Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
ihrer Rückkehr nicht mehr in seiner Nähe zu dulden oder sonst etwas mit ihr zu tun haben zu wollen. Auf diese Weise erlag er dem Irrtum, sie sei ein Wechselbalg, obwohl das nicht der Fall war.«
»Ein kecker Ritter, dieser Lehrling, den Ihr da habt, Magier«, bemerkte der Bischof mit grimmiger Miene zu Carolinus.
»Nichtsdestoweniger, Mylord«, sagte Carolinus, »kann ich nicht umhin, seine Meinung zu teilen. Ergeht es Euch anders?«
»Ich werde darüber nachdenken«, erwiderte der Bischof. »Jedenfalls haben wir immer noch den Troll in unseren Händen. Wollen wir uns zumindest seiner entledigen, wie es sich gehört.«
Der Graf hatte sich wieder aufrecht hingesetzt und wirkte plötzlich nicht mehr gar so alt wie noch vor einigen Minuten. Er plusterte sich wieder auf und erhob zornig die Stimme.
»Meine Bewaffneten zu mir!« rief er.
Die Tür öffnete sich, und fünf seiner bewaffneten Gefolgsleute stürzten mit gezückten Schwertern ins Zimmer.
»Mylord?« fragte der erste, der nicht nur der älteste war, sondern offensichtlich auch der Anführer zu sein schien.
Der Graf zeigte auf Mnrogar.
»Führt ihn hinaus«, befahl er. »Tötet ihn! Und versichert Euch, daß er auch wirklich tot ist!«
»Nein!« kreischte Agatha Falon.
Sie sprang auf, lief durchs Zimmer und fiel vor dem Tisch des Grafen auf die Knie.
»Mylord, ich flehe Euch an«, rief sie, »im Namen der himmlischen Barmherzigkeit...«
»Hinaus! Hinaus!« fuhr der Graf die Bewaffneten an. Sein Gesicht war rot angelaufen, und er sah plötzlich sehr erregt aus. Die Bewaffneten eilten sich, seinem Befehl Folge zu leisten.
»Im Namen des Mitleids, das unser Herr Jesus uns befohlen hat!« flehte Agatha. »Laßt ihn leben! Ihr und Eure Familie schuldet ihm über viele Jahrhunderte hinweg mehr, als Euch je bewußt war! Ihr habt Euch so daran gewöhnt, daß Eure Wälder nur so strotzen von Wild und frei sind von jedweden Nachtgefahren, daß Ihr vielleicht vergessen habt, wie es ist, wenn Trolle kommen und eben diese Eure Wälder durchstreifen, um die schönsten Böcke und andere Tiere zu jagen und manchmal sogar Menschen aufzulauern. Er hat nie Menschen gejagt. Verschont ihn, Mylord! Ich, Agatha Falon, liege hier vor Euch auf den Knien und flehe Euch an, ihn zu verschonen. Laßt ihn leben, und Ihr werdet es nicht bedauern. Euer Land wird frei bleiben von Nachttrollen und anderen schauerlichen Geschöpfen, die vielleicht sogar Menschen auflauern würden. Aus Furcht vor Mnrogar halten sich all diese Kreaturen von hier fern. Ihr würdet Euch einen schlechten Dienst erweisen, ihn zu töten, Mylord, und Ihr würdet mir das Herz brechen!«
»Lady Agatha, das... das ist nicht ziemlich...«
Stotternd erhob sich der Graf so schnell, daß er seinen Stuhl umwarf. Dann eilte er um den Tisch herum, umfaßte ihre beiden Hände mit den seinen und zog sie auf die Füße.
»Ihr dürft nicht so vor mir knien«, sagte er. »Das dürft Ihr nicht. Vielleicht habt Ihr recht. Vielleicht hat er uns mehr genutzt als geschadet/Dennoch, es gibt Dinge, von denen Ihr keine Kenntnis habt, Dinge, die mit den Grundfesten dieser Burg selbst zu tun haben...«
»Was auch immer diese anderen Dinge sind, vielleicht ist Mnrogar jetzt bereit, sie zu sehen, wie Ihr sie seht, Mylord«, entgegnete sie. Ihre Stimme wurde weicher und ein wenig heiser, während sie näher an ihn herantrat. »Wenn Ihr meine Anwesenheit als Gast hier noch ein wenig länger dulden wollt, könnten sich vielleicht alle Dinge zwischen ihm und Eurer Lordschaft regeln lassen. Er ist einsam und unglücklich, das weiß ich, und wenn ich zumindest noch ein klein wenig länger hierbleiben dürfte, könnte ich hinuntergehen und ihn ab und zu besuchen ...«
Sie wandte sich an Mnrogar.
»Möchtest du gern, daß ich gelegentlich auf eine Stunde zu dir herunterkomme, Großvater?« sagte sie zu ihm.
Mnrogar starrte sie an.
»Ja«, sagte er.
Nun wandte Agatha sich wieder an den Grafen.
»Wollt Ihr dann Gnade und Barmherzigkeit walten lassen, Mylord?« fragte sie. »Und Euch gleichzeitig mit Mnrogar versöhnen? Und ich ... ich selbst...«
Ihre Stimme wurde noch leiser und noch heiserer.
»... ich selbst würde Euch genauso ungern wie ihn und diese Burg verlassen, Mylord.«
Der Graf räusperte sich vernehmlich. »Vernünftiger Vorschlag! Warum nicht? Er müßte sich natürlich gut benehmen, wenn wir ihn von diesen Eisen befreien ...«
»Oh, Mylord«, sagte Agatha, »ich bin mir sicher, daß er Euch keinen Grund zur Sorge
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