Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis
Professor …«
» So kommen wir aber nicht weiter, Sofia. Ich verfüge über keine speziellen Kräfte und kann höchstens Angriffe mit dem hölzernen Trainingsschwert nachstellen. Aber du wirst auf Geschöpfe treffen, die ganz ähnliche Gaben haben wie du. Das heißt, du musst mit Lidja trainieren. Außerdem solltet ihr lernen, als Team zu arbeiten. Nur so könnt ihr es schaffen.«
Also stiegen sie am nächsten Abend alle drei zusammen ins Labyrinth hinunter, wobei Sofia auffiel, dass Lidja den Weg bestens kannte.
Der Professor ließ sie einander gegenüber Aufstellung nehmen. » So, dann beschwört jetzt eure Drachen herauf«, forderte er sie auf.
Lidja brauchte nur einen Augenblick. Sie schloss die Augen, und schon begann das Mal auf ihrer Stirn zu pulsieren und zu strahlen, bis ein rot glitzernder Edelstein daraus geworden war. Rastaban, ihr Drache, hatte sie erhört. Bei Sofia hingegen dauerte es wie so oft unendlich lange. Je verbissener sie sich konzentrierte, desto aussichtsloser schien es.
» Bleib ganz ruhig, keiner drängt dich«, versuchte der Professor, ihr die Nervosität zu nehmen.
Schön und gut. Aber das ging nicht. Sofia spürte Lidjas neugierigen Blick auf sich und wusste, dass sie ihr nicht das Wasser reichen konnte. Und auch die Anwesenheit des Professors trug zu ihrer Aufregung bei: Vor ihm wollte sie sich nicht blamieren und hätte ihm gern bewiesen, dass es kein Fehler war, sie bei sich aufzunehmen.
» Soll ich rübergehen, willst du lieber allein sein?«, fragte Lidja irgendwann verständnisvoll.
» Nein, nein!«, rief Sofia sofort. » Ich hab’s gleich.«
Und endlich gelang es. Doch der Zweikampf danach war jämmerlich. Sofia versuchte, ein paar Schlingpflanzen hervorschießen zu lassen, die Lidja fesseln sollten. Aber was sie hervorbrachte, waren nur vier kümmerliche Stängel, so dünn wie Strohhalme. Ihrer Gefährtin hingegen genügte ein Wimpernschlag, und ein Tuch, das über einem Stuhl neben ihnen lag, flog auf und schwebte vor Sofias Augen. Und während sie noch hektisch daran herumzerrte, hatte sich Lidja schon auf sie gestürzt und sie zu Boden geworfen.
Mit hochrotem Kopf lag Sofia da.
Lidja schien Mitleid mit ihr zu haben. » Mach dir nichts draus. Ich trainiere ja schon, seit ich klein war, und bin deshalb viel fitter als du.«
Aber Sofia fühlte sich durch diese Worte keineswegs getröstet.
Ein paar Tage ging das so weiter. Dann beschlossen sie eines Abends, nur zu zweit zu trainieren.
» Die Gegenwart des Professors hemmt dich«, hatte Lidja gesagt.
» Nein, wieso?«, wehrte Sofia ab.
» Du bist zu sehr darauf aus, ihn zu beeindrucken und ihm zu beweisen, dass du es draufhast. Dadurch wirst du nervös und verzettelst dich.«
Sofia war überrascht, wie gut die andere ihre Situation einschätzen konnte. » Wahrscheinlich hast du recht. Mir ist es wichtig, ihn nicht zu enttäuschen. Allerdings weiß ich nicht, was daran schlecht sein soll«, antwortete sie.
Lidja lächelte, und zum ersten Mal, seit sie sich kannten, fühlte sich Sofia dadurch nicht gedemütigt, sondern verstanden. Und freute sich darüber.
» Mach dir keine Sorgen. Wenn wir nur zu zweit sind, kommst du sicher besser zurecht.«
Leider stimmte das nicht. Zwar gelang es Sofia, Lianen hervorschnellen zu lassen. Aber ihre Reichweite war zu gering. Lidja war viel besser. Mit reiner Gedankenkraft schaffte sie es, Gegenstände durch die Luft fliegen zu lassen. Und dann konnte sie so hoch springen, war so schnell, so flink und so schön. Sie war einfach so verflucht perfekt.
» Du darfst dich nicht entmutigen lassen«, versuchte Lidja, sie aufzumuntern, als sie den Trainingsraum verließen. » Für mich war es anfangs auch sehr mühsam.«
Sofia nickte, aber nur aus Höflichkeit. Da legte Lidja sanft eine Hand unter ihr Kinn, hob ihr Gesicht an und zwang sie, ihr in die Augen zu sehen. » Erinnerst du dich an unser Gespräch auf dem Dach, Sofia?«
Wie hätte sie das vergessen können?
» Ich hoffe ja, es hat auch mit diesem Gespräch zu tun, dass du jetzt hier bist und nicht schon längst wieder in deinem Waisenhaus. Was ich dir damals gesagt habe, gilt immer noch: Du bist nicht schlechter als ich. Der Drache, der in dir schlummert, ist sogar noch stärker als meiner. Verstehst du? Eines Tages wirst du die Anführerin sein. Deswegen musst du an dich glauben. Der Professor und ich jedenfalls glauben an dich und erkennen sehr viele Stärken in dir. Nur du nicht.«
Sofia kamen fast die Tränen. Sie
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