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Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Titel: Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Alderwood
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ein wenig aus dem Gesicht und sagte hastig: »Jaja, so war es! Der Papagei hat Antworten gegeben!«
    »Ein Papagei?« Werids Gesicht schien zur Maske zu erstarren. Ein leises Raunen und Tuscheln ging durch die Anwesenden. Jemand lachte verhalten.
    »Dieses Weib kann gehen!«, sagte der Sultan. »Und was will uns jener Mann hier erzählen? Hat die Angeklagte ihm Pusteln an sein Hinterteil gezaubert?«
    »Das ist der Hofmeister Eures Handelshofes in Nurripur, mein Herr Vater!« Anadid ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Er kann bezeugen, dass Janica dem Prinzen eingeredet hat, sie wäre eine Tochter des Königs vom Westlichen Reich. Avid würde so etwas nie glauben, wenn nicht irgendein Liebeszauber im Spiel gewesen wäre! Er hat dieser Sklavin sogar die Ehe versprochen!«
    Der Hofmeister hatte zu jedem Wort aus Anadids Mund eifrig genickt. Werid konnte einen leisen Seufzer nicht unterdrücken.
    »Mein Sohn, wie es aussieht, sind Eure Zeugen alle nicht mit besonderer Beredsamkeit gesegnet! Ich werde mich zurückziehen und mich mit Inared Gur Radem beraten! Ihr alle werdet hier auf meine Entscheidung warten!« Der Sultan erhob sich aus seinem Sessel, und alle Anwesenden sanken ehrerbietig auf die Knie. Alle, außer Janica und dem greisen Ratgeber, der sich allerdings ein wenig verbeugte, so weit es seine steifen Knochen eben zuließen. Die Blicke von Janica und dem Herrscher verhakten sich für einen Augenblick, dann wandte sich Werid ab und verließ den Raum in Richtung seiner Privatgemächer. Inared folgte ihm, so schnell es ihm ohne seinen Stock möglich war. Janica konnte sehen, dass er sich schon wieder über den Bart strich. Kein Wunder, dass diese Manneszierde so dünn und ausgefranst aussah wie das Bärtchen eines Ziegenbockes!
     
    Die Schreibstube des Sultans war eigentlich keine Stube, sondern eine riesige Bibliothek. Ringsum an den Wänden ragten mit Büchern und Schriftrollen prall gefüllte Regale bis hinauf an die stuckverzierte Decke. Werid machte sich nicht die Mühe, bis zu dem wuchtigen Schreibtisch zu gehen und sich auf den dahinter platzierten Polstersessel zu setzen. Kaum hatten sich die Türflügel hinter den beiden alten Männern geschlossen, drehte er sich zu Inared um.
    »Ehrwürdiger Ratgeber!« Seine Stimme klang verdächtig zynisch. »Ich verstehe nicht, warum Ihr es nicht fertiggebracht habt, meinem Sohn in all den Jahren etwas mehr Verstand einzutrichtern!«
    Der Gelehrte blieb ganz ruhig.
    »Mein Gebieter, wieviel Wasser müsst Ihr in einen löchrigen Krug einfüllen, um daraus trinken zu können?«
    Der Sultan stieß einen Laut aus, der wie das Knurren eines Hundes klang.
    »Ihr Bücherwürmer habt doch immer eine nette Art, gewisse Tatsachen mit weise klingenden Worten zu umschreiben. Nun gut, reden wir über die Frau dort draußen! Wenn das Mädchen eine Zauberin ist, bin ich der König der Wassergeister! Diese Anklagepunkte, die Anadid mir da serviert hat, sind hanebüchener Stuss! Was soll das Ganze? Was ist mit Avids Schiff wirklich passiert?«
    Inared begann wieder, seinen Bart zu malträtieren.
    »Eine verheerende Detonation hat die Brigantine vollkommen zerrissen, Gebieter! Es kann sich nur um Zauberei …«
    »Hör’ doch auf, Inared! Ich weiß, dass trotz meines Verbotes noch immer schwarzes Pulver in irgendwelchen versteckten Alchemistenküchen gebraut wird. Aber Avid wäre nie so unvorsichtig gewesen, dieses Teufelszeug an Bord zu nehmen. War es ein Attentat?«
    »Mein Gebieter, hört mich an! Ihr werdet mir gleich zustimmen, dass es sich bei diesen schrecklichen Ereignissen um Magie gehandelt hat!«
    Der Sultan sah Inared mit finster zusammengezogenen Brauen an. Aber er ließ ihn reden.
    »Es gibt nur eine einzige Person im ganzen Wasserland, der es ohne Konsequenzen gelingen würde, genug Schwarzpulver aufzutreiben, um ein ganzes Handelsschiff in die Luft zu sprengen. Zufällig ist diese Person auch die Einzige, der wirklich ein Vorteil entsteht, wenn Prinz Avid von der Bildfläche verschwindet. Ergo gibt es jetzt zwei Möglichkeiten: Bewusster Person dieses Mordkomplott nachweisen und ihr dann den Prozess machen. Das dürfte schwierig sein, da Zeugen für Verfehlungen jener Person einen ausgesprochenen Hang zu tödlichen Unfällen haben. Oder wir akzeptieren, dass eine böse Zauberin am Werk war. Sie könnte von den Nordländern beauftragt worden sein, weil Avid zu viel Seide in die Küstenstädte gebracht hat und damit der Preis für die Ziegenwolle gefallen ist.

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