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Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis

Titel: Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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hatte, tatsächlich glaubte, musste sie sich eingestehen, dass dieser nette Professor sie nicht aus dem Waisenhaus geholt hatte, weil er sie mochte, sondern nur weil er musste. Weil sie diese verfluchten Kräfte besitzen sollte. Und um ihm das heimzuzahlen, hüllte sie sich in hartnäckiges Schweigen.
    Der Professor seufzte. » Ich verstehe ja, dass du enttäuscht und bestürzt bist. Auch ich hätte mir gewünscht, dass es sich anders entwickelt. Aber leider haben sich die Ereignisse überstürzt und sind etwas außer Kontrolle geraten.«
    Sofia antwortete nicht und starrte nur auf die Plätzchen, die Thomas selbst buk. Bis gestern noch hatte es sie immer ein wenig gerührt, wenn diese Plätzchen morgens auf dem Tisch standen. Denn es war schon ein eigenartiger Gedanke, dass jemandem in diesem Haus so viel an ihr lag, dass er sich zum Frühstück schon diese Arbeit für sie machte.
    » Wie du meinst«, sagte der Professor jetzt. » Dann erwarte ich dich also in der Bibliothek. Heute gibt es besonders viel Neues für dich zu lernen.«
    » Ich komme nicht.«
    Der Professor fuhr herum. » Sofia, vielleicht hast du es noch nicht begriffen: Aber die Lage ist sehr ernst. Nidhoggrs Kräfte nehmen rasch zu, und du bist überhaupt noch nicht in der Lage, deine Fähigkeiten richtig einzusetzen. Versteh doch, du bist in Gefahr.«
    Sofia ballte die Fäuste. Sie wollte nicht nachgeben. » Heute nicht«, zischte sie. » Heute habe ich keine Lust.«
    Der Professor schwieg einen Augenblick. » Ich verstehe«, sagte er dann betrübt. » Vielleicht hast du recht und es ist einfach noch zu früh für dich. Und vielleicht ist es auch normal, dass du wütend auf mich bist.« Er stand auf und ging zur Tür. » Allerdings musst du wissen: Solange du noch nicht gelernt hast, dich zu verteidigen, kann ich dir leider nicht mehr erlauben, die Villa zu verlassen. Zwar ist das Haus von einer Schutzbarriere umgeben, sodass wir für die Augen der Feinde unsichtbar sind. Geschützt sind wir aber nur innerhalb des Hauses. Der See und alles andere außerhalb des Tores liegen offen. Dort bist du in Gefahr.«
    Sofia wurde immer wütender. Das ist Erpressung, dachte sie und hätte es dem Professor auch fast gesagt.
    Dieser schien zu ahnen, was ihr durch den Kopf ging. » Ich will dich nicht hier drinnen einsperren. Aber es ist notwendig, zu deiner eigenen Sicherheit. Wenn du das Haus verlassen willst, sagst du einfach Thomas Bescheid. Er wird dich begleiten, wohin du auch willst.«
    Damit ging er, ohne ein weiteres Wort und ohne sie auch nur noch einmal anzusehen. Als sich die Tür hinter ihm schloss, fühlte Sofia sich furchtbar allein. Die Schokolade auf dem Tablett lachte sie an. Aber es würde nichts helfen, sie zu trinken, damit plötzlich alles wieder ins Lot kam. Es war alles anders, unwiderruflich. Sie stellte das Tablett auf den Nachttisch und zog sich die Decke über den Kopf.
    Die ganze Woche über brachte ihr Professor Schlafen täglich das Frühstück ans Bett. Und jeden Tag gab es eine andere Sorte frisches Gebäck, einmal sogar warme Croissants, und häufig lag auch noch eine Blume neben dem Teller. Mit einem Lächeln im Gesicht trat er ein, wünschte ihr einen Guten Morgen und nahm dann neben ihrem Bett Platz. Doch Sofia fand nicht heraus aus ihrem Schweigen. Und wenn er sie dann, bevor er wieder ging, wie jedes Mal fragte, ob sie denn heute in die Bibliothek komme, verneinte sie hartnäckig.
    Am nächsten Montag brachte ihr Thomas das Tablett. Sofia war richtig erleichtert. Denn es bedrückte sie jedes Mal, ihren Vormund zu sehen. Dabei hatte er sein Verhalten ihr gegenüber gar nicht verändert, sondern sie sah ihn nun in einem anderen Licht. Da er ihr von dieser irren Welt mit schlummernden Drachen und Lindwürmern erzählt hatte, reichte allein schon sein Anblick aus, um sie sofort wieder in diesen Albtraum zu stürzen. Hätte er ihr doch gesagt, dass dies alles nur ein Märchen sei. Selbst wenn er ihr gesagt hätte, dass sie den Verstand verloren hatte, wäre das besser als alles andere. Gut, dann wäre eben alles ihre Erfindung und sie hätte sich diesen Überfall und dieses Ungeheuer am See nur eingebildet. Na wenn schon? Für Wahnsinnige bestand immerhin noch die Aussicht auf Heilung. Aber wenn die Wirklichkeit selbst nicht mehr real war, welche Hoffnung blieb dann noch?
    Sie war immer noch zutiefst gekränkt, weil er ihr seine Zuneigung nur vorgespielt hatte, weil er etwas von ihr wollte. Und da ihr dies nun klar war, konnte sie

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