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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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unten gehämmert wurde.
    » Sie bauen ein großes Floß«, gab Nabu zurück.
    » Ein Floß? Aber wozu, sie haben doch Boote?«
    » Ich nehme an, für die Pferde, Mila«, erklärte Nabu.
    » Ich müsste dich das nicht alles fragen, wenn du mir mehr zeigen würdest, Nabu.«
    » Frag nur«, gab Nabu zurück. Dann brummte er und fügte hinzu: » Ich erkläre es dir noch einmal, Prinzessin; erstens, es ist nicht leicht, dir zu zeigen, was ich sehe, ganz im Gegenteil, es ist anstrengender als viele Stunden Flug; zweitens, es entgeht den anderen Drachen nicht, wenn ich das tue, und nicht alle sind damit einverstanden, dass ich dich an unserem Feuer teilhaben lasse. Nergal stiftet auch so schon genug Unruhe.«
    » Er ist unten am Strand, oder?«
    » Ja, er hat gerade den Tressler dorthin getragen. Ich nehme an, die hohen Herren haben einiges zu besprechen.«
    » Das würde ich gerne hören, Nabu.«
    » Wir haben unsere Befehle.«
    » Über der Stadt zu kreisen, erscheint mir keine sehr wichtige Aufgabe zu sein«, gab sich Mila trotzig.
    » Es erinnert die Indios an unsere Anwesenheit, Prinzessin, und es soll sie daran hindern, etwas Dummes zu versuchen.«
    » Mag sein«, gab Mila unwillig zu.
    » Der Stinker ist jetzt auch an Land«, berichtete Nabu, nachdem sie schweigend eine weite Schleife geflogen waren.
    » Du solltest Meister Albrecht nicht so nennen. Ich bin gespannt, was er zu berichten hat.«
    Der Drache knurrte unfreundlich. » Halte dich besser von ihm fern, Prinzessin. Er ist ein Alchemist, und diese Männer sind gefährlich. Außerdem färbt ihr Geruch ab, und ich will niemanden tragen, der nach Schwefel stinkt.«
    Mila lachte. » Du übertreibst, Nabu. Außerdem müsste es dich doch auch interessieren, was er über diese Tempelbilder herausfindet, die euch Drachen so beschäftigen. Ich glaube nicht, dass irgendjemand mehr darüber in Erfahrung bringen kann als Meister Albrecht.«
    » Trotzdem«, gab sich Nabu stur. » Es ist eine eigenartige Sache mit diesen Alchemisten, Mila. Sie nehmen sich, was sie interessiert, und um herauszufinden, was es ist, zerschneiden, zersägen und zerstückeln sie es, bis nichts mehr davon übrig ist. Dann setzen sie ihre Gifte und Säuren ein, und am Ende wundern sie sich, dass der Gegenstand ihrer Neugier ganz und gar zerstört ist und sie immer noch nicht mehr wissen als zuvor.«
    » Aber er ist sehr klug«, verteidigte Mila den Gelehrten, » und er sagte mir einmal, dass er nur danach strebt, dem Wesen der Dinge auf den Grund zu gehen, sie zu verstehen und, wenn möglich, zu reinigen, zu verbessern, und zu veredeln.«
    » Es scheint mir nur so zu sein, dass er bei diesem ach so edlen Streben weit mehr zerstört als verbessert, Prinzessin, und seine Gedanken führen ihn und alle, die ihm folgen, auf gefährliche Wege. Da bin ich übrigens ausnahmsweise einmal mit euren Priestern einer Meinung.«
    Mila schwieg. Sie wusste, dass die Drachen der Kirche skeptisch gegenüberstanden, etwas, das durchaus auf Gegenseitigkeit beruhte. Sie wusste nur nicht, wie sie selbst sich in dieser Frage verhalten sollte. Das war eines der vielen Probleme, die ihre neue Würde mit sich brachte.
    » Da wir gerade davon sprechen …«, sagte Nabu, während er eine weitere, weiche Kurve flog.
    » Ja?«, fragte Mila.
    » Vicente de Valverde und die anderen Priester gehen gerade an Land. Damit sind die ruhigen Zeiten wohl jetzt vorbei.«
    » Ruhig?«, fragte Mila verwundert. » Ich kann nicht behaupten, dass die letzten Tage besonders ruhig waren. Immerhin haben wir eine Stadt erobert und, ganz nebenbei, man hat versucht, mich zu töten.«
    Nabu schnaubte verächtlich. Dann sagte er düster: » Glaube mir, Prinzessin, gemessen an dem, was nun folgen wird, werden dir die vergangenen Tage sehr ruhig erscheinen.«
    Kemaq wartete, und es erschien ihm, als warte er schon Tage. Er nickte sogar einmal kurz in einer Ecke der Hütte ein. Als er erwachte und wieder zur Tür schlich, sah er, dass die Fremden immer noch Dinge an Land brachten, und es waren jetzt auch viele Männer dort, gepanzerte Krieger, die bald darauf, schwer beladen und in kleinen Gruppen, in die Stadt marschierten. Das Floß war vom Strand verschwunden. Kemaq nahm an, dass es draußen bei den riesigen Booten war, aber sicher war er sich nicht, weil die verkohlten Überreste einiger Fischerboote ihm die Sicht versperrten. Die Anführer waren immer noch am Strand. Andere wichtig aussehende Männer hatten sich zu ihnen gesellt. Sie besprachen sich

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