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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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rochen sehr nach Schweiß. Ihre Kleidung war fremdartig, aus speckigem Leder und grober Wolle, und allein die dicken Rüstungen aus schwerem Erz, das wie dunkles Silber aussah, waren beeindruckend. Die Frau, die einzige, die er bis dahin unter den Fremden gesehen hatte, war auch dort. Sie war blind, eine Tatsache, die er Huaxamac immer noch nicht mitgeteilt hatte. Also kannten auch die Fremden Gebrechen. Kannten sie auch den Tod? Kemaq war sich nicht sicher. Er erinnerte sich an das, was er nach der Schlacht von Chan Chan gesehen hatte. Der bläuliche Drache, der gelandet war, der Reiter, der hinter der goldhaarigen Fremden gesessen und so ausgesehen hatte, als sei er verwundet. Er erkannte auch den jungen Fremden, den er damals im Schilf gesehen hatte. Er stand etwas abseits, und Kemaq konnte nicht einschätzen, ob er zu den Drachen menschen oder den anderen Fremden gehörte.
    Sein Blick schweifte über die Reihen der Fremden. Sie sahen furchteinflößend aus, aber es waren nur wenige, vielleicht zweihundert. Die Ankay Yayakuna lagen ein Stück abseits und beobachteten ihn. Der Anführer der Fremden sprach. Kemaq verstand kein Wort, aber er las in der Miene des Mannes kalte Entschlossenheit. Der Mann schien zu wissen, was er wollte. Kemaq ließ seinen Blick unauffällig schweifen. Er war schließlich auch beauftragt worden, zu melden, was er hier sah. Ein Stück im Hintergrund befand sich der Gesandte, der so tat, als ginge ihn das Ganze nichts an. Er hielt sich abseits der Yunga, die sich mit den Fremden verbündet zu haben schienen. Und dahinter saßen einige Männer in Ketten, offenbar Gefangene. Kemaqs Herz setzte für einen Schlag aus. Da war Jatunaq! Sein Bruder saß dort drüben unter den Gefangenen! Er sah furchtbar aus, abgekämpft, müde, und sein Blick war auf den Boden gerichtet. Kemaq musste sehr an sich halten, um nicht einfach hinüberzulaufen. Immer noch sprach der Fremde. Und inzwischen übersetzte einer der Männer ohne Rüstung: » … ist der Einladung gerne gefolgt und neugierig darauf, nun die Botschaft des Herrschers zu hören.«
    Der Übersetzer – Kemaq hielt ihn für einen Priester – endete, und voller Schrecken bemerkte er, dass er die Hälfte gar nicht gehört hatte. Er sah den Fremden an und versuchte verzweifelt, sich seine Unsicherheit nicht anmerken zu lassen. Ein Chaski, der auch nur ein Wort einer Botschaft vergaß oder falsch wiedergab, war des Todes. Der Sapay Inka würde ihn töten lassen. Er starrte den fremden Priester an.
    Dieser blickte jetzt freundlich zurück und sagte: » Hast du mich nicht verstanden, mein Sohn?«
    » Es waren viele Worte«, stieß Kemaq hervor.
    Der Priester lächelte freundlich und sagte: » Dann werde ich sie dir gerne wiederholen. Don Francisco Pizarro dankt für die Einladung Atahualpas und ist ihr gerne gefolgt. Er möchte deinen Herrn so bald wie möglich treffen und möchte nun die Worte hören, die der Herrscher deines Volkes ihm sendet.«
    Kemaq nickte dem fremden Priester dankbar zu, auch wenn ihm nicht entgangen war, dass die letzten Worte anders gewesen waren als zuvor. Wussten die Fremden denn nicht, was sie sagten? Er warf noch einmal einen schnellen Blick zu den Gefangenen. Es war Jatunaq, ganz ohne Zweifel. Wie gerne wäre er einfach hinübergelaufen, aber das war natürlich unmöglich. Er hatte einen wichtigen Auftrag, einen, bei dem er beinahe versagt hätte. Er räusperte sich und wiederholte Wort für Wort die ihm aufgegebene Nachricht: » Atahualpa Inka grüßt die Fremden. Ihr dürft nach Caxamalca gehen und dort ruhen. Die Häuser am Platz dürft ihr bewohnen, sonst aber keine. Heute ist ein Fastentag. Morgen werde ich, Atahualpa Inka, Sohn der Sonne und Herr über das Tawantinsuyu, befehlen, was weiter geschehen soll.«
    Während der freundliche Priester übersetzte, sah Kemaq verstohlen wieder hinüber zu den Gefangenen. Er konnte es nicht fassen: Sein Bruder lebte.
    Mila lauschte den Übersetzungen Fray Celsos. Sie waren ziemlich gut. Nicht perfekt, aber sinngemäß waren sie richtig, und es schien ihr nicht an der etwas schwerfälligen Aussprache des Mönchs zu liegen, dass der Indio nachfragen musste, was er gesagt hatte. Es waren Banalitäten. Vermutlich war es die Nähe so vieler schwer bewaffneter Fremder und der unruhigen Pferde, die den Boten verwirrten, vielleicht war er aber auch nur etwas einfältig. Er hatte dann seine Botschaft, die doch einiges Gewicht hatte, ziemlich monoton heruntergeleiert, und auch hier hatte

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