Drachensturm
hundertfach überlegen sind. Sie sind jedoch überheblich und scheinen nicht viel von der Kriegskunst zu verstehen, sonst hätten sie uns niemals in die Stadt gelassen. Der Gesandte hat sich von uns verabschiedet, und dafür bin ich dankbar, denn es wäre nicht gut, diesen Spion und seine Leute weiter in unseren Reihen zu haben. Natürlich sind wir immer noch viel zu wenige, um es mit Atahualpas Heer aufzunehmen, aber ich habe bereits einen Plan. Atahualpa hat uns Befehle erteilt, doch gedenke ich nicht, ihm das Gesetz des Handelns zu überlassen. Wir werden eine berittene Gesandtschaft aussenden, die den Herrn dieses Landes einlädt, mit uns hier zu speisen.«
» Augenblick«, unterbrach der Hochmeister, » Ihr wollt Atahualpa in seine eigene Stadt einladen?«
» Ganz recht, Don Maximilian. Sollte er die Einladung annehmen, haben wir vielleicht eine oder zwei Überraschungen für sie, denn nach allem, was wir wissen, wird Almagro heute Nacht mit seinen Männern und Euren Drachen hier eintreffen.«
Mila runzelte die Stirn. Woher wollte der Konquistador das so genau wissen? War in der Zwischenzeit ein Bote gekommen, den sie nicht bemerkt hatte?
» Nun, einhundert Soldaten mehr oder weniger machen wohl kaum einen Unterschied, Don Francisco«, warf Graf Tassilo ein.
» Sie können das Zünglein an der Waage sein, Don Tassilo. Mit unserer Macht, unseren überlegenen Waffen, der Kraft der Drachen und Gottes Hilfe können wir – falls es erforderlich wird – Atahualpa vielleicht gefangen nehmen.«
» Ihr wollt ihn fangen, wenn er unter dem Schutz des Gastrechts steht? Das wäre Verrat an allem, was uns heilig ist, Don Francisco«, erklärte der Hochmeister ruhig.
» Lächerlich«, schnaubte Hernando Pizarro, und sein Bruder Francisco fragte: » Wie ist Eure Meinung dazu, Pater Valverde?«
Der Pater räusperte sich. Er hatte bislang geschwiegen, und Mila hatte seine Anwesenheit gar nicht bemerkt. Jetzt sagte er: » Wir sind hier, um die Seelen dieser Heiden für Jesus Christus zu gewinnen. Dieses Ziel rechtfertigt Mittel, die wir sonst ablehnen würden, Don Maximilian. Diese lässliche Sünde wird uns vergeben werden.«
» Lässlich? Ihr plant, den Fürsten dieses Landes in einen Hinterhalt zu locken, und erwartet, dass die Ritter unseres Ordens dabei mitmachen?«, fragte der Hochmeister verärgert.
» Das erwarten wir allerdings, Don Maximilian«, erwiderte der Pater, » denn was Don Francisco hier vorschlägt, ist ja nur der Plan für den Notfall, nicht wahr?«
» Und wie ist der eigentliche Plan, Pater, wenn Ihr die Güte haben wolltet, ihn uns mitzuteilen?«, fuhr ihn der Hochmeister an.
» Diese Unbeherrschtheit, Don Maximilian, steht Euch schlecht«, erwiderte der Pater mit herablassender Freundlichkeit. » Ich werde mit Atahualpa sprechen und ihm von unserem Glauben erzählen. Ich werde ihn auffordern, seinem Irrglauben abzuschwören und die Macht der Kirche und des Kaisers anzuerkennen. Wenn er einsichtig ist und sich unterwirft, dann kann der Frieden bestehen bleiben.«
» Und Ihr glaubt, Atahualpa wird das tun?«, fragte Don Mancebo verblüfft. Auch Mila traute ihren Ohren nicht. Pater Valverde konnte unmöglich so naiv sein. Sie kannte den Herrn des Landes natürlich nicht, aber sie konnte sich keinen König vorstellen, der nach ein paar schönen Worten einfach sein Reich herschenkte.
» Ich werde dafür beten, dass unser Heiland die Herzen und Seelen dieser Heiden erleuchtet«, antwortete Pater Valverde mit einer Demut, die Mila schlecht gespielt fand.
Don Francisco ergriff wieder das Wort. » Wenn Ihr einen besseren Plan habt, Don Maximilian, dann heraus damit. Dort draußen vor der Stadt stehen dreißigtausend Indios, vielleicht mehr, die unsere Köpfe wollen. Wenn Ihr einen anderen Weg kennt, sie zu besiegen, lasst es mich wissen. Ich will hier mit heiler Haut herauskommen, und es interessiert mich nicht, ob ich mir dabei ein wenig den Saum meines Gewandes beschmutze oder nicht.«
» Die Ehre ist kein Gewand, das man in einem Bottich reinwaschen kann, Don Francisco«, entgegnete der Hochmeister scharf.
» Nun, dann betet, dass wir nicht darauf angewiesen sind, zu Mitteln zu greifen, die Euch nicht gefallen, Don Maximilian. Ich verlasse mich aber darauf, dass Ihr die Befehle des Kaisers nicht vergesst!«
» Das werden wir nicht, Don Francisco«, warf plötzlich Ritter Balian ein, als Milas Großonkel nicht antwortete.
Es folgte eine lange, lastende Stille, aber dann rief Francisco Pizarro
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