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Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis

Titel: Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis
Autoren: Licia Troisi
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lange genug gewesen, um ihn vergessen zu können.
    » Endlich ist es so weit. Die Wunden, die ich dir schlug, brennen immer noch in deiner Seele. Nun steht deine endgültige Niederlage bevor.«
    Sofias Körper verkrampfte sich, und sie spürte wieder, wie Nidhoggr ihr zusetzte, Biss für Biss, sah die Ebene wieder und den Freund, Lung, der machtlos hinter einem Felsen kauerte, während das Maul des Lindwurms ihren, Thubans, Leib zerfleischte. Sie schloss die Augen und versuchte verzweifelt, sich nicht von diesen unerträglichen Erinnerungen überwältigen zu lassen.
    » Im Leib einer nichtsnutzigen Sterblichen dachtest du also zu überleben. Aber auch das wird dich nicht vor dem Schicksal bewahren, das dir zugedacht ist. Dreißigtausend Jahre habe ich auf dich gewartet und an nichts anderes als an meine Rache gedacht. Es wird dich teuer zu stehen kommen, dass du mich in die Tiefen der Erde verbanntest.«
    Sofia merkte, dass ihre Kräfte nachließen. Die bloße Berührung dieses vom Bösen durchdrungenen Leibs entzog ihr alle Energien. Obwohl es sich nur um ein Abbild Nidhoggrs handelte, das sie da vor sich hatte, war das mehr als genug, um sie völlig zu lähmen. Es war die Finsternis der Nacht, die Finsternis der Angst, das albtraumhafte Nichts, das die ganze Welt verschlang und in eine Spirale der Gewalt hineinzog, die ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    » Die Wahnvorstellung deiner Allmacht hat dich krank gemacht. Du hast dich nicht verändert in den Jahrtausenden deiner Gefangenschaft«, rief sie mit einer Stimme, die nicht mehr ihre eigene war.
    » Du auch nicht, obwohl du jetzt in Mädchengestalt daherkommst«, höhnte Nidhoggr.
    Der Lindwurm atmete tief ein, und Sofia wollte aufschreien, als sie sah, wie er die Augen, in Vorfreude auf ihr Fleisch, genüsslich schloss. Doch kein Laut kam über ihre Lippen.
    » Ach ja, hier ist auch Rastaban«, rief Nidhoggr und blickte sie wieder an. » Du siehst, es ist alles genau wie damals, als ich ihn vor deinen Augen tötete.«
    Das Bild eines mächtigen wunderschönen roten Drachen nahm in Sofias Erinnerungen Gestalt an. Tief im Innersten spürte sie, was für treue Freunde und zuverlässige Kampfgefährten die beiden Drachen gewesen waren. Dann ging das Rot der Drachenschuppen in die dunklere Schattierung des Blutes über, und sie sah, wie sich Nidhoggr über Rastabans entkräfteten Körper hermachte. Da war zu viel. Thubans ganze Wut schoss ihr in die Adern und durchfloss sie. Der Drache hatte erst viel später erfahren, dass der Geist seines Freundes in einem Menschen Aufnahme gefunden hatte, aber das hatte seinen Zorn auch nicht dämpfen können. Heute war Lidja Rastabans Erbin, und als Sofia sie jetzt in den Klauen des Feindes sah, der sie zu zerreißen drohte, war ihr alles klar.
    » Ich will die Frucht, Thuban«, sprach Nidhoggr hochmütig, während sich die Erinnerung an das Gemetzel vor Sofias Augen wie Rauch auflöste. » Und du kannst entscheiden, was aus Rastaban werden soll. Denn ich will dir einen fairen Handel vorschlagen. Eine Woche gebe ich dir Zeit. Wenn danach die Frucht nicht in meinem Besitz ist, wird er mit dem Mädchen eine leckere Mahlzeit abgeben für mich und meine Nachkommen. In sieben Tagen von heute an erwarte ich dich in der Villa Mondragone. Es ist keine leichte Wahl. Entweder verlierst du deinen Freund – und dieses Mal für immer – oder du verzichtest auf die Frucht und damit auf die Rettung des Weltenbaums.«
    Nidhoggrs höhnisches Lachen erfüllte die Luft, dann war er verschwunden, hatte sich aufgelöst in den düsteren Farben der Nacht. Plötzlich kehrte Sofia in die Wirklichkeit zurück, so unvermittelt, dass ihre Sinne wie betäubt waren. Ihr war, als stürze sie in die Tiefe, doch zum Glück fingen starke Hände sie auf.
    » Sofia, was ist …? Ist dir was passiert?«
    Die Stimme des Professors holte sie ganz zurück. Sie schüttelte den Kopf. » Nein … es geht schon wieder. Aber es war so entsetzlich …«
    Sie warf einen Blick auf den Jungen. Seine Augen waren noch lebloser und matter als vorhin. Sein Ende schien gekommen. Doch sie konnte nicht anders …
    » Wir müssen ihm helfen, Professor«, erklärte sie fast flehend, » er ist doch eigentlich ganz unschuldig. Mit unseren Feinden hat er gar nichts zu tun.«
    » Ich weiß nicht … Wie sollen wir ihm denn helfen?«
    » Ach, Professor, bitte …«
    Professor Schlafen blickte erst zu Thomas, dann zu dem Jungen, der röchelnd am Seeufer lag. » Meinetwegen … Ich
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