Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
schwarzer Rüstung herreiten, das Horn an die Lippen setzen, es von selbst erklingen lassen und dann still sitzen bleiben, bis andere Dinge angekündigt werden. Dann, wenn ich es dir sage, drehst du dich um und reitest zu dem Ritter zurück und verschwindest hinter einem Zelt, aus dem ihr beide gekommen seid. Meinst du, du könntest das machen?«
»Ich will's gern versuchen, Mylord«, sagte Ned, der nun leicht stotterte - aber wohl eher vor Aufregung als wegen irgendwelcher Zweifel an seiner Fähigkeit, die Aufgabe erfolgreich auszuführen.
»Hm, gut«, sagte Jim. »Ich verlasse mich also auf dich. Ich werde in Kürze aufbrechen, komme aber im Laufe des Tages zurück, um dich zu holen und in die Burg des Grafen von Somerset zu bringen. Dort werden wir ein Schauspiel aufführen, in dem du eine Rolle übernehmen sollst.«
»Ich, Mylord?« fragte Ned.
»Ja, du«, brummte Tom.
»Also, halte dich in der Nähe der Hundezwinger, wo ich dich schnell holen lassen kann, wenn ich das nächste Mal wiederkomme«, sagte Jim.
»Er wird dort sein«, sagte Tom. »In den Zwingern gibt es reichlich zu tun, mehr als genug, um ihn für den Rest des Tages zu beschäftigen.«
»Sehr gut«, erwiderte Tom. »Dann sehe ich dich also später, Ned. Und Euch möchte ich danken, daß Ihr mir geholfen habt, Tom.«
»Es war mir eine Ehre, Mylord«, sagte Tom.
Die beiden gingen davon. Jim erhob sich und trat in die Anrichtestube. Zwischen zwei Mahlzeiten fand er den Raum verlassen - ein glücklicher Umstand. Jim ging zum Kamin hinüber, in dem winters wie sommers ein Feuer brannte und rief den Schornstein hinauf.
»Kob-Eins!« Jim bekam keine Antwort. Einen Augenblick später versuchte er es noch einmal.
»Kob-Eins!« rief er wieder, schärfer diesmal. »Kob, ich weiß, daß du da bist. Hier ist dein Herr. Komm sofort herunter.«
Kobs Gesicht lugte verkehrt herum unter dem Kaminsims hervor ins Zimmer.
»Seid Ihr wirklich allein, Mylord?« fragte er.
»Siehst du hier irgend jemanden außer mir?« fragte Jim ein wenig gereizter als beabsichtigt. »Kob-Eins, wenn ich dich rufe, kommst du. Du weißt, bei mir hast du nichts zu befürchten, ganz gleich, ob nun jemand bei mir ist oder nicht.«
Kob-Eins sprang aus dem Kamin und schwebte in sitzender Position auf einem Rauchwölkchen, das plötzlich beschlossen hatte, sich an eine Stelle vor dem Kamin zu begeben.
»Es tut mir sehr leid, Mylord«, sagte er. »Bitte, verzeiht mir. Wenn man ein ganzes Leben lang vorsichtig sein mußte ... Aber ich werde von jetzt an immer sofort herunterkommen, Mylord. Ihr könnt auf mich zählen.«
»Das ist gut«, sagte Jim. »Denn genau das habe ich auch vor. Ich werde jetzt Secoh herbeiholen, und dann werden wir uns auf den Weg machen, um eine Reihe anderer, größerer Drachen zu besuchen.«
»Andere Drachen!« Kob-Eins sprang auf Jims Schulter, schlang ihm die Arme um den Hals und hielt ihn so fest, daß es Jim schwerfiel weiterzusprechen.
»Immer mit der Ruhe, Kob-Eins«, sagte er. »Vergiß nicht, wer du bist und wo du bist. Du bist Kob-Eins de Malencontri, und du befindest dich auf Malencontri selbst.«
Kobs Griff lockerte sich.
»Das ist richtig«, sagte er mit einer hübschen Mischung aus Furchtsamkeit und Ehrfurcht.
Jim stellte sich Secoh auf dem Boden vor ihm vor. Einen Augenblick lang kostete ihn diese Unternehmung eine gewisse Anstrengung - und dann stand Secoh plötzlich mit erschrockenem Gesichtsausdruck vor ihm. Der erschrockene Gesichtsausdruck schwand, als er Jim erkannte.
»Mylord.« Secoh setzte sich hin und versuchte nach Kräften, eine menschliche Verbeugung nachzuahmen. »Wie bin ich hierher gekommen?«
»Ich habe Euch geholt - mit Magie«, sagte Jim.
»Magie?« fragte Secoh.
»Magie!« Kob-Eins klammerte sich wieder fester an Jims Hals. Er hatte sich hinter Jims Kopf geduckt, so daß sein Herr nun zwischen ihm und Secoh stand. »Ist Secoh da?« flüsterte er Jim ins Ohr.
»Das weißt du doch«, sagte Jim. »Jetzt kommst du auf meine andere Schulter, und wir werden mit ihm reden.«
»Oh, Mylord«, sagte Kob-Eins zitternd. »Das kann ich nicht«, flüsterte er Jim dann wiederum ins Ohr. »Ich habe mich bisher immer außerhalb seiner Reichweite gehalten. Er ist jetzt so nahe. Ich wage es nicht...«
»Doch, du wagst es«, sagte Jim entschieden. »Vergiß nicht, daß ich bei dir bin. Du hältst dich sogar an mir fest. Du hast nichts zu befürchten.«
Es entstand eine kurze Pause, dann spürte Jim, wie Kob sich millimeterweise um
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