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Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis

Titel: Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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auch endlich Schluss gewesen mit dieser inneren Verwirrung, die sie nicht in den Griff bekam. Bis zu dem längeren Gespräch mit dem Professor hatte sie noch ganz genau gewusst, was sie tun musste: fortgehen, und das ohne großes Bedauern. Natürlich, dem standen noch diese Feinde im Weg, die hinter ihr her waren, doch zumindest hatte sie da noch gewusst, was sie wollte. Doch seit der Professor sie gebeten hatte zu bleiben, hatten sich alle ihre Pläne in Luft aufgelöst, und nun wusste sie überhaupt nichts mehr.
    » Das ist ein Trick. Du sollst nur bleiben, um das zu tun, was er sich vorstellt « , flüsterte ihr eine innere Stimme zu.
    » Er meint es ehrlich. Er hat dich wirklich ins Herz geschlossen. Schließlich hat ihn niemand gezwungen, so nett zu dir zu sein. Seine Aufgabe als Hüter bestand nur darin, dich in die Sache einzuweihen, aber nicht, dir einen ganzen Tag lang Rom zu zeigen oder dich mit so viel Zuneigung zu umsorgen « , entgegnete ihr, nicht weniger überzeugend, eine andere Stimme.
    Sofia fühlte sich hin und her gerissen zwischen diesen beiden Erklärungen und wäre am liebsten weggerannt. Dreizehn Jahre lang hatte sie davon geträumt, anders zu sein, vielleicht auch etwas Besonderes, und nun, da sie es tatsächlich war und sogar die Zukunft der Welt in ihrer Hand lag, machte sie einen Rückzieher. Wieso hatte sie bloß immer vor allem Angst?
    » Es wird Zeit. Tut mir leid, aber es ist zu gefährlich, sich länger hier draußen aufzuhalten.«
    Thomas’ Stimme hörte sich aufrichtig bedauernd an. Sofia warf einen letzten Blick auf den See.
    » Nicht den Mut verlieren«, tröstete sie der Diener mit einem Lächeln. » Ich kann mir vorstellen, wie schwer das alles für Sie ist. Aber auch wenn Sie es nicht glauben, Sie sind nicht allein.«
    Vor der Haustür trafen sie auf Lidja, mit regennassen Haaren und ohne Schirm. Sie trug einen violetten Stoffmantel, und ihre ernste Miene war die eines Menschen, der entschlossen ist, einen bestimmten Weg zu gehen. » Ich habe auf dich gewartet.«
    Sofia versteifte sich. » Auf mich?«
    » Ja.« Lidja ergriff ihren Arm und zog sie ins Haus. » Ich entführe sie dir einen Moment«, erklärte sie mit fester Stimme, an Thomas gewandt.
    Ohne ihr Zeit zu lassen, sich dagegen zu wehren, führte sie Sofia die Treppe hinauf, stieß oben die Tür von deren Schlafzimmer auf und schleifte sie geradewegs weiter bis zum Fenster.
    » Was …?«
    In einem einzigen Ruck öffnete sie die Fensterflügel und schwang ein Knie auf die Fensterbank. » Ich muss allein mit dir reden und dort oben sind wir ganz ungestört.«
    Sofia schüttelte heftig den Kopf, während ihr bereits schwindlig wurde. » Nein, nein, bitte nicht. Ich will nicht!«
    » Was du willst, interessiert mich nicht«, erwiderte Lidja ungerührt.
    Sie zog Sofia hinaus auf die Fensterbank, und obwohl der Wind nur sanft in den Bäumen säuselte, verstärkte er noch Sofias Gefühl, schon den Boden unter den Füßen verloren zu haben.
    » Lass mich! Ich flehe dich an!« Sie war den Tränen nahe.
    » Stell dich nicht so an. Ich halte dich doch«, wies Lidja sie zurecht.
    Sie schlang ihr die Arme um die Brust und hob sie auf das Vordach, das gleich unter der Fensterbank schräg abfiel. Sofia spürte, dass ihre schweren Winterschuhe auf den glitschigen, holprigen Dachziegeln keinen rechten Halt fanden. Ihr war angst und bange, in ihrem Kopf drehte sich alles, und obwohl sie die Augen geschlossen hielt, konnte sie sich allzu deutlich vorstellen, was unter ihr lag.
    Leere.
    » Lass mich!«
    Lidja würdigte sie keiner Antwort, sondern begann, zur Dachgaube hinaufzuklettern, weiter mit ihr im Schlepptau. Endlich oben angekommen, ließ sie Sofia sich niedersetzen. Das Mädchen spürte die kalten Tonziegel unter sich, aber immer noch fehlte ihr der Mut, die Augen zu öffnen. Sie hörte Schritte und das Rascheln von Kleidern. Unwohler hätte sie sich in ihrer Haut nicht fühlen können. Es nieselte immer noch und die Tropfen liefen ihr über das Gesicht und vermischten sich dort mit ihren Tränen. Sie keuchte vor Angst und schlug schließlich die Hände vors Gesicht.
    Nach gutem Benehmen stand Lidja im Moment nicht der Sinn und mit einem Ruck zog sie der anderen die Arme weg. Übelkeit ergriff Sofia und sofort presste sie die Knie noch fester gegen die Ziegel. Als sie endlich die Augen öffnete, sah sie, dass sie beide rittlings auf dem Dachgiebel über ihrem Fenster saßen. Lidja hockte vor ihr und versperrte ihr fast

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