Plötzlich hellte sich seine Miene auf.
»Angie!« sagte er. »Hast du Papier und die Schere bei dir, die unser Schmied für dich gemacht hat?«
Angie trug, wie einige der anderen Frauen, an einem Ziergürtel um ihre Taille einen Gürtel, und darin befand sich unter anderem immer ein Stück gefaltetes, in Frankreich gefertigtes Papier und einige der Kohlestückchen, die sie benutzten, um einander Nachrichten zu schreiben. Die Schere diente unter anderem dazu, ein Stückchen Papier abzuschneiden, auf das man schreiben konnte.
»Bring die Sachen mit«, sagte Jim, während er sich erhob, »und komm mit mir. Ich glaube, ich weiß jetzt, wie ich sie aufhalten kann.«
Beide traten von dem
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