Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
irgendwie helfen könne. Also habe ich gesagt, es wäre nett, wenn wir die Tribünen hier hätten. Dann hat er die Hand bewegt, und einen Augenblick später standen die Tribünen genau hier an dieser Stelle.«
»Ich weiß nicht, was er im Schilde führt«, sagte Jim. »Aber ich wette, irgend etwas hat er vor. Und das gefällt mir nicht.«
Er zupfte an seinem braunen Gewand, das er über dicken Kleidungsstücken und einer leichten Rüstung trug; es war sein Kostüm für die Rolle des Josef. Im Grunde hatte es mehr Ähnlichkeit mit einem Mönchsgewand als mit etwas, das man zu biblischen Zeiten getragen hätte. Aber man konnte darauf trauen, daß das Publikum in puncto Kostüm und Kulisse sehr tolerant sein würde.
Jim hatte Angie mit einem kleinen Trupp Bewaffneter vorausgeschickt und war gerade erst nachgekommen. Die Bewaffneten waren jetzt überall auf der Lichtung postiert und schienen nicht gerade begeistert davon zu sein, da sich mittlerweile herumgesprochen hatte, daß die Burg von Trollen umstellt war.
Jim warf einen Blick auf die Tribünen; im Augenblick waren sie noch leer. Unter den männlichen Gästen war es zu einem Disput gekommen, ob die Damen überhaupt hinausgehen sollten.
Schließlich hatten die Damen entschieden, selbst darüber zu befinden, ob sie hinausgehen wollten oder nicht, und es war ihnen auch gelungen, dem Grafen ihren Standpunkt aufzudrängen. Sie würden sich nicht um ein Vergnügen bringen, nur weil die Herren nicht die Mühe auf sich nehmen wollten, sie im Notfall zu beschützen. Sie würden sich selbst beschützen, und es war nicht eine unter ihnen, die nicht mit einem Stilett oder einem Dolch bewaffnet gewesen wäre, den sie um die Taille trugen, auch wenn sie ihn entweder mit einer Schärpe bedeckt oder zwischen zwei Falten ihrer Röcke verborgen hielten.
Geronde, die an vorderster Front der Frauen stand, die entschlossen waren, sich das Stück nicht entgehen zu lassen, hatte für einen gewissen Aufruhr gesorgt, weil sie darauf bestand, eine Saufeder bei sich zu tragen. Dennoch gab es durchaus Stimmen, die meinten, sie triebe ihre Vorstellungen von Freiheit ein wenig zu weit, vor allem für eine unverheiratete Frau.
Schließlich hatte man sich auf einen Kompromiß geeinigt; ein Bewaffneter sollte die Saufeder für sie tragen, sich aber jederzeit bereithalten, ihr die Waffe im Falle einer Gefahr sofort auszuhändigen. Überdies besaß sie ein sehr gefährlich aussehendes Messer, das in einer Scheide an ihrer Taille steckte. Aber ihre ganze Zuneigung galt der Saufeder. Sie war leicht und handlich, und die „Kreuzstange, mit der das Wildschwein davon abgehalten werden sollte, den Träger der Waffe anzugreifen, würde auch jeden Troll fernhalten, der versuchte, sich ihr auf weniger als Armeslänge zu nähern.
»Wir müssen uns den Dialog natürlich während der Aufführung ausdenken«, sagte Tim jetzt zu Angie. »Glücklicherweise sind nur wir beide an der Sache beteiligt.«
»Ja, das ist das Gute daran«, antwortete Angie. »Aber ich habe mir folgendes überlegt. Ich will den Leuten zu Anfang die ganze Geschichte erzählen, damit sie wissen, was auf sie zukommt. Ihre Überraschung bekommen sie dann später, wenn wir den Grafen und einige andere herkommen lassen, damit sie entdecken, daß in der Krippe ein richtiges Baby liegt.«
»Außerdem werden sie sicher überrascht sein, wenn die Drachen aus dem Wald kommen und Josef erschrecken«, meinte Jim. »Darauf freue ich mich schon. Und natürlich werde ich für den kleinen Robert sprechen. Es wird vielleicht ein wenig schrill und seltsam klingen, aber die Stimme wird aus der Krippe kommen, wo die Leute ihn nicht sehen können, und ich glaube kaum, daß irgend jemand Fragen stellen wird. Die Leute werden einfach denken, das Ganze sei Magie, bis die Drachen auftauchen. Dabei fällt mir noch etwas ein«, fuhr er fort. »Ich sollte jetzt wohl besser mit Secoh reden und dafür sorgen, daß er und die anderen wissen, was genau sie dann tun sollen. Also vergiß nicht, Angie, deine Aufgabe ist es, Sir Harimore und andere Ritter auf den Tribünen davon abzuhalten, mit gezückten Waffen herunterzustürzen, wenn sie die Drachen sehen. Du mußt ihnen klarmachen, daß die Drachen nicht hier sind, um irgend jemandem Schaden zuzufügen.«
»Da habe ich mir schon etwas zurechtgelegt«, antwortete Angie. »Ich werde ihnen erzählen, daß es eine unsichtbare Wand zwischen ihnen und dem Bühnenbereich gibt, und daß nichts diese Wand durchdringen
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