Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
mehr geben wird, wenn Ihr ihn frei laßt. Nicht wahr, Großvater?«
Mnrogar zögerte merklich, bevor er antwortete.
»Nein«, sagte er endlich. Aber Agatha blickte zu dem Prinzen auf, der immer noch am Tisch saß; irgendwann war er aus seinem Schlummer erwacht und harte die Vorgänge mit Interesse beobachtet.
»Königliche Hoheit«, sagte sie, »wenn ich hier bleibe, bedeutet das natürlich, daß ich nicht mit Euch nach London zurückkehren kann. So leid es mir tut, nicht zu all meinen Freunden am königlichen Hof heimkehren zu können. Aber ich habe das Gefühl, daß hier eine Pflicht meiner harrt. Vielleicht werdet Ihr mich Eurem Vater empfehlen und sagen, daß ich ihn zwar eines Tages gern wiedersehen würde, daß dies aber in Gottes Hand liegt.«
»Wahrhaftig«, antwortete der Prinz frohgemut, »es wird mir das größte Vergnügen sein, meinem Vater Eure Nachricht zu überbringen.«
»Und was Euch betrifft, Exzellenz«, sagte Agatha an den Bischof gewandt, ohne indes die Hände des Grafen loszulassen, »seid Ihr jetzt davon überzeugt, daß ich kein böses Geschöpf bin, daß ich nichts als reines menschliches Christenblut in meinen Adern habe?«
»Tochter«, sagte der Bischof gestreng. »Könnt Ihr das Gebet des Herrn sprechen?«
»Wenn Euer Lordschaft es wünschen«, erwiderte Agatha. Pater noster qui es in coelis, sanctifietur nomen...«
Sie sprach das lateinische Vaterunser, um das der Bischof sie gebeten hatte, bis zum Ende.
»Nun, nun«, sagte der Bischof mit schroffer Stimme, »es kommt kein Rauch aus Euren Ohren und Nasenlöchern. Vielleicht seid Ihr in dieser Hinsicht tatsächlich unschuldig, mein Kind. Nichtsdestoweniger schlagt Ihr vor, hier von Zeit zu Zeit ein Geschöpf zu besuchen, das gewiß nicht gottgefällig ist. Seid Ihr Euch sicher, daß bei Euren Besuchen nichts geschehen wird, womit Ihr Eure unsterbliche Seele gefährdet?«
»Gewiß nicht, Euer Gnaden«, antwortete Agatha mit engelsgleicher Miene. »Bei meiner unsterblichen Seele, ich werde nur von Zeit zu Zeit zu ihm gehen und mit ihm sprechen, damit er nicht allzu einsam ist. Denn die Einsamen sind es, die in dieser Welt viel Unruhe verursachen, und oft kann schon ein kleines Gespräch die Dinge für sie erträglicher machen.«
»Wenn es so ist, wie Ihr sagt«, meinte der Bischof, »dann sehe ich keinen Grund - mit anderen Worten, ich kann, wo es sich um ein Geschöpf wie dieses handelt, solchen Unternehmungen natürlich kaum meinen Segen geben, aber ich entnehme Euren Worten, daß Ihr glaubt, eine Tat der Barmherzigkeit zu tun, und das ist natürlich immer empfehlenswert.«
In diesem Augenblick ertönte von der Tür ein verzweifeltes Kratzen, dem ein richtiggehendes Klopfen folgte.
»Herein!« brüllte der Graf.
Der ältere Bewaffnete von vorhin trat gerade weit genug durch die kaum geöffnete Tür, um sichtbar zu werden.
»Ich bitte um Vergebung, daß ich Euch störe, Mylord«, sagte er, »aber wir haben gerade eine Nachricht erhalten. Die Burg ist von Trollen in den nahen Wäldern umstellt. Der Wächter auf dem hohen Turm hat nicht wenige von ihnen zu sehen bekommen.«
»Trolle!« riefen der Graf, der Bischof und der Kaplan des Bischofs alle wie aus einem Mund. Mnrogar sagte nichts, aber seine Augen glitzerten.
»Überdies, Mylord«, erklärte der Bewaffnete mit einem vernehmlichen Schlucken, »sagt der Ausguck, er sei beinahe sicher, auch mehrere Drachen gesehen zu haben, die dort draußen landeten...«
»Drachen!« fauchte Mnrogar. Alle anderen starrten ihn an. »Auf meinem Land?«
»Wenn irgendwelche Drachen hier sein sollten«, mischte Jim sich hastig ein, »werde ich gewiß mit ihnen fertig. Wie weit haben sich diese Trolle den Berichten zufolge bereits der Burg genähert?«
»Der Wächter hat sie nur wenige Sekunden lang gesehen, Mylord, als sie durch die gerodeten Bereiche zwischen den Bäumen gingen, meistens nur einen, manchmal aber auch zwei gleichzeitig«, sagte der Bewaffnete. »Sie müßten eine halbe Meile entfernt sein, vielleicht aber auch noch ein wenig weiter.«
»Das dachte ich mir«, sagte Jim. »Sie werden es nicht übermäßig eilig haben, noch näher zu kommen.« Er sah Angie an. »Aber wie dem auch sei, Lady Angela, wir sollten die Aufführung, die wir geplant hatten, vielleicht ein wenig verschieben.«
»Nehmt mir diese Dinger ab«, fauchte Mnrogar und hob die Ketten hoch. »Laßt mich hinausgehen. Da draußen sind zwei, die mich wollen - sie sollen ihren Kampf haben. Die übrigen sind
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