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Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis

Titel: Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Aus dem Nichts war eine Wand aus Schlingpflanzen hervorgeschossen, und die Klinge versuchte, sie zu durchschneiden, aber ohne Erfolg.
    Ihre Handfläche war geöffnet, ihr Arm ausgestreckt zu dem undurchdringlichen Pflanzengestrüpp, das sich warm, fast heiß anfühlte. Das Mal auf ihrer Stirn pulsierte.
    Sofia konnte keinen klaren Gedanken fassen. Die Szene war einfach zu unglaublich, und sie hatte Angst, panische Angst. Wer war dieser Junge? Was wollte er von ihr? Wieso war er hinter ihr her?
    Als sie die Hand schloss, verschwanden die Lianen blitzartig, als hätte es sie niemals gegeben. Und schon blickte Sofia wieder in das ausdruckslose Gesicht des Jungen, der immer noch den furchterregenden Schlangenkopf zu ihr vorreckte.
    Sie rannte los, mit aller Kraft, die in ihren Beinen steckte, strauchelte, raffte sich wieder auf und lief weiter, getrieben von einem namenlosen Entsetzen. Links und rechts nahm sie immer wieder das Zischen der Metallzunge wahr, die wie eine Klinge in die Rinde der Bäume schnitt. Es war, als würde sie selbst verletzt. Bei jedem Hieb blieb ihr Herz einen Moment lang stehen, während sie spürte, dass ringsum der ganze Wald erbebte. Schließlich stürzte sie zu Boden und blieb entkräftet liegen. Schon schnellte die Zunge hervor und traf sie am Arm. Sofia schrie auf, während ein heißer Schmerz ihren Körper durchfuhr. Da sah sie, wie sich die Blätter der Bäume, unter denen sie lag, zu Krallen verformten und sich die Äste zu dem Angreifer ausstreckten. Sie schlangen sich um seine Flügel, wurden rasch mehr und mehr und hielten ihn wie in einem Spinnennetz gefangen.
    Entgeistert beobachtete Sofia die Szene, sah, wie die Flügel wütend auf und ab schlugen, in dem verzweifelten Versuch, freizukommen, während der Junge selbst immer noch keine Miene verzog. Er starrte sie nur aus seinen roten Augen an.
    » Hilfe, Hilfe!«, schrie sie unter Tränen, die heiß über ihre Wangen rannen.
    » Lauf, schnell! Dort hinüber!«
    Sie hatte keine Ahnung, wessen Stimme das war, aber sie gehorchte. Weinend sprang sie auf und lief, sich den verwundeten Arm haltend, auf das Haus zu, rannte und rannte, bis plötzlich jemand sie fest in die Arme nahm und an seine warme sichere Brust presste. Dann hörte sie ein dumpfes Vibrieren, das sie wieder auffahren ließ.
    » Schon gut, schon gut, keine Sorge, du bist in Sicherheit … Die Barriere ist aktiviert. Es ist überstanden.«
    Durch einen Tränenschleier erkannte Sofia das angespannte, aber lächelnde Gesicht des Professors. Da drückte sie sich an ihn und ließ ihren Tränen freien Lauf.

10
    Eine unglaubliche Geschichte

    In eine Decke gehüllt, eine Tasse heißen Tee in der Hand, saß Sofia da und zitterte immer noch vor Kälte.
    Auch ihr Arm schmerzte, aber Thomas hatte die Wunde schon versorgt, die nicht tief zu sein schien, dafür aber recht lang. Der Diener hatte sie zunächst gesäubert, dann ein Desinfektionsmittel darüber gestrichen – was fast schmerzhafter war als die Verletzung selbst – und schließlich einen Verband angelegt. All das, ohne ein Wort zu reden.
    Sofia fragte sich, ob der Professor wohl verärgert war, schließlich war sie ungehorsam gewesen, aber eigentlich kümmerte diese Sorge sie wenig. Denn all ihre Gedanken kreisten nur um das, was ihr im Wald zugestoßen war. Um den Jungen mit seinen schrecklichen roten Augen und Nidhoggr, diesen Namen, der ihr ebenso wenig aus dem Sinn ging wie der schreckliche Schlangenkopf.
    » Wie fühlst du dich?« Der Professor hatte sich zu ihr gesetzt und wirkte so ernst, wie sie ihn noch nie gesehen hatte.
    Sofia antwortete nicht, zitterte nur weiterhin am ganzen Leib.
    » Trink erst mal deinen Tee, der wird dir sicher guttun.«
    Das Mädchen führte die Tasse zum Mund, verschüttete dabei jedoch einen Teil der Flüssigkeit. Die Schauer, die ihr unablässig durch den Leib fuhren, waren zu stark.
    » Warte, ich helfe dir.« Der Professor ergriff die Tasse und führte sie vorsichtig an Sofias Mund. Sie legte den Kopf in den Nacken, ließ sich wie ein kleines Kind versorgen und genoss es, wie der heiße Tee die Kehle hinunterlief.
    » Keine Sorge, er ist fort«, flüsterte Professor Schlafen, » die Barriere kann er nicht überwinden, und ohnehin glaube ich nicht, dass er es so bald noch einmal versuchen wird. Du hast ihm einen Flügel beschädigt.«
    Sofia hatte die Augen geschlossen und das Bild des geflügelten Ungeheuers zeichnete sich bedrohlich vor ihr ab. » Was war das?«, fragte sie

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