Drachenritter 07 - Der Drache und der Wuzelkönig
häufiger gesehen, in der Regel, wenn sie kurz vor einem Kampf auf Leben und Tod standen. Brian liebte im Gegensatz zu Jim den Kampf, und seine Vorfreude war immer deutlich sichtbar.
»Ihr geht besser mal«, sagte Jim noch während er Brian prüfend betrachtete. »Angie, du kannst alle drinnen unterbringen, nicht wahr?«
»Sicher. Kommt mit, Geronde. Brian…«
Angie führte Geronde und Brian in die Große Halle. Jim sah sich um und stellte fest, daß Theoluf – wie befohlen – bereits gegangen war. John Steward war allerdings noch da.
»John, ich fliege jetzt hoch zur Turmspitze, und du wartest hier, um den Ritter und alle, die er mit hereinbringt, zu empfangen. Laß nicht zu, daß einer unserer Leute ihn anruft oder herausfordert, wenn er seine Männer hereinführt. Denke nur daran, daß ich das letzte Mal, als ich lebend gesehen
wurde, ein Drache war.«
»O Mylord!« rief John und rang die Hände.
»Sei kein Idiot!« sagte Jim schärfer als beabsichtigt. »Mir wird nichts geschehen. Ich will nur, daß du ehrlich sagen kannst, daß du mich zuletzt als Drachen gesehen hast. Du sollst, falls nötig, darauf sogar einen heiligen Eid ablegen können. Tritt nun zurück.«
John zog sich hastig zurück. Mit einem donnernden Flügelschlag schwang sich Jim in die Luft und flog hoch zur Turmspitze, wo er mit einem dumpfen Geräusch landete. Der diensthabende Bewaffnete salutierte mit dem Speer.
»Wir bekommen in Kürze Gäste«, teilte Jim ihm mit. »Es besteht keine Notwendigkeit für einen Alarmruf. John Steward wird mit ihnen reden und niemand sonst. Sie gehören zur Truppe des Königs, und Theoluf weiß bereits, daß sie kommen.«
»Ja, M'lord. Ich verstehe.«
Jim ging die Treppen zur nächsten Etage hinab, wo er auf Geronde und Angie traf, die auf dem Weg zur Kemenate waren. Geronde trat schon hinein, während Angie vor der Tür zögerte. Jim teilte ihr nun mit, was er aus der Luft gesehen hatte.
»Diese Männer kommen also aus der Richtung von Burg Smythe?« Jim nickte. »Aber Brian und Geronde kamen von Burg Malvern, was in der anderen Richtung liegt«, fuhr Angie
fort. »Dann wissen sie wahrscheinlich von nichts.«
»Das glaube ich auch.«
»Du bist sehr besorgt darüber«, sagte Angie mit einem
fragenden Blick. »Warum?«
»Ich weiß es wirklich nicht. Da geht etwas vor, aber ich habe keine Ahnung, was. Brian benimmt sich nicht wie sonst, so glaube ich jedenfalls. Vielleicht täusche ich mich auch. Aber es ist immerhin möglich, daß seine Vorbehalte gegen die Steuern bis zum Hof vorgedrungen sind… und das könnte übel enden.«
»Ja«, sagte Angie nachdenklich. »Ich verstehe, warum du jetzt nicht hier bist.« Sie sah ihn entschlossen an. »Ich werde schon zurechtkommen, wenn John Steward nach mir schickt.«
Angie trat nach vorne, um Jim schnell zu umarmen, und wandte sich dann der Kemenate zu. »Geh jetzt zu Brian. Er ist bereits in Carolinus' Zimmer.«
»Warte mal.« Jim war plötzlich ein Gedanke gekommen. »Da ist noch etwas, über das ich mit dir reden will. Es geht um die Bediensteten.«
»Gut. Sobald wir Zeit haben.«
»Sobald wir Zeit haben«, echote Jim und ging.
In Gedanken noch bei der Umarmung, schritt Jim die Treppe hinab. Manchmal fragte er sich ernsthaft, ob Angie einen siebten Sinn hatte. Die Annahme, Brian könne in Gefahr sein, weil er sich öffentlich wenig schmeichelhaft über die königlichen Steuern geäußert hatte, weckte wieder die Angst, die Jim in letzter Zeit häufiger heimgesucht hatte. Er machte sich Sorgen um Angies und sein Überleben. Er hatte schon mehrere Jahre in dieser mittelalterlichen Welt zugebracht und fürchtete, irgendwann aufzufliegen.
Nur durch den Unglücksfall, der ihn und Angie hierhergebracht hatte, konnte er seine Gestalt in die eines Drachen verwandeln. Das gleiche Unglück hatte ihn mit magischer Energie aufgeladen und ihn zu einem Magier gemacht, ob er das nun wollte oder nicht. Er war ein Ritter und Baron, weil er Brian bei ihrem ersten Zusammentreffen angelogen hatte, um sich selbst zu schützen.
Er war nicht wirklich ein Magier, er nutzte nur das Wissen aus kommenden Jahrhunderten, um wie einer zu wirken. Er konnte nicht gut mit der Lanze umgehen, und mit dem Schwert verstand er nur deswegen ein wenig zu fechten, weil Brian ihn gut darin unterrichtet hatte. Die Verhaltensweisen dieser Zeit hatte er sich angeeignet, indem er die Menschen, die ihn umgaben, imitiert hatte.
Wenn er ehrlich war, mußte er zugeben, daß er eine glatte
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