Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
machen«, sagte er. »Die ganze Angelegenheit wird uns ohnehin aus den Händen genommen werden. Angie, ich habe gerade alles Notwendige in die Wege geleitet, damit die versammelten Magier dieser Welt uns in unser zwanzigstes Jahrhundert zurückschicken können. Daher werden wir in Kürze wieder dort sein. Wie gefällt dir das?«
Angie starrte ihn an, und ihr Gesicht wurde weiß. Sie starrte ihn so lange an, bis Jim sich leicht unbehaglich fühlte. Schließlich fand sie ihre Stimme wieder.
»Aber wir können jetzt unmöglich weg«, sagte sie. »Wahrscheinlich achtzehn oder zwanzig Jahre lang nicht!«
16
Die mittelalterliche Welt, in der er sich befand - und nach allem, was er wußte, auch das Universum, das sie umschlossen hielt - geriet um Jim herum ins Wanken.
»Achtzehn bis zwanzig ...«, sagte er benommen.
»Nun, vielleicht auch nur acht - oder sechs. Wir müssen sicher sein, daß du zu Roberts Vormund bestellt wirst, und wir müssen Zeit genug haben, um ihn großzuziehen, bis er alt genug ist, um ihn Leuten zu übergeben, die in diese Zeit gehören«, meinte Angie. »Sagen wir, für eine absehbare Zeit. Wir könnten ihn natürlich auch mit ins zwanzigste Jahrhundert nehmen...«
Jim war sich keineswegs sicher, ob das gestattet sein würde. Möglicherweise würde es ganz und gar nicht gestattet sein. Aber Angie sprach weiter.
»... Aber nein. Wir können jetzt unmöglich zurückkehren«, sagte sie. »Das ist undenkbar!«
»Undenkbar«, wiederholte Jim mit stierem Blick. Angie stand von ihrem Sessel auf und setzte sich schwungvoll auf seinen Schoß, bevor sie ihm die Arme um den Hals schlang.
»Liegt dir denn so viel daran, Jim?« fragte sie und zog ihn fester an sich.
»Ich habe nicht geahnt, daß es dir soviel bedeutet. Ich dachte, es würde dir hier sehr gut gefallen, und du wolltest bloß um meinetwillen nach Hause zurückkehren.«
»Nun, so war es auch«, murmelte Jim, der zu betroffen war, um nicht die Wahrheit zu sagen.
»Das war schrecklich lieb von dir«, sagte Angie. »Und es sieht dir mal wieder ähnlich. Natürlich hätte mir klar sein müssen, daß du es ausgerechnet jetzt tun würdest. Aber verstehst du denn nicht, wir müssen wenigstens warten, bis wir die Vormundschaft haben; und selbst danach müssen wir immer noch achtgeben, daß Robert im Leben Fuß faßt. Es erscheint mir nicht richtig, ihn als Kind zweier armer Akademiker ins zwanzigste Jahrhundert zu bringen, während er hier reich sein würde.«
»Da hast du wahrscheinlich recht«, sagte Jim mit einigem Unbehagen.
Aber Angie sprach weiter.
»...Du weißt ja, wie viele Babys und Kleinkinder hier sterben«, sagte sie. »Es gibt so viele Dinge, die es ihnen unmöglich machen können, das Erwachsenenalter zu erreichen. Robert ist so ein zerbrechlicher kleiner Bursche. Wenn du ihn in den Armen gehalten hättest, wie ich es getan habe, wüßtest du, daß wir ihn nicht einfach dieser grausamen Welt ausliefern können. Niemand würde sich darum kümmern, ob er lebt oder stirbt. Es gibt Leute wie Agatha, denen es durchaus recht wäre, ihn vom Antlitz der Erde verschwinden zu sehen. Hinzu kommen noch all die Kinderkrankheiten - von denen wir beide mehr wissen als irgend jemand sonst hier - und die Gedankenlosigkeit der Menschen um ihn herum. Selbst die Diener, die für ihn sorgen sollen, würden ihn vernachlässigen, vielleicht sogar seine eigene Amme. Und selbst wenn die Amme ihn liebt wie das junge Mädchen, das sich im Augenblick um ihn kümmert, könnte ihre Unwissenheit verhindern, daß Robert überhaupt erwachsen wird. Verstehst du das nicht, Jim?«
»Doch«, sagte Jim. »Ich verstehe.«
»Sag das nicht so«, bedrängte ihn Angie. »Es wird uns beiden gefallen, weißt du. Wir werden sehr glücklich sein, den kleinen Jungen einige Jahre lang heranwachsen zu sehen. Bist du nicht auch meiner Meinung?«
»Wahrscheinlich schon«, sagte Jim ausweichend.
Tatsächlich blieb ihm kaum etwas anderes übrig, als ihrer Meinung zu sein. Erstens wußte er, daß er ungeachtet seiner gegenwärtigen Gefühle am Ende tun würde, was Angie wollte, einfach weil er sie glücklich wissen wollte. Zweitens fühlte er sich zwar im allgemeinen nicht sehr zu Babys hingezogen und hatte sich bisher nur sehr wenig um den Jungen im Nebenzimmer gekümmert, aber dennoch entsprach alles, was Angie gesagt hatte, vollkommen der Wahrheit. Was Kleinkinder betraf, war Robert tatsächlich ein recht ansprechender kleiner Kerl. Vor allem weinte er überraschend
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