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Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Titel: Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Alderwood
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Oder willst du halb nackt vor den Sultan und den Hofstaat treten?«
    Er deutete auf ein graues Gewand, das an einem Nagel an der Wand hing. Janica griff zögernd danach, weil sie weitere Hinterhältigkeiten des Prinzen erwartete. Das Gewebe fühlte sich kratzig an. Nicht alle Leute im Wasserland trugen also Seidenkleider, dies hier war aus irgendwelchen groben Pflanzenfasern hergestellt. Nesseln vielleicht, das würde gut zu ihrer verfahrenen Situation passen!
    Janica zuckte zusammen, als der raue Stoff über die Bisswunde glitt, die der Prinz ihr zugefügt hatte. Immerhin waren jetzt ihre Brüste wieder bedeckt. Bedauernd strich sie über die Reste ihres Seidenkaftans, die unter dem hässlichen Kittel hervorlugten. Sie sah aus wie eine Bettlerin, die sich irgendwelche Lumpen über den Körper gestreift hatte.
    Anadid nickte zufrieden und hob seine Hand. Angstvoll wich Janica zurück. Aber er zupfte ihr nur einen Strohhalm aus dem Haar.
    »Du fürchtest dich doch nicht etwa vor mir?«
    Janica zog es vor, seine Frage nicht zu beantworten. Sie gab sich Mühe, ihr Gesicht so ausdruckslos als nur möglich erscheinen zu lassen.
    »Was wird mir überhaupt vorgeworfen?« 
    »Du hast das Schiff meines Bruders mit einem bösen Zauber belegt!« Anadid stieß ihr seine Hand in den Rücken und schob sie zur Tür.
    »Aber das ist doch Unfug!«
    »Erzähl das mal dem Sultan! Er hat sein Lieblingssöhnchen verloren!«, knurrte der Prinz, öffnete die Tür und winkte den Wachen. »Bringt sie in den Audienzsaal!«
    Die Soldaten schienen Janica für sehr gefährlich zu halten, denn sie griffen unsanft nach ihren Armen, bogen sie nach hinten und wanden einen Strick um ihre Handgelenke.
    »Du gehst vor uns her!«, befahl einer der Männer. »Und versuche bloß nicht, davonzulaufen! Ich würde dir ohne Bedenken meinen Spieß in den Rücken rammen, Frau!«
    Weglaufen? Ja, wohin denn? Janica schüttelte unwillig den Kopf. Sie erhielt einen heftigen Stoß zwischen die Schultern und setzte sich wie mechanisch in Bewegung, Schritt für Schritt. Sie nahm gar nicht wahr, dass sie mitsamt ihrer Eskorte die Fluchtburg verließ, an einigen hübschen Blumenarrangements vorbei ein Stück des Parks querte und dann den Sultanspalast betrat. Erst als man sie im Audienzsaal vor dem Sultan zu Boden drückte, ging ihr die ganze Ironie der Situation auf. Erst vor wenigen Tagen hatte sie schon einmal an gleicher Stelle mit gefesselten Händen vor dem Herrscher des Wasserlandes gekniet. Sie konnte nicht behaupten, dass sich ihre Lage seither sonderlich gebessert hatte!
    Janica schaute auf zu Werid Gur Waradem. Sein Bart sah noch immer so zottelig aus wie an dem ersten und einzigen Tag, da sie ihn zu Gesicht bekommen hatte. Er hatte also ihre gut gemeinten Ratschläge nicht angenommen. Immerhin saß er heute würdevoll auf einem Sessel. Neben ihm stand ein sehr alter Mann, der unentwegt mit der Hand über seinen weißen, ebenso fransigen Bart strich. Janica fand, dass die Männer auf dieser Insel einen merkwürdigen Geschmack besaßen, was die Haarpracht in ihren Gesichtern betraf.
    »Du darfst dich erheben!«, sagte der Sultan großmütig. »Sage uns zunächst deinen Namen und deine Herkunft!«
    Irritiert blickte sie sich um und entdeckte Waja auf dem Diwan, die sich mit vielsagender Geste die Hand vor den Mund hielt. Es war sicher gut gemeint, wenn die alte Frau ihr riet, nichts zu sagen, aber eine solche Unhöflichkeit gegenüber dem Herrscher wollte sich Janica nicht herausnehmen. Außerdem war sie unschuldig. Jeder vernunftbegabte Mensch musste ihr an der Nasenspitze ansehen, dass sie keine Zauberkräfte besaß! Janica bemühte sich um eine stolze Haltung. Die gefesselten Hände und der stockhässliche Kittel, den sie notgedrungen trug, machten dieses Vorhaben nicht gerade leicht.
    »Hoher Herr, mein Name ist Janica, und Ihr selbst habt mich vor wenigen Tagen Eurem Sohn Avid zum Geschenk gemacht! Bevor ich als Sklavin in Euer Reich verschleppt wurde, war ich …« Ihr Blick huschte rasch zu Waja, die kerzengerade wie eine Statue auf dem Diwan saß und sie eindringlich ansah.
    »…war ich die Zofe der Prinzessin im Westlichen Königreich!«
    »Nun gut, Janica! Gestehst du, unsere Brigantine mit einem bösen Zauber belegt und den Tod des Prinzen Avid verschuldet zu haben?« Der Sultan hielt sich nicht lange auf. Abwartend musterte er die Angeklagte.
    »Nein, Hoher Herr! Ich kann nicht zaubern! Zaubern können nur Wesen der Anderswelt, und wenn ich ein

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