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Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis

Titel: Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Vor allem weil sich das herrschaftliche Anwesen, das sie erwartet hatte, nun als eine verlassene Villa irgendwo in der Wildnis entpuppte. Wie konnte man hier nur wohnen? Und plötzlich fragte sie sich wieder, was dieser Georg Schlafen wohl für ein Mensch war. Wer war er wirklich und warum hatte er sie zu sich nehmen wollen?
    » Herzlich willkommen«, sagte der Professor, der, über das ganze Gesicht lächelnd, neben ihr stand und offenbar nichts von ihrer Verstörung mitbekommen hatte.
    Zögernd trat Sofia vor. Aus der Nähe sah das Haus sogar noch schlimmer aus und die Risse in der Fassade waren deutlich zu erkennen. Neben der Tür war ein Messingknopf angebracht, der wohl eine Klingel sein sollte, und darunter ein Schild, auf dem auf Deutsch WILLKOMMEN stand, doch sie war nicht in der Stimmung, sich über diese Begrüßung zu freuen. Sie kam ihr viel mehr wie eine Verhöhnung vor.
    » Klingel ruhig«, forderte der Professor sie auf.
    Schüchtern streckte Sofia den Zeigefinger aus. Kaum hatte sie den Knopf gedrückt, ertönten mehrere Glocken, und ein Diener mit pomadigem Haar erschien auf der Schwelle, der sie von oben bis unten musterte. Er sah ebenso aus wie Professor Schlafen, wie ein Mann aus dem vorletzten Jahrhundert: Sein Kopf war kahl, doch er trug lange graue Koteletten, die fast bis zum Kinn reichten. Bekleidet war er mit einem tadellos sitzenden schwarzen Frack mit großen, glänzenden Knöpfen und einem Hemd, das so weiß war, dass es in den Augen wehtat. Um die Taille hatte er eine rote Schärpe gebunden. Er sah ziemlich lächerlich aus wie eine dieser Kellnerpuppen, die Restaurants manchmal am Eingang aufstellten.
    » Ein herzliches Willkommen, Fräulein Sofia«, begrüßte sie der Mann steif und mit starkem deutschen Akzent. » Und Ihnen natürlich auch«, fügte er mit einer Verbeugung, an den Professor gewandt, hinzu.
    » Schon gut, schon gut, Thomas«, antwortete dieser und winkte ab. » Nur herein, Sofia.«
    Schlafen war aufgeregt, wie Sofia an seiner Stimme hörte. Sanft schob er sie hinein, indem er ihr eine Hand auf die Schulter legte. Unwillkürlich versteifte sie sich, während der Diener zur Seite trat und den Blick auf eine große Diele freigab, die mit Teppichen ausgelegt und Stoffen behangen war. Massive Möbel aus verschnörkeltem Ebenholz nahmen fast den gesamten Raum ein, doch am eindrucksvollsten fand Sofia die vielen Drachen: als marmorne Statuen, auf Bildern, als Zierelemente – Professor Schlafen schien von Drachen geradezu besessen zu sein.
    » Darf ich die junge Dame hineinbegleiten?«, fragte der Diener beflissen.
    » Nein, danke, Thomas, heute übernehme ich das.«
    Der Professor schob Sofia zu der ersten Tür. Hinter ihr folgte eine lange Zimmerflucht voller Bücher. Auch hier waren die Böden mit überwiegend roten Teppichen ausgelegt und die Wände mit Stoffen verkleidet. Überall brannten Kerzen, vielleicht um das Fehlen einer elektrischen Beleuchtung auszugleichen, während in jedem Raum ein Kamin für behagliche Wärme sorgte. Das schummrige Licht wirkte bedrückend und zudem war die Raumaufteilung im Haus recht eigenwillig, nahezu chaotisch. Nur wenige Wände verliefen parallel, die Flure waren schmal und gewunden, und überall sorgten Spiegel dafür, dass sich jeder Raum wie ein Labyrinth unendlich vervielfachte. Die dunklen Möbel mit ihren barocken Formen trugen auch nicht zu einer Auflockerung der Atmosphäre bei. Und zudem erinnerte der beißende Kerzengeruch, der jeden Winkel erfüllte, Sofia an die weihrauchgesättigte Luft in der Kapelle des Waisenhauses, und ihr wurde fast schwindlig davon.
    » Das hier ist mein Arbeitszimmer. Morgen werde ich dir genau erklären, was du hier tun sollst. Ach, und hier ist der Musiksaal. Magst du Bach? Ich verehre ihn, seine Musik ist wahrhaft göttlich … Und hier nehmen wir unsere Mahlzeiten ein. Schön, nicht wahr? Und dies ist die Bibliothek, wie du siehst«, wurde der Professor nicht müde zu erklären.
    Sofia, die bis dahin nur nickend von einem Raum in den anderen getreten war, blieb nun stehen. Sie befanden sich in einem fünfeckigen Saal, dessen Wände vollständig bis unter die Decke mit Holzregalen verkleidet waren. In der Mitte jeder Bücherwand prangte ein kunstvoll geschnitzter hölzerner Drachenkopf. Sofia fühlte sich eingeschüchtert, aber gleichzeitig auch auf seltsame Art davon angezogen. Und dann erst die Bücher, Bücher aller Art in verschiedensten Formen und Farben: antike Folianten mit schweren

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