Drachenseele (German Edition)
wohnen zu wollen.
„Großartig! Fahren wir hin.“ Ja das klang nach einem Lichtblick, den er an diesem Tag gut gebrauchen konnte.
Nikolaj riss seine Augen auf, „wirklich?“
„Warum denn nicht?“
„Weil Guernsey nicht gerade um die Ecke liegt.“
Guernsey! Die Insel, auf der man ihn damals gefunden hatte. Natürlich lag es nah, dort auch zu Hause gewesen zu sein. Augenblicklich fiel ihm die Situation mit den Zeitungsartikeln ein, die Zeit mit Nicole.
Nicole! Sie musste mit. Ja, sie gehörte einfach an seine Seite. Narvalvar kramte in seiner Hosentasche nach dem Zettel mit der Autonummer, die Nikolaj ihm vorhin gegeben hatte. „Und wie komme ich jetzt an die Adresse?“
Nikolaj schmunzelte, „wenn Narvalvar es wünschen, kümmere ich mich um eine Anschrift.“
„Ich bitte darum.“ Wozu doch alles ein Drachenwächter gut sein konnte.
Asche
N arvalvar schaute aus dem Fenster, ohne wirklich hinzusehen. Wie schnell er sich in den letzten zwei Wochen an Nikolaj gewöhnt hatte. Allein schon für seine Bemühungen Nicoles Anschrift herauszubekommen, begann er ihn zu schätzen. Vor fünf Tagen hatte er Nicole einen Strauß roter Rosen geschickt, an jene Adresse, die Narvalvar keinen Zweifel an seiner He r zensangelegenheit ließ. Endlich war er persönlich dorthin u n terwegs, nach London Camberwell, Southwark, in die Dragon Road Nummer sieben.
In seinen Gedanken hatte er verschiedene Möglichkeiten des Gesprächsverlaufs mit Nicole durchgespielt, welche Bedenken sie äußern würde, was für Argumente sie bringen könnte. Er hoffte auf alle Situationen vorbereitet zu sein. Und sollte niemand zu Hause sein, auch diese Gegebenheit musste er in B e tracht ziehen, wollte er warten, bis Nicole zum Gespräch bereit war.
„Hier ist es!“ Nikolaj hielt nach einem Parkplatz Ausschau. Die Neubausiedlung sah freundlich aus mit den roten Klinkersteinen, trotzdem wirkten die mehrstöckigen Häuser auf Narvalvar fremd. Wie er mit Nikolaj im Schlepptau das Treppe n haus betrat, kroch ein stechender Geruch nach chemischen Putzmitteln ihm in die Nase.
„Erste Etage.“ Nikolaj schien anhand der Briefkästenanordnung zu erkennen, wo Nicole Martens wohnte. Als Narvalvar den Klingelknopf drückte, hörte er seinen hastigen Herzschlag, der bereits auf dem Weg hierher schneller geworden war. Die Wo h nungstür wurde hektisch aufgerissen und vor ihm stand Nicoles Lebenspartner.
Augenblicklich waren seine zurechtgelegten Worte für diese Situation wie ausgelöscht. „Hallo! Ich bin Nar - mein Name ist Marcus. Ist Nicole zu Hause?“ Das fing ja gut an.
Der große Kerl musterte Narvalvar von oben bis unten, blieb letztlich mit seinem Blick im Gesicht kleben.
„Nicole ist vor zwei Tagen ausgezogen.“
Er spürte, wie seine Gesichtszüge erschlafften.
„Ich weiß nicht mal, wo sie jetzt steckt. Sorry. Versuch’ es an der Uni.“ Mit diesen Worten schloss er die Tür.
„Kommt!“ Nikolaj schob ihn nach einem Moment die Treppe hinunter. „Er wirkte bedrückt. Vielleicht haben sich die beiden gestritten.“
„Mhm!“ All seine Möglichkeiten, die er durchgespielt hatte, fielen gerade wie ein Kartenhaus in sich zusammen.
„Wie war die alte Handynummer?“ Vor der Haustür hielt Nikolaj ihm sein Telefon entgegen. Eine großartige Idee. Narva l var tippte die Nummer ein und wartete. Nach zwei Klingelt ö nen folgte die Ansage, „der gewünschte Gesprächsteilnehmer ist zur Zeit nicht erreichbar. Bitte versuchen sie es später noch einmal.“
Wann auch immer Narvalvar in den kommenden Stunden die Handynummer wählte, hörte er stets diese Ansage. An der Universität kamen Narvalvar und Nikolaj nicht weiter. Es schien, als sei Nicole seit zwei Tagen wie vom Erdboden verschluckt. Diese Ungewissheit rief Erinnerungen an Nicoles Entführung wach, an die Sorgen und Ängste, die er damals schon als schmerzlich empfunden hatte. Sehnlichst wünschte er sich ein Lebenszeichen von ihr. Ihr durfte nichts Schlimmes widerfa h ren sein. Wäre er doch nur an ihrer Seite, er würde sie beschü t zen und auf sie acht geben.
In seiner Verzweiflung rief er am nächsten Tag bei ihrem Exfreund an. „Hier ist noch mal Marcus. Ich mache mir Sorgen um Nicole.“
„Ach wirklich? Hör mal Marcus: Ich liebe diese Frau und wenn sich hier jemand Sorgen macht, dann bin ich das!“
„Entschuldige. Ich dachte nur, man könnte ihren Eltern ...“
„Ihren Eltern? Bist du ein Studienkollege?“
„Ja!“ Gut reagiert. Offensichtlich hatte
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