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Drachenspiele - Roman

Titel: Drachenspiele - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blessing <Deutschland>
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Natürlich hatte vieles Vor- und Nachteile, aber man musste Gedanken nur konsequent zu Ende denken und ehrlich zu sich sein, dann wusste man irgendwann, wohin etwas gehörte. Einen Menschen lieben oder nicht. Es gab kein und . Die Hypothekenzinsen zahlen können oder nicht. Kein und . Tot oder lebendig. Kein und .
    Er beneide sie, hatte Paul darauf erwidert, und sie wusste nicht, wie er das meinte.
    Christine dachte an ihren Bruder. »Nein«, antwortete sie erschöpft, »ich habe noch nicht zusammengerechnet.«

    Â»Dann helfe ich dir. Auf der Plus-Liste tragen wir ein:
    - Lang vermissten Bruder wiedersehen.
    - Familienzuwachs dank seiner Frau und der Kinder. Das müssen wir allerdings in Klammern setzen, weil wir nicht wissen, ob es nette Menschen sind. Könnte später auch auf der Minus-Liste auftauchen.« Er schwieg für eine Weile. »Mehr fällt mir im Moment nicht ein. Kommen wir zur Minus-Seite. Dort verbuchen wir:
    - Kostet Geld.
    - Kostet Zeit.
    - Kostet Kraft.
    - Gehe ein Risiko ein, weil ich nicht weiß, wie viel Geld, Zeit und Kraft es kostet.
    - Gehe ein zweites Risiko ein, weil ich nicht weiß, was er von mir will.
    - Gehe ein drittes Risiko ein, weil ich nicht weiß, wie es mir in China geht. Christine: Es braucht keinen Mathematiker, um das auszurechnen. Du fährst nicht.«
    Â»Meinst du das ernst?« Es gelang ihm oft mühelos, sie zu verwirren, sie war in solchen Situationen nicht sicher, ob er etwas ernst meinte oder nicht.
    Â»Ich habe nur deine Technik angewandt. Geht in der Tat schnell. Beeindruckend.«
    Â»Aber ich kann doch seine Bitte nicht ignorieren. Wie stellst du dir das vor?«
    Â»Warum nicht? Habe ich auf der Plus-Seite etwas vergessen? Wollen wir nachrechnen?«
    Â»Nein, aber...«
    Â»Das«, unterbrach er sie, »versuche ich dir immer zu erklären: Das Herz kennt kein Haben oder Soll.« Nach einer Pause fügte er hinzu:«Oder zumindest entscheidet es nicht nach diesen Kriterien. Es hat seine eigenen.«

    Leider, dachte Christine. Das Herz war ihr kein kluger Ratgeber. Sie hatte schlechte Erfahrungen damit gemacht. Es war wankelmütig und unzuverlässig, leicht zu beeindrucken. Hatte sie zu oft in die Irre geführt, Soll- und Haben-Bilanzen ignorieren lassen. Nur bei Paul hatte es sich nicht geirrt. Sie war sich vom ersten Moment an sicher gewesen, dass Geben und Nehmen in Einklang stehen würden. Es hatte sich nicht beirren lassen, auch als der Verstand in den ersten Monaten sagte, dieser sonderbare Einzelgänger würde sie enttäuschen, wäre nicht mehr in der Lage zu lieben. Das Herz wusste es besser und hatte Recht behalten.
    Er riss sie aus ihren Gedanken. »Natürlich fährst du nach Shanghai. Ich werde dich sogar begleiten.«
    Â»Du weißt, dass ich das nicht zulassen würde.« »Und wenn ich dir versichere, dass das völlig ungefährlich für mich ist?«
    Â»Nicht schon wieder diese Diskussion.«
    Paul schwieg und atmete schwer. Sie sah seine Konturen in der Dunkelheit, sein Brustkorb hob und senkte sich, als wäre er außer Atem. Sie hatte das Gefühl, auch zwischen ihnen türmten sich ungesagte Sätze.
    Er nahm die Taschenlampe und leuchtete sich ins Gesicht. »Schau mich an: Auch ich habe dir etwas zu erzählen.«
    Sein Ton sollte heiter klingen, gelassen, so gut kannte sie ihn. Doch die Spannung und Anstrengung darin waren nicht zu überhören.
    Â»Ich höre«, antwortete sie, so neugierig wie skeptisch.
    Â»Ich war bei Meister Wong.«
    Â»Das glaube ich nicht. Wann?«
    Â»Gestern Abend. Nach unserem Gespräch«, sagte er und löschte die Lampe wieder.
    Â»Wie hast du so schnell einen Termin bekommen?«

    Â»Alles eine Frage des Honorars.«
    Â»Was hat er gesagt?«
    Â»Dass der Tiger den Hund frisst. Und die Eule bald vom Baum fällt.«
    Â»Hör auf«, sagte sie wütend. »Es gibt keine Eule unter den chinesischen Tierzeichen. Und wir sind weder Tiger noch Hund.«
    Â»Entschuldige, ich wollte dich nicht verärgern. Er hat erklärt, dass ich mir keine Sorgen machen muss. Das Jahr des Schweins wird kein schlechtes für mich.«
    Sie nahm die Taschenlampe und leuchtete sein Gesicht aus. Sie musterte ihn. Seine Augen wirkten noch blauer als sonst. Sie zuckten im Schein der Lampe. Sein Blick ging an ihr vorbei in die Dunkelheit. Zitterten seine Lippen, oder bildete sie sich das ein? »Das denkst

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