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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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einen Moment glaubte sie, dass sie vielleicht durch das kurze Schweigen dieser Tiere erwacht war. Dann streckte sie sich wieder in ihrer Hängematte aus. Es war allem Anschein nach eine friedliche Nacht, so ruhig, dass es ihr beinahe schien, als sei sie der einzige Mensch auf der Welt. Sie fühlte sich plötzlich sehr verloren. Und ohne dass sie einen Grund für dieses bedrückende Gefühl finden konnte, nickte sie wieder ein. Schnelle Schritte klangen durch die Nacht, angenehm weit entfernt, und jemand rief, oder vielleicht war es auch wieder nur ein Seevogel. Ein seltsamer Traum erreichte sie. Sie lag in ihrem Zimmer, in der Burg ihrer Familie in den Bergen. Wind wehte durch das offene Fenster. Im Wind waren Stimmen. Sie schlugen Alarm. Sie roch Rauch. Brannte es etwa? Jemand brüllte: » Comtesse, Comtesse! Seid Ihr wohlauf? Comtesse Milena, um Gottes willen, so erwacht doch!« Mila begriff, dass sie nicht träumte. Sie schlug die blinden Augen auf. Für einen Augenblick wusste sie nicht, wo sie war. Dann richtete sie sich auf. » Beruhige dich, Dietmar. Mir fehlt nichts.«
    » Den Heiligen sei Dank!«, rief der Diener.
    » Aber was ist denn los?«
    » Feinde, es sind Feinde in der Festung!«, antwortete Dietmar. » Aber ich werde Euer Leben mit dem meinigen verteidigen, Comtesse.«
    Mila war jetzt hellwach. Sie sprang auf und griff nach ihrem Stab. Vor der Tür rannten Männer in schweren Stiefeln durch den Gang. Und vor dem Fenster klang das wütende Brüllen eines Drachen über die Stadt.
    Wieder musste Kemaq warten. Er hatte Qupay nach der Weissagung gefragt, aber nur einen eisigen Blick und dann eine Warnung erhalten, sie auf keinen Fall mehr zu erwähnen. Immerhin wartete Kemaq jetzt in der Kammer vor dem Heiligen Raum und nicht mehr in irgendeiner vergessenen Ecke, und andere Chaski waren ebenfalls dort. Sie wurden nach und nach gerufen, bekamen eine Knotenschnur in die Hand gedrückt, und man übermittelte ihnen die Nachrichten, die sie auswendig lernen mussten, um sie dann fortzuschicken. Es führten nur zwei Wege aus Tikalaq hinaus. Einer ging nach Osten, weiter hinauf in die Berge, und traf dort in der Stadt Huamachuco auf die Große Straße, die das Hochland des ganzen Reiches von Nord nach Süd durchmaß. Im Süden führte sie über eine Entfernung, die Kemaq sich kaum vorstellen konnte, bis nach Cuzco, der alten Hauptstadt, im Norden ging sie nach Caxamalca, der Hauptstadt Atahualpas, und noch viel weiter. Kemaq wusste nicht, was den Läufern aufgetragen wurde, aber es waren viele Nachrichten.
    » Das ist schon der vierte, der in die Berge geht«, murmelte einer, ein Mann, der für einen Läufer von ungewöhnlich gedrungener Gestalt war. Kemaq kannte ihn – wie die anderen auch – nur flüchtig, denn es waren die Chaski der Stadt, die wenig Umgang mit den Läufern der Straße pflegten. Die meisten schienen Inka oder Yunga zu sein, aber den Gedrungenen, den hielt Kemaq für einen Chimú von der Küste. Kemaq hatte versucht, mit den anderen Läufern zu reden, aber sie waren einsilbig, vielleicht, weil sie trotz ihrer Überheblichkeit nicht viel mehr wussten als er selbst.
    Ein weiterer Chaski kam aus dem Heiligen Raum, ein Yunga. Er war bleich. » Wohin geht es, Läufer?«, rief ihm einer zu, aber der Mann antwortete nicht und lief schnell durch die Vorhalle hinaus.
    » Was hat das nun zu bedeuten?«, fragte einer der Wartenden verblüfft.
    » Vielleicht haben sie ihn nach Westen und zur Küste geschickt«, vermutete schließlich der Gedrungene.
    Sofort wurden die Mienen der anderen noch besorgter. Zur Küste, das hieß, er brachte eine Nachricht auf die Straße nach Chan Chan. Natürlich würde der Mann nur bis zum nächsten Chaskiwasi laufen und die Nachricht dort weitergeben, aber irgendein Läufer würde schließlich die Botschaft in die Stadt bringen müssen – die Stadt, die doch in Flammen stand.
    » Habt ihr vorhin den Mann gesehen, der aus dem Westen kam?«, fragte wieder der ältere Läufer, der so etwas wie ein Wortführer der hiesigen Chaski zu sein schien. » Aber nein, da wart ihr noch nicht hier«, fuhr er fort und senkte seine Stimme zu einem geheimnisvollen Murmeln: » Er soll vom fünften Botenhaus der Chan Chan-Straße bis hierher durchgelaufen sein. Er war mehr tot als lebendig.«
    » Götter greifen Chan Chan an, heißt es«, fügte ein älterer Chaski leise hinzu.
    » Feuerspeiende Schlangen«, wusste ein zweiter. » Sie sind von den Sternen herabgestiegen.«
    » Man erzählt

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