Drachenritter 06 - Der Drache und der Dschinn
Leben zu kämpfen. Vielmehr schaute er so frohgemut drein, als freute er sich auf ein Picknick.
Diese Einstellung vor einem Kampf war typisch für Brian. Jim hatte ihn auch schon früher so erlebt; eigenartigerweise munterte ihn dies auf an diesem fremden Ort und unter diesen ungewohnten Bedingungen. Als sie die Rüstungen angelegt hatten, begaben sie sich ins Erdgeschoß.
Jim hatte bei seiner Ankunft in der Burg vom Erdgeschoß nicht viel gesehen, da man ihn sogleich nach oben geleitet hatte. Jetzt sah er, daß das Erdgeschoß von einem einzigen offenen Raum eingenommen wurde, der an einem Ende von etwa anderthalb Meter hohen Holzwänden unterteilt wurde, die notfalls als Pferdeboxen dienen konnten, wenngleich Jim sich dies nur schwer vorstellen konnte.
Im Moment waren die Boxen voller Dorfbewohner. Auf dem übrigen Raum drängten sich mindestens hundert Bewaffnete; Jim fand, sie wirkten ziemlich blaß, eingekeilt zwischen der sie drohend überragenden Gestalt ihres Herrn und dem unsichtbaren Feind vor dem Tor, der sich einen Weg ins Innere brannte.
»Sir James! Sir Brian!« brüllte Sir Mortimor, als er ihrer ansichtig wurde. Er brach die Unterhaltung ab, die er gerade geführt hatte, bahnte sich einen Weg zur Treppe und kam ihnen mit drei Schritten über jeweils zwei Stufen hinweg entgegen, ehe sie den Boden erreicht hatten.
»Schön, Euch zu sehen, Gentlemen!« sagte Sir Mortimor, dessen Stimme von den Wänden widerhallte. »Zumal jetzt, da der Feind wirklich lästig wird. Ich wüßte nicht, welche Ritter ich im Moment lieber um mich hätte als den berühmten Drachenritter, den Besieger von Ogern und menschlichen Bösewichtern, und Sir Brian, den besten Lanzenkämpfer von ganz England!«
Diese Äußerung war offenbar für die Allgemeinheit gedacht gewesen, und sie verfehlte ihre Wirkung nicht. Jim bemerkte, daß einige der zu ihnen hochblickenden Gesichter wieder etwas Farbe bekamen, während die Anspannung ein wenig nachließ.
»Zunächst aber ein Wort unter uns!« Sir Mortimor zwängte sich an ihnen vorbei und bedeutete ihnen, ihm auf das nächsthöhere Stockwerk zu folgen. Als sie außer Sichtweite der anderen waren, senkte er die Stimme zu einem Flüstern, damit von ihrer Unterhaltung nichts nach unten drang.
»Diesmal schickt Euch der Himmel, meine Herren«, sagte er. Sein Gesichtsausdruck und sein Gebaren hatten sich tiefgreifend verändert. Es war, als habe das Würfelspiel niemals stattgefunden und als sei Geld vollkommen bedeutungslos. Zu Jims Verwunderung stellte er die gleiche freudige Erregung zur Schau, wie Jim sie von Brian her kannte.
»So ist die Lage«, fuhr Sir Mortimor fort. »Meine Männer sind gute Kämpfer - es gibt keine besseren -, aber wie alle einfachen Leute verlieren sie in einer ungewohnten Lage gleich den Mut. Dann ähneln sie einer Herde Schafe. Sie wissen, daß die Angreifer in der Überzahl sind; und jetzt, wo diese sich durch das Außentor hindurchbrennen, fühlen sie sich hilflos - als bliebe ihnen nichts anderes übrig, als darauf zu warten, daß der Feind zu ihnen vordringt. Aber sie werden sich schon noch zusammenreißen und das Nötige tun, denn es ist noch keineswegs ausgemacht, daß die Burg tatsächlich eingenommen wird. Zunächst aber möchte ich Euch, Sir James, noch einmal fragen: Wärt Ihr bereit, mich bei der Verteidigung der Burg gegen reiche Belohnung mit Eurer Magie zu unterstützen?«
»Wie ich schon sagte, ist mir das nicht möglich«, entgegnete Jim. »Ich bedaure, Euch auch diesmal keine andere Antwort geben zu können, Sir Mortimor, aber mir sind die Hände gebunden.«
»Dafür habe ich volles Verständnis, Sir James«, sagte Sir Mortimor. »Eigentlich hatte ich auch nichts anderes erwartet. Wenn Ihr an unserer Seite kämpft, grenzt das allein schon an Magie. Bestimmt habt Ihr den Stimmungsumschwung dort unten wahrgenommen, als ich meine Freude über Euer Erscheinen kundgetan habe.«
»Wir werden Euren Erwartungen hoffentlich gerecht werden, Sir«, bemerkte Brian.
»Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel«, erwiderte Sir Mortimor. »Nun zur Lage. Ich möchte sie Euch in knappen Worten schildern. Beaupre hat mir unter vier Augen mitgeteilt, daß die Angreifer ein Dach über dem Feuer am Tor errichtet haben, so daß wenig Aussicht besteht, es vom Turm aus zu löschen. Das Dach ist zudem mit frischen Tierhäuten bedeckt, die selbst brennendem Öl standhalten - wenngleich es kaum Sinn machen würde, Öl auf die glühenden Kohlen zu
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