Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
an dem Festmahl teilnehme.«
»Ja, wirklich«, entgegnete Brian, »man würde Euch an der hohen Tafel vermissen.«
»Nicht, wenn man zu wissen glaubte, warum ich fehle«, sagte Jim. »Und deshalb möchte ich Euch um Hilfe bitten, Brian.«
»Ich helfe nur allzu gern«, sagte Brian entschieden.
»Wartet besser, bis Ihr gehört habt, was ich vorschlagen will«, sagte Jim. »Seht Ihr, ich muß mich nur weit genug in den Wald hineinbegeben, um nicht mehr von der bischöflichen Segnung der Burg betroffen zu sein. Im Grunde genommen müßte es genügen, wenn ich die Burg verlasse und mich auf den Turnierplatz begebe. Aber wenn ich so weit fortginge und mich plötzlich in einen Drachen verwandelte oder einfach verschwände, könnte mich einer von den Wachposten der Burg entdecken, und es würde Gerede darüber geben, warum ich das Festmahl verlassen habe - vor allern am Weihnachtstag. Besser gehe ich in den Wald. Aber das ist nicht das Hauptproblem. Ich muß eine Entschuldigung finden, die es mir ermöglicht, das Festmahl zu verlassen. Es muß ein Grund sein, der mich lange genug vom Rittersaal fernhält, um nach Malencontri zu fliegen und Secoh zu finden oder mich vielleicht auf magischem Wege dorthin zu begeben, so wie Carolinus es tut. Ich habe eine Idee, wie sich das anstellen ließe, aber dazu brauchte ich Eure Hilfe, Brian.«
»Ihr könnt in jeder Hinsicht auf mich zählen«, versicherte ihm Brian. »Also, wie sieht Euer Plan aus, James?«
»Nun ja«, sagte Jim, »ich möchte, daß Ihr etwas für mich tut - nicht sofort, aber, sagen wir, etwa zur Halbzeit des Banketts, nachdem die ersten zwei oder drei Gänge aufgetragen worden sind. Ihr und Geronde werdet doch zusammensitzen?«
»Das ließe sich einrichten«, erwiderte Brian vorsichtig. »Normalerweise freut sich Geronde, die während der übrigen Zeit des Jahres so wenige andere Damen zu sehen bekommt, bei einigen von ihnen zu sitzen. Und ich gestehe bereitwillig, daß ich die Gespräche von Tischgefährten zu schätzen weiß, die ebenfalls Edelmänner sind und die Neigung haben, von Dingen zu sprechen, an denen ein Ritter Gefallen finden könnte.«
»Nun«, sagte Jim, »es ist im Grunde nicht wichtig, daß Geronde neben Euch sitzt. Sie sollte nur nahe genug sein, um Euch im Auge zu haben. Nachdem Ihr, sagen wir, den dritten Gang verzehrt habt, möchte ich, daß Ihr so tut, als wäre Euch schlecht geworden - ich meine, als fühltet Ihr Euch plötzlich krank ...«
»Krank?« fragte Brian. In der von Rivalität beherrschten Welt der Ritterschaft des vierzehnten Jahrhunderts gab niemand zu, verletzt oder krank zu sein, es sei denn, der Grund dazu war offenkundig und die Verletzung oder die Krankheit überwältigend.
»Oh«, fügte Jim hastig hinzu, »Ihr müßt nur irgendwie stöhnen und von Eurer Bank fallen, als hättet Ihr -hm«, er suchte nach dem bestmöglichen Wort, »einen Ohnmachtsanfall erlitten.«
»Oh?« Brian dachte angestrengt nach. »Ich soll in eine Ohnmacht sinken, wie? Als hätte ich eine Vision gehabt oder so etwas?«
»Das ist es!« rief Jim. »Ihr fallt von Eurer Bank und versinkt in eine plötzliche Ohnmacht oder tut sonst etwas, das alle Augen auf Euch lenken wird. Dann möchte ich, daß Geronde an Eure Seite eilt, und wenn Angie sich nicht bereits ebenfalls von der hohen Tafel zu Euch auf den Weg gemacht hat, soll Geronde sie holen - und ich hätte eine Ausrede, ebenfalls zu Euch hinunterzugehen. Dann können wir alle vier den Rittersaal verlassen, wobei uns vielleicht einige Diener helfen, Euch zu tragen oder zumindest zu stützen.«
»Wir sollen das Weihnachtsbankett vorzeitig verlassen?« fragte Brian ungläubig.
»Ich weiß, es ist viel verlangt, Brian«, sagte Jim. Einmal mehr blickte er auf sein wenig hilfreiches, nacktes Handgelenk. Angie konnte jeden Augenblick auftauchen. So wie es ihm bei seinen besten Plänen stets erging, war es durchaus möglich, daß sie ausgerechnet diesmal zu früh auftauchte. Er wollte zuerst Brians Einverständnis gewinnen und dann Angie ins Vertrauen ziehen und dafür sorgen, daß Brian das Ganze später Geronde erzählte. Aber er wollte nicht, daß Angie Brians Ohnmachtsanfall für etwas anderes als reine Verstellung hielt — sonst konnte ihre Reaktion seinen schönen Plan über den Haufen werfen.
»Wenn ich erst fort bin«, sprach er nun weiter, »könnt Ihr und Geronde natürlich zum Bankett zurückkehren. Ihr sagt einfach, der Zwischenfall sei wohl auf etwas zurückzuführen, das Ihr vor
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