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Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis

Titel: Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Schwelle, die Haare zerzaust und die Augen klein, so als sei sie aus dem Schlaf hochgefahren. Mattias Körper sah, wie sie die Augen weit aufriss und dann den Mund öffnete, um loszuschreien. Doch bevor sie auch nur einen Laut von sich geben konnte, streckte er einen Arm aus, der sich auf der Stelle in einen stählernen Fortsatz verwandelte, dessen Ende sich zu einem Schlangenkopf mit aufgerissenem Maul verformte. Daraus schnellte eine spitze Stahlzunge hervor, stach die Frau und streckte sie zu Boden, wo sie leblos liegen blieb. Mattias Körper betrachtete sie gleichgültig, blickte dann auf und versuchte, mit den Flügeln zu schlagen. Es gelang ihm nicht, weil die Enden gegen die Wände stießen. So legte er sie gelassen wieder zusammen und trat zum Fenster, holte aus, schlug mit der Faust die Scheibe ein und kletterte auf das Fensterbrett. Dann sprang er.
    Niemand hörte ihn. Niemand sah ihn. Lautlos glitt er durch die tiefe Nacht, schwebte über den Dächern der Stadt. Nur hin und wieder holte er mit den Flügeln aus, um sich in der Luft zu halten, und es zischte sanft. Er überflog das Zentrum, dann das beleuchtete Band der Stadtautobahn, entfernte sich immer weiter, bis er die Felder des Umlandes erreichte. Endlich ging er hinunter, schwebte sanft zu Boden und setzte mit den nackten Füßen auf der vom Tau feuchten Erde auf. Ein paar Schritte lief er aus, um abzubremsen, ging dann in die Knie und stützte sich mit den Händen am Boden ab. Die Flügel falteten sich zusammen und verschwanden.
    Als er aufblickte, sah er im blassen Licht des Mondes Nida vor sich stehen, im kurzen Rock und der Lederjacke, die sie auch an dem Tag getragen hatte, als sie ihm erschienen war. Mit einem triumphierenden Lächeln schaute sie ihn an.
    » So sieht man sich wieder«, sagte sie, während sie auf ihn zutrat. » Jetzt gehörst du mir. Oder hast du geglaubt, Schönheit erlangen zu können, ohne einen Preis dafür zu bezahlen? Menschen wie du sind nichts anderes als Nutzvieh für uns. Ihr wart schon unsere Sklaven, als mein Herr und Meister noch auf dieser Erde wandelte. Denn dies ist eure Bestimmung.«
    Ihr Diener schwieg.
    Nida betrachtete ihn verächtlich. » Hörst du mich überhaupt? Verstehst du, was ich sage?«
    So als gehorche sein Körper einem Befehl, hob Mattia den Kopf und blickte seine Herrin aus feurig roten Augen an. » Ich will alles tun, was Ihr sagt«, antwortete er mit metallischer, roboterhafter Stimme.
    Nida nickte zufrieden. » Unsere Zeit ist nahe. Denn das Siegel, das unseren Herrn und Meister bannt, ist schwächer geworden. Seine Kräfte nehmen zu, seine Macht wächst, und damit auch die unsere. Noch aber ist das Siegel zu stark, als dass wir selbst aktiv werden könnten!« Mit grimmiger Miene blickte sie auf ihre zur Faust geballte Hand. » Deshalb brauchen wir Leute wie dich. Unser Herr hat die Gegenwart einer Schläferin wahrgenommen. Es handelt sich um ein junges Mädchen namens Sofia. Sie hat rotes Haar und trägt auf der Stirn das Mal ihrer Verdammnis. Soviel uns bekannt ist, lebt sie mit anderen Kindern zusammen, wahrscheinlich in einem Waisenhaus. Finde sie! Und töte sie!«
    Mattias Körper nickte mechanisch. Dann führte er eine Hand zum Herzen und Nida tat es ihm gleich.
    » Auf die Wiedererweckung unseres Herrn«, sprachen beide mit monotoner, kalter Stimme. Ein Rauschen setzte ein und schon schwang sich Mattia mit gespreizten Flügeln in die Lüfte.
    Nida sah ihm nach, während ein Lächeln ihre Lippen umspielte.
    Sofia holte aus und warf ein Steinchen in den See. Sie mochte es, allein draußen zu sein. Auch jetzt noch, nachdem sie das chaotische Treiben im Waisenhaus hinter sich gelassen hatte, liebte sie die Einsamkeit. Der See mit seinem klaren Wasser und seinem versunkenen Schweigen passte hervorragend zu dieser sanften Schwermut, die in ihr den Wunsch weckte, sich abzusondern.
    Zwei Wochen wohnte sie nun schon beim Professor und fühlte sich, ihren anfänglichen Bedenken zum Trotz, sehr wohl bei ihm, und das obwohl sein Haus so abgelegen lag und er selbst nicht gerade wenig von ihr verlangte.
    Die ersten Tage waren nicht so angenehm gewesen. Sie verbrachte viele Stunden in der Bibliothek und staubte Bücher ab. Fast alle trugen eigenartige Titel, die ihr völlig unbekannt waren: Der Gesang der Drachen; Der ewige Kampf; Die Herkunft des Weltenbaums.
    Dann bat sie der Professor immer öfter, Bücher auch zu sortieren und Abschnitte daraus abzuschreiben. In vielen ging es um fremde Welten,

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