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Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Titel: Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Alderwood
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Lieber?«
    Der Alte gab nur noch ein leises Brummen von sich und nestelte an dem riesigen Schlüsselbund an seinem Gürtel. Es dauerte eine Weile, bis er den richtigen Schlüssel gefunden hatte, dann schlurfte er zu der Kerkerzelle, in der Gerun eingesperrt war. Das Licht der Fackel reichte nicht bis hierher, als der Kerkermeister die schwere Tür aufdrückte, sah er nur diffuse Schatten. Vielleicht lag das aber auch am Wein.
    »Mädchen?«, rief er mit zittriger Greisenstimme in das Dunkel. »Komm raus, der Prinz will mit dir sprechen!«
    »Ferinic?«, flüsterte es zurück.
    »Freilich, du Dummchen, haben wir vielleicht noch einen anderen Prinzen?«, grummelte der Alte gutmütig.
     
    Gerun sah schlimm aus. In ihrem zerzausten Haar steckten Strohhalme, ihre Augen waren vom vielen Weinen rot unterlaufen und verquollen und ihr hübsches Zofenkleid schrie förmlich nach einem Bügeleisen. Zögernd trat sie aus der Zelle. Der Kerkermeister schob seine Hand in ihren Rücken und dirigierte sie tiefer in das Kellergewölbe hinein. Aus einer der Türen drang ein schwacher Lichtschein.
    »Da bist du ja, Gerun!« Ferinic stand lässig an die Streckbank gelehnt in der Folterkammer. Die Laterne hatte er an einen Haken an der Wand gehängt. Das diffuse Licht leuchtete den großen Raum nicht aus, und Gerun mochte sich lieber nicht vorstellen, welche Schrecken sich in den vagen Schatten im Hintergrund verbargen. Als hätte ein böser Fluch sie zu Stein erstarren lassen, stand Gerun vor Angst gelähmt wie eine Statue vor dem Prinzen.
    »Du kannst jetzt gehen, ich brauche dich nicht mehr!« Ferinic wandte sich dem alten Mann zu. Der Kerkermeister öffnete den Mund, als würde er etwas sagen wollen, schloss dann aber sehr rasch die Lippen wieder über seinen verbliebenen Zahnruinen. Still drehte er sich um und schlurfte davon. Als er die Tür der Folterkammer hinter sich zufallen hörte, zuckte er zusammen. Aber er blieb nicht stehen. Der Prinz musste wissen, was er tat. Dafür war Ferinic der Prinz, und der Kerkermeister nur ein alter Soldat, der seinen Lebensabend damit verbrachte, ein an sich leeres Verlies zu bewachen. So war die Welt nun einmal eingerichtet. Der Alte goss sich aus dem Krug auf dem Tisch noch einen halben Becher Wein ein, leerte ihn in einem Zug und ließ sich dann wieder auf die Pritsche fallen. Fast augenblicklich war er wieder eingeschlafen.
    Gerun hatte zusehen müssen, wie Ferinic die Tür zustieß und den mächtigen Riegel vorlegte.
    »So, meine Liebe, jetzt sind wir völlig ungestört!« Der Prinz griff der Zofe unter das Kinn und zwang sie so, ihn anzusehen.
    »Was soll ich nur mit dir machen? Du bist schuld am Tod meiner Schwester, das ist dir doch klar?«
    Gerun schwieg. Sie schwieg auch noch, als Ferinic sie an den Schultern packte und vor die Streckbank schob.
    »Siehst du das? Ich könnte dich hier festbinden und an dieser Kurbel drehen. Irgendwann halten das deine Glieder nicht mehr aus. Deine Sehnen zerreißen, die Gelenke zerspringen. Sehr schön, nicht wahr? Oder das hier, die Eiserne Jungfrau ist auch ein Klassiker!« Er schob die zitternde Frau ein Stück weiter.
    »Diese Eisenspitzen bohren sich ein winziges Stück in deine Haut. Wenn du dich in diesem Käfig bewegst, dringen sie tiefer in dein Fleisch ein. Stell dir vor, du wirst so müde, dass du dich nicht mehr aufrecht halten kannst. Nein, das willst du dir nicht vorstellen? Dann findest du dieses Teil hier bestimmt geradezu harmlos. Das ist ein Stäupbock. Siehst du, der Verurteilte muss sich mit dem Oberkörper hier auflegen und wird dann mit den Armen und Beinen an diesen Eisenschellen festgemacht. Das ist nicht einmal unbequem. Leider wurde der Betroffene dann ausgepeitscht, und Schluss war es mit der Gemütlichkeit!«
    Gerun schwankte, in ihren weit aufgerissenen Augen schwammen Tränen. Der Prinz strich ihr sanft über die Wange.
    »Du fürchtest dich doch nicht etwa, Gerun? Das brauchst du nicht! Ich habe Janica versprochen, dich nicht wegen dieser Geschichte mit der Loshülse zu bestrafen.«
    Die junge Frau konnte die Tränen nicht länger zurückhalten. Sie taumelte gegen die Brust des Prinzen. Ferinic umschlang sie mit beiden Armen und vergrub sein Gesicht in ihrem zerwühlten Haar.
    »Siehst du, Kleines, es geht doch! Aber du wirst einsehen müssen, dass es ganz ohne Strafe nicht geht! Du hast deine Pflicht verletzt! Deine Aufgabe war es, die Prinzessin des Westlichen Königreiches nicht einen Wimpernschlag lang aus den Augen

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