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Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis

Titel: Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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sein Zuhause betrachten konnte, eine Stadt, die so schillernd, aber auch so uneinheitlich war, wo man an der Spanischen Treppe in die Erde eintauchte, und wenn man in derselben Stadt wieder ans Licht kam, plötzlich in einer ganz anderen Welt war.
    Ihr Bus war himmelblau lackiert und brummte wie ein alter Griesgram. Der Professor ließ ihr den Vortritt und folgte ihr durch den Gang. Sie fanden zwei leere Plätze nebeneinander, und er bestand darauf, dass sie den Fensterplatz bekam.
    » Ich kenne die Strecke in- und auswendig. Aber für dich ist sie neu. Da ist es nur recht, wenn du den Ausblick genießt«, meinte er ein wenig geheimnisvoll.
    Sofia wurde immer unruhiger: Warum fuhren sie denn nicht endlich los? Ihr wurde schon ganz übel von dem synthetischen Geruch, den ihr Sitzbezug verströmte. Irgendwann waren dann alle Fahrgäste eingestiegen, und der Bus setzte sich in Bewegung, zunächst eine ansteigende Straße hinauf, während Sofia mit den Augen gierig alles verschlang, was draußen an ihnen vorüberzog. Die Häuserreihen lichteten sich, und an ihre Stelle traten große Weinberge, mit Rebstöcken voller roter oder goldgelber Trauben. Der Anblick dieser sanft geschwungenen Hügellandschaft stimmte sie hoffnungsvoll. In einer solch romantischen Gegend musste ein Mann wie der Professor, der einer anderen Zeit zu entstammen schien, einfach eine Art Schloss bewohnen, stellte sie sich vor. Doch der Bus hielt nicht an, sondern fuhr weiter und weiter. Einen kurzen Moment sank Sofia auf ihrem Sitz in sich zusammen. Ohne den genauen Grund zu kennen, fühlte sie sich enttäuscht, ja fast hintergangen. Da erregte plötzlich etwas ihre Aufmerksamkeit. Ein tiefblaues Dreieck tat sich zwischen den Hügeln auf. Ein derart leuchtendes Blau hatte sie bislang nur auf Fotos vom Meer gesehen. Sie legte beide Hände an die Scheibe und drückte sich die Nase am Fenster platt, doch das Bild war schon wieder verschwunden.
    Doch schon eine Kurve später lag der Albaner See in seiner ganzen Pracht vor ihr. Er war nicht riesengroß und mit einem Blick konnte sie ihn ganz umfassen. Eingebettet zwischen den steilen Berghängen, wie Wasser in einem Becken, ruhte er zwischen dem Gelb und Rot der Bäume, die bald in tiefen Winterschlaf fallen würden. Hier und dort schimmerte das Grün vereinzelter Pinien, während sich dahinter das ungewöhnliche Profil eines Berges erhob, dessen Gipfel wie eingekerbt aussah.
    Bei jeder Kurve wandte Sofia den Kopf, um ihn nicht aus dem Blick zu verlieren, den still daliegenden See, die tiefblaue Wasseroberfläche, auf die schwache Strömungen ein feines Muster zeichneten. Hier und dort waren einige Boote zu sehen.
    » Früher ragte hier einmal ein Vulkan auf«, erklärte der Professor neben ihr.
    Sofia drehte sich zu ihm um und sah sein zufriedenes Lächeln. Offenbar hatte er gewusst, dass der Ort seine Wirkung auf Sofia nicht verfehlen würde.
    » Vor vielen tausend Jahren ist dieser Vulkan bei einem Ausbruch mit ungeheurer Gewalt explodiert und so entstand dieser See.«
    Sofia versuchte, sich vorzustellen, wie das damals vor sich gegangen sein mochte. Lava, Rauch, ein echtes Höllenspektakel.
    » Der Kegel flog in die Luft und an seiner Stelle bildete sich ein Krater. Viele Jahre gingen ins Land, Jahrhunderte, während derer sich der Krater mit Wasser füllte, zum Teil mit Regenwasser, zum Teil aus Flüssen, die sich dort ihren Weg bahnten. Und wo sich einmal der Vulkan erhob, breitete sich der See aus.«
    Sofia konnte sich richtig vorstellen, wie sich das Wasser durch das Gestein fraß und in den Kessel sickerte, und wie dann die Bäume, kleinen Bergsteigern ähnlich, die Hänge hinaufkletterten, indem sie sich mit den Wurzeln fest in der Erde verankerten und sie auf diese Weise zerbröselten, sodass nun auch Gras wachsen konnte. Nach und nach verschwand die Hölle und verwandelte sich in dieses grüne Paradies, das sie nun vor Augen hatte. Niemals, nicht im schönsten Traum, hätte sie gedacht, einmal in einer solch herrlichen Gegend leben zu dürfen.
    Der Bus folgte der Straße zum Seeufer hinunter, und als er endlich hielt, vergaß Sofia alle Benimmregeln, sprang die steilen Stufen vor der Bustür hinunter und rannte, während sich der Professor mit dem Gepäck abmühte, zum Wasser. Dort lag ein kleiner Strand mit auffallend dunkelgrauem Sand.
    » Siehst du, die Spuren des Vulkans sind immer noch sichtbar«, sagte der Professor, der neben sie getreten war.
    Erst jetzt, als sie seine Stimme hörte,

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